Vorsorge ist besser als Nachsorge HRE baut sich eine Brücke
12.09.2010, 12:35 Uhr
HRE-Chefin Manuela Better wartet auf bessere Zeiten. Dass weitere Staatsgarantien notwendig sind, löst Empörung aus. Banker aber beschwichtigen. Eine neue Schieflage gibt es nicht.
(Foto: REUTERS)
Das Volumen ist zugegebenermaßen atemberaubend: 40 Mrd. Euro braucht die HRE noch einmal an Staatsgarantien. Was sich dramatisch anhört, ist aber nur ein weiterer Schritt in ein hoffentlich skandalfreies neues Zeitalter. Von Pleite ist in der Bankszene nichts zu hören.
Viele Gelegenheiten, gute Nachrichten zu verkünden, hatte Manuela Better bisher nicht. Die Chefin des Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) sprang nach dem Abgang ihres Vorgängers Axel Wieandt im März ein, und muss nun das deutsche Symbol der weltweiten Finanzkrise wieder auf die Füße stellen.
Am vergangenen Mittwoch hatte Better dann auf einer Bankentagung in Frankfurt - gewohnt umsichtig - diesen Satz gesagt: "Bezüglich der Gewinnzone für 2011 denken wir schon intensiv nach, und ich bin zuversichtlich, dass wir sie erreichen werden." Dabei hatte die Risikoexpertin "schwarze Zahlen" für die neue, von Altlasten bereinigte Bank ursprünglich erst wieder 2012 angepeilt.
Bei den Zuhörern klangen Betters Worte nach Zuversicht und Optimismus. Doch die Wirkung war rasch verfolgen - Gerüchte über weitere Staatsgarantien gab es noch am gleichen Tag. Denn Better musste kurzfristig nach Berlin reisen, um mit dem staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin und dem Bund zu beraten.
Am späten Freitagabend war es offiziell: Die längst verstaatlichte Krisenbank benötigt weitere 40 Mrd. Euro Rückendeckung vom Staat. Vorübergehend zwar nur, um Markt- und Transaktionsrisiken abzusichern. Aber das Volumen der Staatsbürgschaften für die HRE klettert damit zeitweise auf bis zu 142 Mrd. Euro.
Eine Milchmädchenrechnung
Die jüngsten HRE-Schlagzeilen sind aber längst nicht so dramatisch, wie sie auf den ersten Blick scheinen. Von einer Zahlungsunfähigkeit noch im September - wie teils spekuliert wurde - ist die HRE nach Aussage aus Bankenkreisen schon gar nicht bedroht.
Eine Hälfte der Garantie war eigentlich absehbar: Denn die HRE will sich von Altlasten in einem Umfang von 180 Mrd. befreien. Risikopapiere und ganze Geschäftsbereiche werden auf eine Abwicklungsbank ("Bad Bank") der HRE ausgelagert - ein in diesem Umfang in der deutschen Bankenlandschaft einmaliger Vorgang.
Die drastische Verkleinerung des Bankgeschäfts wird auch von Brüssel gefordert. Das dann sehr viel kleinere Kerninstitut - die Deutsche Pfandbriefbank - soll sich mit Gewerbeimmobilien und als Staatsfinanzierer am Markt behaupten. Vor allem aber soll die Bank bis 2015 auf Profit getrimmt werden, um für Käufer attraktiv zu sein. Für das "neue" Institut gibt es auch keine Staatsgarantien mehr.
Die Abspaltung des Vermögens in eine "Bad Bank" unter Soffin-Regie steht nun unmittelbar bevor. Die Transaktion soll am 28. September beginnen, erster Buchungstag ist der 30. September. Es geht aber nicht nur um gigantische 180 Mrd. Euro, sondern auch um mehr als 1000 Vertrags- und Geschäftspartner in zahlreichen Ländern.
Kurzer Boxenstopp
Da kann es zu technischen Pannen oder Verzögerungen von ein, zwei Tagen kommen, auch wenn sich alle Beteiligten seit Monaten auf die Transaktion einstellen. Für diese kritische Phase geht die HRE auf Nummer sicher, auch wenn die Transferrisiken in HRE-Kreisen als gering eingeschätzt werden. "Nur im allerschlimmsten Fall würde das Geld tatsächlich gebraucht werden", wird betont. Ist die Transaktion abgeschlossen - vermutlich Mitte Oktober - verfallen die Garantien.
Auch die zweite Hälfte aus dem 40-Mrd.-Garantierahmen ist nur vorübergehend und soll die teils schon wieder nervös werdenden Märkte beruhigen. Auf mögliche operative Liquiditätsprobleme in den nächsten drei Wochen bis zur Auslagerung soll reagiert werden können. Zuletzt nahmen Risikoaufschläge auf Staatsanleihen kriselnder Euro- Staaten wieder zu - Stichwort Griechenland und Irland. Hinzu kommt eine für die HRE ungünstige Zins- und Dollarentwicklung.
Am 21. September will der HRE-Aufsichtsrat tagen. Bis dann könnte auch die EU-Kommission Garantien und "Bad Bank" abgesegnet haben. Die Soffin- und HRE-Manager wollen jedenfalls einen doppelten Boden einziehen, um jegliche Markterschütterungen zu vermeiden. Ob ihnen das gelungen ist, wird sich schon am Montag mit Öffnung der Märkte zeigen. Liegt das o.k. aus Brüssel vor, kann Ende September der Knopf für eine der größten Umbuchungsaktionen gedrückt werden. Ab dann müssen sich auch Better & Co. als Banken-Sanierer bewähren.
Quelle: ntv.de, dpa