Wirtschaft

Finanzsteuer in Euroland? Griechen können nur hoffen

Sie sollen es richten: Rehn, Juncker, Trichet und Regling (von links). Der Ecofin-Rat gilt als einer der mächtigsten Entscheidungsgremien der EU.

Sie sollen es richten: Rehn, Juncker, Trichet und Regling (von links). Der Ecofin-Rat gilt als einer der mächtigsten Entscheidungsgremien der EU.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein weiterer Gipfel ohne Entscheidungen, weder zu Griechenland noch zur umstrittenen Transaktionssteuer. Umso mehr versucht die Politik, Optimismus zu verbreiten. Die europäischen Finanzminister legen sich immerhin auf einen Fahrplan für die nächsten Wochen fest. Mitte Oktober sollen die Hilfen für Athen in trockenen Tüchern sein.

Trotz immer neuer Hiobsbotschaften im griechischen Schuldendrama wird die Staatspleite nach Überzeugung der EU-Finanzminister verhindert. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble äußerte sich im polnischen Breslau (Wroclaw) zuversichtlich, dass die neuen milliardenschweren Hilfen rechtzeitig unter Dach und Fach kommen.

Er gehe davon aus, dass alle Euroländer bis etwa zum 10. Oktober das neue Hilfspaket sowie die Erweiterung des Rettungsschirms EFSF absegnen werden, sagte Schäuble nach zweitägigen Beratungen der EU-Ressortchefs. "Dann werden alle Länder die Gesetzgebung abgeschlossen haben."

Bisher haben nach Angaben der EU-Kommission mit Spanien, Frankreich, Belgien, Luxemburg und Italien nur fünf der 17 Mitglieder der Währungsunion den entsprechenden Beschlüsse des Brüsseler Krisengipfels vom 21. Juli zugestimmt. In Deutschland ist die Abstimmung im Bundestag für Ende September geplant. Sie sorgt in der schwarz-gelben Berliner Koalition zunehmend für Zwist. Austrittszenarien, wie sie neuerdings von der FDP ins Spiel gebracht, waren auf der europäischen Bühne kein Thema.

Schäuble: Rechnung geht auf

Schäuble verteidigte die internationalen Hilfsaktionen zugunsten wankender Euroländer gegen wachsende innenpolitische Kritik. Der Grundgedanke, den Krisenländern mit Finanzhilfen den Weg zu strukturellen Reformen zu erleichtern, geht nach seiner Einschätzung auf.

"Das funktioniert in Portugal, das funktioniert in Irland", sagte er mit Blick auf das positive Zwischenzeugnis über die bisherigen Sparbemühungen der beiden angeschlagenen Staaten. "Wir haben keine Eurokrise", bekräftigte der Minister. "Wir haben eine Krise in einigen Mitgliedsländern."

Athen erwartet Troika

Für Anfang Oktober peilen die Finanzminister die Freigabe einer neuen Acht-Milliarden.-Teilzahlung aus dem ersten Hilfspaket für Griechenland an. Dazu muss allerdings erst der Bericht der Expertenkommission aus EU, EZB und IWF ("Troika") vorliegen. Die Missionschefs werden in den nächsten Tagen in Athen erwartet.

Schwedens Ressortchef Anders Borg äußerte sich kritisch über die Budgetsanierung in Athen. "Das große Problem ist der griechische Schuldenstand." Laut EU-Kommission dürfte Griechenland im laufenden Jahr auf einen gesamtstaatlichen Schuldenberg von 166 Prozent der Wirtschaftsleistung kommen. Das krisengeschüttelte Land steht damit einsam an der Spitze in Europa. Erschwert wird die Lage durch die anhaltende Rezession, die von den drastischen Sparmaßnahmen der Regierung noch verschärft wird.

 Derweil demonstrierten tausende Gewerkschafter aus Europa in Breslau gegen Sozialabbau und Arbeitslosigkeit. Die Polizei sprach von 10 000, die Organisatoren von 40 000 Teilnehmern.

EU gespalten über Transaktionssteuer

In der Debatte um eine neue Steuer auf Finanztransaktionen ist die EU gespalten. In Breslau wurde deutlich, dass die 17 Euroländer notfalls allein vorangehen wollen. Vor allem Großbritannien mit dem großen Finanzplatz London bremst. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier kündigte an, die Kommission werde im Oktober einen Vorschlag machen. Bisher gebe es keinen Konsens unter den 27 Mitgliedstaaten. Gleichlautend äußerte sich der amtierende Vorsitzende der Ministerrunde, Polens Finanzminister Jacek Rostowski.

In der EU gehören vor allem Deutschland und Frankreich zu den Befürwortern einer solchen Abgabe, um den Finanzsektor zu belasten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Staatspräsident Nicolas Sarkozy hatten sich Mitte August ausdrücklich dafür ausgesprochen. Neben zusätzlichen Steuereinnahmen verspricht sich Schäuble davon auch eine Beruhigung der nervösen Märkte.

Koalition steht nächster Krach ins Haus

In Deutschland weckte das vehemente Eintreten für eine Lösung notfalls auch nur innerhalb des Eurolandes bei der FDP für Kritik. Die FDP warf  Schäuble "verwirrende Signale" vor.

Wegen Schäubles Vorstoß einer Finanzsteuer allein in Euroland droht neuer Ärger in der Koalition.

Wegen Schäubles Vorstoß einer Finanzsteuer allein in Euroland droht neuer Ärger in der Koalition.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Herr Schäuble  sorgt für verwirrende Signale, wenn er in Breslau so und in der  "'Bild am Sonntag" ganz anders spricht", erklärte  Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) in Berlin. "Verwirrung  bei Herrn Schäuble und der Union schadet aber der Glaubwürdigkeit  der gesamten Bundesregierung", erklärte das FDP-Präsidiumsmitglied.

Innerhalb der Euroländer ziehen selbst kleinere Länder wie Belgien mit. Ressortchef Didier Reynders sagte, es sei nicht selbstverständlich, in Europa eine Einigung zu erreichen.

"Wenn es nicht möglich ist, könnten wir es nur in der Eurozone debattieren, wir müssen etwas tun", sagte Reynders. Der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, sagte, angesichts des Widerstands der USA müsse man sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, das Vorhaben im Euroraum durchzusetzen. Das Vorhaben einer Finanztransaktionsteuer ist nicht neu, es wird seit Jahren in Europa debattiert.

Gemeinsam gegen eine Bankenkrise

Die großen internationalen Zentralbanken stemmen sich nach den Worten des scheidenden EZB-Chefs Jean-Claude Trichet gemeinsam gegen eine neue Bankenkrise. "Wir sind einig bei dem Ziel, es gibt eine sehr enge Zusammenarbeit", sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Trichet ging nicht im Detail auf die Lage auf dem globalen Bankenmarkt ein. Erst am Donnerstag hatten die führenden Notenbanken der Welt eine gemeinsame Aktion angekündigt, um eine Vertrauenskrise zwischen internationalen Geldhäusern zu bekämpfen.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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