Verschiebt Siemens das Debüt? Gerüchte um Osram-IPO
12.09.2011, 21:28 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Kein neues Licht an der Börse: Siemens will offenbar den Börsengang seiner Tochter Osram verschieben. Grund seien die aktuellen Börsenturbulenzen, heißt es aus informierten Kreisen. Bei Siemens selbst hält man offiziell an den IPO-Plänen fest.
Die letzte Hoffnung auf einen milliardenschweren Börsengang in Deutschland im Herbst ist offenbar zerstoben. Finanz- und Branchenkreisen zufolge muss Siemens angesichts des Absturzes der Aktienmärkte den Plan aufgeben, die Lichttechnik-Tochter Osram 2011 an die Börse zu bringen. Siemens werde wohl im Frühjahr einen neuen Anlauf nehmen, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters aus Kreisen. "Alle hoffen, dass sich der Markt zum Ende des Jahres etwas beruhigt. Im Frühjahr wird es hoffentlich neue Chancen geben", sagte ein Investmentbanker. Zuvor hatten den Kreisen zufolge schon der Mischkonzern Evonik und der Spezialchemiehersteller H.C. Starck ihre IPO-Pläne für dieses Jahr zu den Akten gelegt.
Siemens sehe derzeit keine Chance mehr, zum gewünschten Preis genügend Investoren für Osram-Aktien zu finden, sagten die Insider. Eine offizielle Absage steht aber noch aus. Ein Siemens-Sprecher sagte, an dem Vorhaben, Osram im Herbst an die Börse zu bringen, habe sich nichts geändert. Finanzvorstand Joe Kaeser hatte auch die Möglichkeit einer reinen Abspaltung von Osram und die Ausgabe von Osram-Aktien an die Siemens-Aktionäre ins Gespräch gebracht. Das stehe derzeit nicht im Vordergrund, hieß es in den Kreisen.
"Der Markt für Börsengänge dürfte für den Rest des Jahres ruhig sein. IPOs werden die Ausnahme bleiben, so lang es keine Kehrtwende im Risiko-Appetit der Investoren gibt", sagte Chris Whitman, der für das Geschäft mit IPOs und Kapitalerhöhungen bei der Deutschen Bank mitverantwortlich ist. Eine Ausnahme dürfte die bisher staatliche spanische Lotterie sein, die den widrigen Umständen trotzen und den IPO im Oktober durchboxen will. Auch der letzte Börsengang vor der Sommerpause fand in Madrid statt: Die fusionierte Sparkasse Banca Civica brauchte dringend Geld, um die Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Dagegen hat der polnische Versorger PGE den IPO seiner Erneuerbare-Energien-Tochter auf unbestimmte Zeit verschoben.
Letzter Milliarden-IPO HHLA
"Viele Unternehmen haben den richtigen Zeitpunkt verpasst", sagte ein Investmentbanker am Montag. Der letzte Börsengang im Milliardenvolumen in Deutschland - der des Hamburger Hafenkonzerns HHLA - ist fast vier Jahre her. Im Frühjahr hatte der Container-Reeder Hapag-Lloyd zurückgezuckt, als das Erdbeben in Japan die Börsen für einige Tage ins Wanken brachte. Nun ist die Tür nach Experten-Ansicht für längere Zeit zu. So dürfte der Wohnimmobilienkonzern GSW mit knapp einer halben Milliarde der größte Börsengang in Deutschland in diesem Jahr bleiben.
Osram und Evonik hatten bei Bankern und Börsianern große Erwartungen geweckt. Evonik hätte laut Finanzkreisen im Oktober oder November rund ein Viertel der Anteile an die Börse bringen und damit vier bis fünf Mrd. Euro bei Anlegern einsammeln wollen. Doch die Bundesregierung, die maßgeblichen Einfluss auf den Mehrheitseigentümer RAG-Stiftung ausübt, habe angesichts des Umfelds an den Finanzmärkten zu große Abschläge befürchtet, hieß es in Finanzkreisen. Der Chef der RAG-Stiftung, Wilhelm Bonse-Geuking, und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hätten sich deshalb kürzlich entschieden, den Börsengang zu verschieben. Die Vorbereitungen sollen weiterlaufen, mit dem Ziel, im Frühjahr 2012 einen neuen Anlauf zu nehmen. Ein Sprecher der Stiftung sagte, die Entscheidung werde im Kuratorium am 23. September fallen.
Finanzkreisen zufolge hatte der mit 25 Prozent an Evonik beteiligte Finanzinvestor CVC darauf gedrängt, an dem Zeitplan festzuhalten und im Herbst ein kleineres Paket an die Börse zu bringen. Finanzinvestoren, die Unternehmen aus ihrem Portfolio an die Börse bringen wollten, dürften nun wieder an einen Direkt-Verkauf denken: etwa Advent und Carlyle bei H.C. Starck oder Pamplona beim Autozulieferer TMD Friction . Der Insolvenzverwalter des Wäscheherstellers Schiesser hatte dessen Börsenpläne bereits vor einigen Wochen auf das nächste Jahr verschoben.
Quelle: ntv.de, sla/rts