Börsengang abgesagt GSW scheut zurück
05.05.2010, 16:59 UhrDas Immobilienunternehmen zieht seine Börsenpläne auf den letzten Metern zurück. Das Kapitalmarktumfeld habe sich signifikant verschlechtert, heißt es. Die Börsenkurse schwanken stark, das Parkett ist den GSW-Eigentümern derzeit zu unsicher.
Sorgen über eine Ausweitung der Schuldenkrise in der Eurozone hatten an den internationalen Börsen am Dienstag zu teils heftigen Kursstürzen geführt. Eigentlich wollte die GSW an diesem Freitag den Schritt aufs Börsenparkett wagen. Über einen neuen Termin oder eine Alternativlösung gab es zunächst keine Informationen.
"Es besteht bei potenziellen Investoren derzeit eine große Unsicherheit über die Zinsentwicklung in Europa, und diese ist für Immobilienwerte sehr relevant", sagte ein GSW-Sprecher. Zum Geschäftsmodell des Wohnimmobilienunternehmens habe das Management hingegen positive Einschätzungen bekommen, betonte er.
IPO zum Schuldenabbau
Das Unternehmen wollte 9,3 Mio. neue Aktien aus einer Kapitalerhöhung und weitere 19 Mio. aus dem Besitz der Altaktionäre zu einem Kurs zwischen 15 bis 18,50 Euro an die Börse bringen und so mindestens 140 Mio. Euro für die Gesellschaft erlösen, um den hohen Schuldenberg abzubauen, das Eigenkapital zu stärken und Steuerverbindlichkeiten begleichen.
Insgesamt sollte ein Volumen von bis zu knapp 500 Mio. Euro hereingeholt werden. Der größte Teil - zwischen 230 und 350 Mio. Euro - war für die Noch-Eigentümer Cerberus und Whitehall geplant. Vor sechs Jahren war die Immobiliengesellschaft an den US-Investor Cerberus und die Goldman-Sachs-Tochter Whitehall verkauft worden. Beim GSW-Erwerb zahlten diese damals 405 Mio. Euro und übernahmen 1,6 Mrd. Altschulden. Der Deal wurde zum Großteil mit Krediten finanziert.
Keine Überraschung
An der Frankfurter Börse nahmen Händler die Nachricht am Mittwoch ohne große Überraschung auf. Eine derzeit ohnehin trübe Stimmung für Immobilienwerte und das sich verschlechternde Kapitalmarktumfeld böten aktuell keine gute Grundlage für einen Börsengang, sagte ein Börsianer. Er verwies auch auf kritische Stimmen vor der geplanten Erstemission. Dazu kamen Spekulationen über eine im Vergleich zu anderen Immobilienunternehmen angestrebte hohe Bewertung der GSW an der Börse.

Das Parkett ist derzeit vielen potenziellen Börsendebütanten zu rutschig.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Andere glauben, dass das äußerst fragile Umfeld GSW um ein glanzvolles Börsendebüt gebracht hat. "GSW wäre bei einem besseren Umfeld locker durch den Börsengang gesegelt", sagte ein Börsianer. "Angesichts der massiven Wucht, mit der sich die Wolken am Börsen-Himmel zugezogen haben, haben die Investoren ihr Interesse komplett verloren", beschreibt er die Lage.
Die früher landeseigene GSW ist der größte private Immobilienbesitzer in der Hauptstadt. Sie beschäftigt nach eigenen Angaben 630 Mitarbeiter. Ihr Immobilienportfolio wurde Ende 2009 mit 2,6 Mrd. Euro bewertet. Der rot-rote Senat sowie das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Linken und FDP hatten kürzlich zugestimmt, dass Cerberus und Whitehall mehr als 50 Prozent der Anteile an die Börse bringen.
Die Zustimmung des Landes war laut Kaufvertrag von 2004 notwendig. Mieterverbände befürchten für den Fall eines Börsengangs Luxussanierungen und Mietsteigerungen. In der SPD hatte es deutliche Kritik an dem geplanten Börsengang gegeben. Vertreter beider Regierungsfraktionen sagten im Landesparlament, ein Verkauf wie der der GSW vor sechs Jahren sei heute nicht mehr denkbar.
IPO-Blüte vorbei?
Die Absage trifft den IPO-Markt in Deutschland empfindlich. Gerade schien nach zwei Jahren Flaute der Markt für Börsengänge im Frühjahr wieder aufzufrischen. Mit Unternehmen wie Kabel Deutschland und dem Chemikalienhändler Brenntag wagten im März einige Börsenneulinge den Sprung aufs Parkett, dort können sie sich seither recht gut behaupten. Doch mit der Absage von GSW scheint dem Markt die Puste schon wieder auszugehen.
2009 gab es bedingt durch die Finanzkrise so gut wie keine derartigen Aktivitäten. Auch 2008 hatte beispielsweise die Bahn auch wegen des schwierigen Marktumfelds ihre umstrittenen Börsenpläne auf Eis gelegt. 2006 und 2007 wurde noch ein Volumen von insgesamt sieben Milliarden an das Parkett in Frankfurt gebracht, darunter auch vom Immobilienunternehmen Gagfah. Mit einem Bestand von damals rund 150.000 Wohnungen sammelte das Unternehmen im Herbst 2006 gut 850 Mio. Euro am Kapitalmarkt ein und wurde dafür als "Eisbrecher" der Branche gefeiert. Der Ausgabepreis lag damals bei 19 Euro, gegenwärtig bewegt sich der Kurs unter sechs Euro.
Wie sich der Markt für Börsengänge in diesem Jahr entwickeln wird, ist noch ungewiss. Weitere Aspiranten sind vorerst nicht in Sicht. Wichtige Kandidaten wie der Versicherer Talanx oder die HK Food, hinter der der Bäckereiunternehmer Heiner Kamps und der Milchmilliardär Theo Müller stehen, warten erstmal ab.
Quelle: ntv.de, dpa