Zweite Milliardenrunde Fed dreht den Geldhahn auf
03.11.2010, 19:49 Uhr
Milliardenschwerer Konjunkturschub per Notenpresse
(Foto: picture alliance / dpa)
Die US-Notenbank öffnet wieder die Geldschleusen. Angesichts des kraftlosen Aufschwungs in den Vereinigten Staaten kündigt die Federal Reserve den milliardenschweren Kauf von Staatsanleihen an. Dadurch sollen die Zinsen gesenkt und die Nachfrage angekurbelt werden. Der Dollar gibt nach der Mitteilung zeitweise nach.
Die US-Notenbank will der lahmenden Wirtschaft erneut mit einer Flut an frischem Geld neuen Schwung geben. Die Fed kündigte zum zweiten Mal seit Beginn der Finanzkrise an, in großem Umfang US-Staatsanleihen aufzukaufen. Diesmal sollen längerfristige Staatstitel mit einem Gesamtwert von 600 Mrd. Dollar (knapp 430 Mrd. Euro) gekauft werden, hieß es in einer Erklärung. Geplant sei der Erwerb von Anleihen für etwa 75 Mrd. Dollar pro Monat. Die Aktion solle im zweiten Quartal 2011 abgeschlossen sein.
"Das Tempo der Erholung in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt bleibt langsam", erklärte der Offenmarktausschuss der Fed nach seinem Treffen in Washington. Die Konsumfreude der Haushalte werde weiter durch hohe Arbeitslosigkeit, nur moderaten Einkommenszuwachs, den Wertverfall am Immobilienmarkt und schwierige Kreditbedingungen gebremst. Zwar erwarte man Besserung auf dem Arbeitsmarkt und bei der Auslastung der Unternehmen. "Der Fortschritt in Richtung dieser Ziele ist allerdings enttäuschend gering", erklärte die Zentralbank. Ziel der neuen Geldspritze sei es daher, "ein stärkeres Tempo der konjunkturellen Erholung zu fördern" und eine Deflation zu vermeiden. Bis zum Frühjahr hatte die US-Notenbank rund ein Jahr lang für mehr als 1,5 Billionen Dollar Staatsanleihen gekauft.
Der Schritt war von den Märkten seit Wochen erwartet worden. Experten hatten Käufe für 500 Mrd. Dollar bis 1 Billion Dollar erwartet. Trübe Konjunkturdaten hatten das als Quantitative Lockerung bekannte Manöver immer wahrscheinlicher werden lassen. So war die größte Volkswirtschaft der Welt im dritten Quartal aufs Jahr gerechnet nur um zwei Prozent gewachsen, in den drei Monaten zuvor lediglich um 1,7 Prozent. Im September lag die Arbeitslosenquote bei 9,6 Prozent.
Leitzins bleibt unten
Die Fed will zudem durch Umschichtungen 250 bis 300 Mrd. Dollar aus auslaufenden Hypotheken- und anderen Kreditpapieren ebenfalls in den Kauf von Staatsanleihen stecken. Alles in allem werde man auf diese Weise 850 und 900 Mrd. Dollar in Anleihekäufe fließen lassen, hieß es von der New Yorker Fed. Zugleich beließ die Zentralbank ihren Leitzins auf dem historischen Tiefstand von knapp über 0,0 Prozent. Ökonomen rechnen erst im nächsten Jahr oder gar 2012 mit einer Anhebung.
An der Wall Street reagierten die Kurse sehr volatil auf die Zinsentscheidung und die Aussagen der US-Notenbank. Die Indizes drehten zunächst ins Plus, gaben allerdings im Anschluss ihre Gewinne wieder ab. Der Dollar geriet kurzzeitig zum Euro unter Druck. Die Gemeinschaftswährung sprang nach der Bekanntgabe bis auf 1,4186 US-Dollar, fiel dann aber wieder bis auf 1,4026 Dollar zurück und notiert damit wieder auf dem Niveau von vor der Veröffentlichung.
Alleine die Ankündigung half
Die Quantitative Lockerung ist umstritten. Kritiker befürchten langfristig eine übermäßige Inflation und die Saat neuer Preisblasen. Andere bezweifeln, dass eine Quantitative Lockerung die Konjunktur wirksam ankurbelt. "Die Verbraucherausgaben oder die Investitionen der Firmen werden dadurch nicht besonders stimuliert werden", sagte Analyst Marco Annunziata von Uni-Credit. "Die Konsumenten in den USA arbeiten noch immer ihren jahrelangen Kreditexzess ab, und zusätzliche Liquidität wird sie nicht dazu verleiten, mehr Geld auszugeben", sagte er dem "Wall Street Journal". Auch der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds, Olivier Blanchard, hatte gewarnt, man solle sich von dem Manöver nicht zu viel versprechen.
Allein die Erwartung bewegte allerdings massiv die Märkte. Seit Fed-Chef Ben Bernanke die Idee Ende August in die Debatte warf, legte der US-Leitindex Dow Jones um mehr als zehn Prozent zu, Rohstoffpreise zogen an, der Dollar verlor gegenüber dem Euro ebenfalls um zehn Prozent - gut für US-Exporte. Allerdings erheben Kritiker den Vorwurf, die USA seien "unredlich", wenn sie anderen Ländern eine künstliche Verbilligung ihrer Währung vorwerfen.
Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts/DJ