Abwärtsspirale greift bereits Griechische Wirtschaft am Boden
09.06.2011, 15:03 UhrDas Dilemma ist da: Griechenlands Wirtschaft muss wachsen, damit das Land sich aus der Schuldenkrise befreien kann. Die Sparmaßnahmen der Regierung sollen helfen, Milliardenhilfen zu erhalten. Sie ersticken aber auch jedwede Erholungstendenz im Keim. Die Rezession zieht weiter ihre Kreise.
Im Kampf gegen die Schuldenkrise fällt Griechenland im Euroraum wirtschaftlich immer weiter zurück. Das klamme Mittelmeerland schaffte zu Jahresbeginn nur ein Miniwachstum, wie aus den am Donnerstag vorgelegten revidierten Daten des Statistikamtes hervorgeht. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März lediglich um 0,2 Prozent zum Vorquartal zu.
In einer ersten Schätzung waren noch 0,8 Prozent veranschlagt worden. Zum Vergleich: Die boomende deutsche Wirtschaft war im ersten Quartal um 1,5 Prozent gewachsen, die gesamte Euro-Zone immerhin um 0,8 Prozent.
Rezession folgt auf Rezession
Wegen der schwächelnden Wirtschaft sinken die Chancen der Regierung in Athen, die ehrgeizigen Sparziele zu erfüllen. Diese wiederum sind Grundlage für die Hilfen von EU und IWF, die womöglich um 90 Mrd. Euro aufgestockt werden müssen.

Erst 4,5 Prozent, nun wohl 3,5: Griechenlands Einbruch des Bruttoinlandsproduktes hält an.
(Foto: REUTERS)
Der EU-Kommission zufolge droht Griechenland ein weiteres Rezessionsjahr. Sie rechnet mit einem Einbruch des Bruttoinlandsproduktes von 3,5 Prozent, nachdem es 2010 sogar um 4,5 Prozent nach unten gegangen war. Erst 2012 wird wieder ein leichtes Wachstum von 1,1 Prozent erwartet.
Trösten könnte Griechenland allenfalls noch der Blick auf den Leidensgenossen im äußersten Westen der Euro-Zone: Das hoch verschuldete Portugal steckt in der Rezession fest. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im ersten Quartal wie schon am Jahresende um 0,6 Prozent. Experten rechnen angesichts das harten Sparprogramms der Regierung nicht mit einer baldigen Trendwende.
Athen bleibt am Tropf
Griechenland war im Mai 2010 gegen Sparauflagen mit einem 110 Mrd. Euro schweren Rettungspaket von der EU und dem IWF vor der Pleite bewahrt worden. Da es aber nicht wie ursprünglich erhofft im kommenden Jahr an die Kapitalmärkte zurückkehren kann, braucht das Land nun eine zusätzliche Finanzspritze.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat bei der Unterrichtung der Koalitionsfraktionen nach Angaben von Teilnehmern den Zusatzbedarf bis 2014 auf rund 90 Mrd. Euro beziffert. In Kreisen der Euro-Zone wurde diese Schätzung bestätigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt den Angaben zufolge zugleich die Forderung Schäubles nach einer Beteiligung privater Gläubiger an einem neuen Hilfspaket.
Umschuldung unausweichlich?
Der weltgrößte Staatsanleihenhändler Pimco hält eine Beteiligung der privaten Gläubiger an neuen Hellas-Hilfen für unvermeidlich. "Ich befürworte eine Beteiligung des privaten Sektors einfach der Fairness halber", sagte Andrew Bosomworth, Leiter des Portfoliomanagements der Allianz-Tochter in München. Er bezweifle aber, dass sich genügend Gläubiger freiwillig beteiligen würden. Pimco selbst halte keine griechischen Staatsanleihen mehr.
Die Deutsche Bank hat ihr Engagement in griechische Staatsanleihen zuletzt nicht im großen Stil zurückgefahren: "Wir haben uns an die Vereinbarung gehalten", betonte ein Sprecher des Instituts mit Blick auf die Zusage der deutschen Finanzbranche vom vergangenen Jahr, ihre bestehenden Kreditlinien an Griechenland und griechische Banken bis 2012 aufrechtzuerhalten. In Medienberichten hatte es zuvor geheißen, deutsche Banken hätten ihr Engagement entgegen der Zusage zuletzt zurückgefahren.
Deutschland mittendrin
Nach Ansicht des Wirtschaftsweisen Lars Feld wird Griechenland trotz aller Rettungshilfen nicht um eine Umschuldung herumkommen: "Meines Erachtens ist es nur noch eine Frage des Wann und Wie", sagte Feld im Südwestrundfunk. Realistisch betrachtet habe das Euro-Land keine Chance, seine Schulden zurückzuzahlen. Mit einer sanften Umschuldung - durch den Tausch alter Staatsanleihen gegen neue mit längerer Laufzeit - werde womöglich zwar die Feststellung eines Zahlungsausfalls vermieden. Diese Erleichterung würde vermutlich aber nicht ausreichen, um Griechenland zu sanieren, sagte der Freiburger Ökonom. Auch ein neues Hilfspaket könne nicht für eine Rettung sorgen, sondern allenfalls eine harte Umschuldung verhindern.
Eine Umschuldung des Landes wird Feld zufolge auch den deutschen Haushalt treffen, da Deutschland Garantien und Bürgschaften abgegeben habe und sich außerdem an den Verlusten der Europäischen Zentralbank (EZB) beteiligen müsse. Den deutschen Steuerzahler werde dies "mehrere Milliarden" kosten.
Quelle: ntv.de, rts