Wirtschaft

Rebellische Fonds verlieren Gezerre bei Infineon beendet

Der Machtkampf um den Chefposten im Aufsichtsrat von Infineon ist beendet. Die Aktionäre entscheiden sich gegen den Aufsichtsratskandidaten aufständischer Fonds und für den vom Unternehmen favorisierten Manager.

Die Hauptversammlung endet nach einem turbulenten Tag.

Die Hauptversammlung endet nach einem turbulenten Tag.

(Foto: REUTERS)

Der seit Wochen tobende Machtkampf um den Vorsitz des Infineon-Aufsichtsrats endet mit einer Niederlage rebellischer Investoren. Der vom britischen Hermes-Fonds nominierte Gegenkandidat Willi Berchtold fiel bei der Wahl zum Aufsichtsrat mit deutlicher Mehrheit durch. Er erhielt auf der Hauptversammlung lediglich 27,4 Prozent der Stimmen und zieht somit nicht in den Aufsichtsrat ein.

Neuer Aufsichtratsvorsitzender ist der vom Unternehmen favorisierte Kandidat Klaus Wucherer. Er wurde mit 72,5 Prozent Zustimmung in das Kontrollgremium gewählt.

Heftiger Streit

Zuvor war der Streit um die Macht beim Chiphersteller Infineon auf der Hauptversammlung eskaliert. Konzernführung und rebellische Aktionäre lieferten sich einen harten Schlagabtausch vor der mit Spannung erwarteten Kampfabstimmung um den Vorsitz im Aufsichtsrat. Berchtold stellte den Anteilseignern in München einen Neuanfang für das über Jahre krisengebeutelte Unternehmen in Aussicht.

Der von der Infineon-Spitze favorisierte Konkurrent Klaus Wucherer hingegen warf den aufständischen Fonds Störmanöver vor. "Diskussionen über einen Neuanfang halte ich für schädlich, und sie stören nur das operative Geschäft", sagte Wucherer. Die Weichen für eine erfolgreiche Entwicklung des größten deutschen Chipproduzenten seien gestellt, der eingeschlagene Kurs müsse nun fortgesetzt werden. Wucherer kritisierte indirekt, dass die Kandidatur Berchtolds erst im Januar bekanntgeworden sei. In den Monaten zuvor sei bereits ein geeigneter Kandidat gesucht worden. "Eine Diskussion über einen Neuanfang halte ich für unnötig und schädlich", sagte Wucherer. Er bekräftigte, im Falle seiner Wahl den Vorsitz nur für ein Jahr übernehmen zu wollen. Wucherer sitzt seit 1999 im Aufsichtsrat.

Berchtold forderte eine klare Führung und warb um die Unterstützung noch unentschlossener Aktionäre. "Im Fall meiner Wahl werde ich mit allen Beteiligten eine offene, konstruktive und faire Zusammenarbeit zum Wohle des Unternehmens suchen", versprach der scheidende Finanzchef des Autozulieferers ZF Friedrichshafen. Der Wortführer der aufständischen Eigner, Hermens-Fondsmanager Hans-Christoph Hirt, warf dem aktuellen Aufsichtsrat vor, in den vergangenen eineinhalb Jahren "berechtigte Aktionärsanliegen ignoriert oder abgelehnt" zu haben. Der Ex-Siemens-Manager Wucherer könne dies nicht ändern, da er dem Gremium seit mehr als zehn Jahren angehört.

Rückendeckung erhielt Wucherer vom scheidenden Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley, der vor einem Richtungswechsel warnte. "Stabilität statt Destabilisierung!", appellierte Kley. Vorstandschef Peter Bauer ließ durchblicken, dass er lieber mit Wucherer als Chefkontrolleur zusammenarbeiten würde, legte sich aber nicht auf eine ausdrückliche Empfehlung fest.

Auch die Frankfurter Fondsgesellschaft Union Investment bot Hermes Paroli. "Jetzt ist der falsche Zeitpunkt, die Sense im Aufsichtsrat kreisen zu lassen", betonte Fondsmanager Ingo Speich. Er begrüßte Wucherers Kompromissangebot, den Aufsichtsrat nur ein Jahr lang zu führen und dann einen externen Kandidaten zu präsentieren. "Dann muss aber auch Schluss sein", forderte Speich. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sprach sich ebenfalls für Wucherer aus. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) stellte sich hingegen auf die Seite Berchtolds.

Lob für den Vorstand

Infineon stand nach jahrelangen Verlusten und der Pleite der Speicherchiptochter Qimonda im vergangenen Jahr kurz vor dem Kollaps. Getragen von einem Aufschwung der Chipbranche hat sich die Lage aber mittlerweile deutlich gebessert, wozu auch Bauers Sparkurs beitrug. Während der Vorstand von Anteilseignern reihenweise Lob für die Trendwende erntete, richtete sich der Zorn gegen Chefkontrolleur Kley. Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) warf diesem vor, zum Schaden des Unternehmens eine "Schlammschlacht" zwischen den Kandidaten im Vorfeld zugelassen zu haben. Auch Union-Investment-Vertreter Speich kritisierte: "Die Kampfabstimmung ist verantwortungslos."

Auch andere Aktionäre übten teils scharfe Kritik an Kley. Ihm sei es nicht gelungen, seine Nachfolge geräuschlos zu regeln. Der umstrittene Chefaufseher habe aus dem nur knappen Vertrauensvotum auf der turbulenten Hauptversammlung vor einem Jahr nichts gelernt.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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