Japan kämpft gegen die Deflation Früher Feierabend soll Konsum befeuern
24.02.2017, 14:54 Uhr
(Foto: REUTERS)
Japans Regierung hat einen Plan, damit der Konsum steigt: Arbeitnehmer sollen einmal im Monat früh das Büro verlassen und die Zeit zum Shoppen nutzen. Zahlreiche Unternehmen bieten Rabattaktionen an - darunter eine Brauerei und ein Dating-Service.
Japans Arbeitnehmer sollen künftig jeden letzten Freitag im Monat schon um drei Uhr nachmittags ins Wochenende gehen - und in ihrer so gewonnenen Freizeit ordentlich Geld ausgeben. Das ist zumindest das Ziel einer Regierungsinitiative. Sie versucht, Japaner davon zu überzeugen, an diesem Tag entweder Überstunden abzubummeln oder sich die Zeit durch flexible Arbeitszeitmodelle freizunehmen.
Die Kampagne namens "Premium Freitag" ist heute gestartet. Zahlreiche Firmen bieten dazu Rabattaktionen an. Das erste Bier aus dem Hause der Brauerei Suntory etwa war in vielen Restaurants gratis. Ein Dating-Service senkte die Aufnahmegebühr, eine Krebsvorsorgeuntersuchung gab es günstiger.
In Japan kämpfen Regierung und Notenbank seit Jahren mit Konjunkturhilfen und einer sehr lockeren Geldpolitik gegen die Deflation. Weiteres Ziel der Kampagne ist eine Änderung der Arbeitsmoral, unter der viele Beschäftigte leiden: In Japan gilt als guter Arbeitnehmer, wer möglichst lange im Büro sitzt.
Wie erfolgreich das Projekt ist, bleibt abzuwarten, doch nach Angaben des Ministeriums für Wirtschaft, Handel und Industrie wollten sich mindestens 130 Unternehmen beteiligen - darunter Mitsubishi, Softbank und Shimizu. Insgesamt dürfte der Rummel um den "Premium Freitag" allerdings größer sein als die Auswirkungen. In einer Umfrage gaben lediglich drei Prozent der Teilnehmer an, sie profitierten vom "Premium-Freitag". Wer früher gehen darf, muss meist die Freistunden nacharbeiten oder als Urlaub einreichen.
"Tod durch Überarbeitung"
In Japan sind maximal 40 Stunden pro Woche gesetzlich vorgeschrieben, doch in vielen Unternehmen arbeiten die Beschäftigten länger. Überstunden sind verbreitet, viele Arbeitnehmer nehmen nur einen Teil des bezahlten Urlaubs. Immer noch gibt es jedes Jahr hunderte Fälle von Tod durch Überarbeitung, für das die Japaner einen eigenen Begriff haben: karoshi. Einer Regierungsstudie zufolge arbeiten in jedem fünften Unternehmen die Beschäftigten so lange, dass sie ihren vorzeitigen Tod risikieren.
Der OECD zufolge kam in Deutschland ein Arbeitnehmer 2015 im Schnitt auf 1371 Arbeitsstunden im Jahr - ein japanischer dagegen auf 1719 Stunden, also auf 348 Stunden mehr. Doch die lange Arbeitszeit führt dazu, dass die Arbeitsproduktivität in Japan deutlich niedriger als in Deutschland ist.
"Es wird Zeit brauchen, bis sich der Premium-Freitag eingebürgert hat", sagte Regierungssprecher Yoshihide Suga. Es sei sehr wichtig für die Regierung und die Privatwirtschaft, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Arbeitnehmer früher Feierabend machen können.
Ministerpräsident Shinzo Abe ging derweil mit gutem Beispiel voran. Er verbrachte den Nachmittag meditierend in einem Zen-Tempel in Tokio, abends war der Besuch eines Konzerts geplant. Und Suga betonte bei der freitäglichen Pressekonferenz, "sobald das hier beendet ist, werde ich etwas unternehmen".
Quelle: ntv.de, jga/AFP