Wirtschaft

Nach dem Icesave-Nein aus Island Grimsson winkt mit Geld

Geysire, Vulkane und heißen Quellen: Island sucht einen Weg in die Zukunft.

Geysire, Vulkane und heißen Quellen: Island sucht einen Weg in die Zukunft.

(Foto: REUTERS)

Mit ihrer Weigerung, milliardenschwere Bankschulden aus der Staatskasse zu bezahlen, bringen die Isländer die Regierungen in London und Den Haag gegen sich auf. Noch am Tag der Stimmauszählung versucht Islands Staatspräsident Grimsson die Wogen zu glätten.

Volksnah und einflussreich: Staatspräsident Olafur Ragnar Grimsson (Archivbild).

Volksnah und einflussreich: Staatspräsident Olafur Ragnar Grimsson (Archivbild).

(Foto: picture alliance / dpa)

Islands Staatspräsident Olafur Ragnar Grimsson hat die Rückzahlung von Schulden aus der Pleite der Internetbank Icesave zugesichert. Nach der zweiten Ablehnung eines Tilgungsabkommens mit Großbritannien und den Niederlanden per Volksabstimmung sagte Grimsson in Reykjavik, schon in wenigen Monaten würden die ersten Beträge aus der Konkursmasse der früheren Icesave-Mutter Landsbanki überwiesen.

Die Ankündigung wirkt überraschend: Schließlich hatten sich die Isländer erneut gegen eine Zahlung aus der Staatskasse ausgesprochen. Genau hier setzt Grimsson - ein erklärter Gegner des Tilgungsabkommens - an. Die Summe soll nun nicht aus den Steuertöpfen entnommen werden, sondern aus den Überresten der einstigen Großbank Landsbanki.

Ungeachtet des Ausgangs der Volksabstimmung sollen so langfristig mehr als 90 Prozent der Schuldansprüche an die bankrotte Icesave-Bank bedient werden. Die Ablehnung des Abkommens zur Rückzahlung von 3,9 Mrd. Euro an Großbritannien und die Niederlande beeinträchtige nicht den Beginn der Zahlungen an die vorrangigen Schuldner, erklärte die Regierung in Reykjavik. Zu den vorrangigen Schuldnern zählen unter anderem auch europäische Banken und institutionelle Investoren.

Hoffnung für Kleinanleger?

Teilzahlungen der Landsbanki, der die Online-Bank Icesave gehörte, sollten im Laufe dieses Jahres knapp ein Drittel der vorrangigen Schuldansprüche erfüllen, hieß es weiter. Jüngste Zahlen zum verbliebenen Kapital der Landsbanki legten zudem nahe, dass die Gesellschaft langfristig mehr als 90 Prozent der Ansprüche der Kontoinhaber bedienen könne.

Nach dem Zusammenbruch von Icesave hatten Großbritannien und die Niederlande ihren von der Pleite betroffenen Bürgern die Einlagen vorsorglich erstattet, um ein Übergreifen der isländischen Bankenkrise auf Europa zu verhindern. Anschließend forderte London 2,6 Mrd. Euro und Den Haag 1,3 Mrd. Euro von der isländischen Regierung. Dieser Betrag entspricht der Summe, mit der die beiden Länder nach dem Icesave-Bankrott 2008 rund 340.000 ihrer Bürger für den Verlust ihrer Spareinlagen entschädigt hatten.

Islands Bürgerinnen und Bürger haben am vergangenen Wochenende nun auch bei der zweiten Volksabstimmung innerhalb von 13 Monaten Schuldenrückzahlungen für die Pleitebank Icesave aus der Staatskasse und die von ihrer Regierung ausgehandelten Tilgungsbedingungen für die insgesamt bis zu 3,8 Mrd. Euro abgelehnt. Wie das Innenministerium in Reykjavik mitteilte, stimmten 59,8 Prozent gegen eine von der Regierung ausgehandelte Vereinbarung zur Schuldentilgung an Großbritannien und die Niederlande. Die Wahlbeteiligung fiel mit 75,3 Prozent überraschend hoch aus.

Insel mit günstigem Strom

Die zur Debatte stehende Summe von fast 4 Mrd. Euro stellt im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung des Landes eine erhebliche Größe dar, die den Haushalt der Inselrepublik auf Jahre belasten dürfte. Auf der Insel im Nordatlantik leben 317.000 Menschen, die Hauptstadt Reykjavik zählt rund 120.000 Einwohner. Noch immer trägt die Fischerei einen bedeutenden Anteil zu Wirtschaftsleistung und Export bei. Daneben haben sich in den vergangenen Jahren vermehrt energieintensive Industrien wie zum Beispiel aus der Aluminiumproduktion angesiedelt.

Island profitiert damit von seinen besonderen geologischen Verhältnissen und der preisgünstigen Stromversorgung aus geothermischen Großkraftwerken. Nach der Pleitewelle im aufstrebenden Finanzsektor in Reykjavik war Island allerdings in eine tiefe Wirtschaftskrise abgerutscht, von der sich das Land bis heute noch nicht erholt hat. Arbeitslosigkeit und hohe Lebenshaltungskosten verdüstern die Perspektiven der Bevölkerung.

Nicht für die Banken zahlen

Zu Ablehnung der Zahlungen im zweiten Referendum meinte Grimsson nun: "Die Führungen anderer Staaten und internationaler Einrichtungen werden diesen Ausdruck unseres nationalen Willen respektieren müssen." Im März 2010 hatten 93 Prozent der Isländer ein erstes, für Island aber ungünstigeres Abkommen abgelehnt. Die Befürworter des "Nein" argumentierten, dass es keine rechtliche Verpflichtung für die Bürger gebe, für die Verluste einer Privatbank einzustehen.

Die Niederlande und Großbritannien zeigten sich nun vom Ausgang der Volksbefragungen enttäuscht und kündigten an, ein vorübergehend unterbrochenes Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) wieder aufzunehmen.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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