Wirtschaft

"Es ist der Wahnsinn" Hedgefonds-Alarm in der Rhön

Hin und Her im Übernahmekampf um Rhön Klinikum - Auf und Ab beim Aktienkurs

Hin und Her im Übernahmekampf um Rhön Klinikum - Auf und Ab beim Aktienkurs

(Foto: picture alliance / dpa)

Schätzungen zufolge halten Hedgefonds bis zu 40 Prozent an Rhön Klinikum. Sie erhoffen sich satte Gewinne durch eine Übernahme des Konzerns. Doch der Plan hängt in der Luft, torpediert durch Konkurrenz, Gerüchte und Spekulationen. Der Rhön-Kurs fällt - die Hedgefonds haben ein Problem.

Der Arbeitstag beginnt für einige Hedgefonds-Manager in New York derzeit mitten in der Nacht. "Ich stehe jeden Tag um 2.45 Uhr auf, damit ich alle Kontakte in Europa abtelefonieren kann", sagt einer von ihnen. Nur so erfahre er alle Neuigkeiten im undurchsichtigen Übernahmekampf um Rhön-Klinikum. "Es ist der Wahnsinn." Seit der Gesundheitskonzern Fresenius im April erstmals ein Übernahmeangebot für die fränkische Klinikkette angekündigt hat, ist der Manager wie viele seiner Kollegen aus New York, London und Monaco täglich auf der Suche nach neuen Informationen und Gerüchten.

Sind alle Widerstände bei Rhön ausgeräumt? Wie ist die Stimmung im Fresenius-Aufsichtsrat? Was macht Asklepios? Dass sich Investoren rund um den Globus auf eine Firma wie Rhön-Klinikum stürzen, deren Namen die meisten von ihnen nur mit Mühe aussprechen können, liegt auch am Mangel an Alternativen. Fusionen und Übernahmen sind rar geworden. "Rund um den Globus passiert wegen der Unsicherheit um die Eurozone kaum etwas", klagt der Manager.

Hohe Verluste

Rhön-Klinikum
Rhön-Klinikum 11,70

Doch auch in der Rhön, einem idyllischen Mittelgebirge im Grenzgebiet von Bayern, Hessen und Thüringen, sind die meisten Investoren bisher jedoch nicht glücklich geworden. Viele sogenannte Arbitrage-Fonds waren nach Ankündigung des ersten Übernahmeangebots zu einem Preis von rund 21 Euro bei Rhön eingestiegen und wollten die Papiere zum Angebotspreis von 22,50 Euro an Fresenius weiterreichen. Als Konkurrent Asklepios Ende Juni überraschend über fünf Prozent der Rhön-Aktien aufkaufte und den Deal damit torpedierte, standen die Fonds vor einem Scherbenhaufen. Der Rhön-Aktienkurs rauschte bis auf 16 Euro nach unten und brockte bekannten Investoren wie John Paulson, der über drei Prozent an Rhön hält, hohe Verluste ein.

"Das ist der schlimmste Übernahmekampf, in dem ich jemals beteiligt war", klagt ein Investor. Asklepios-Eigner Bernard Broermann, der durch den Einstieg die Schaffung eines großen Konkurrenten auf dem deutschen Klinikmarkt verhindern will, hatte niemand auf dem Zettel. "Broermann hat durch den Einstieg bei Rhön hohe Verluste in Kauf genommen - das ist nicht rational", sagt ein Investor kopfschüttelnd.

 Einige Investoren haben inzwischen das Handtuch geworfen, die meisten sind jedoch weiter bei Rhön-Klinikum engagiert - Schätzungen zufolge halten Hedgefonds 30 bis 40 Prozent der Aktien des MDax-Unternehmens. Sie hoffen darauf, dass Fresenius ein zweites Angebot vorlegt - und dass sie mit einem blauen Auge aus der Angelegenheit herauskommen.

"So kann man nicht arbeiten"

Die Hedgefonds sind nach Einschätzung von Experten auch maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Rhön-Aktie zuletzt eine Berg- und Talfahrt hinlegte, wenn mal wieder ein Pressebericht oder ein Gerücht die Runde machten. "Die Arbitrage-Fonds haben viel Geld verloren und sind extrem nervös", sagt ein Banker.

Auch das Volumen zog deutlich an. In den vergangenen Tagen wechselten im Schnitt über zwei Millionen Rhön-Papiere den Besitzer. Das sind rund sieben Mal so viel wie vor einem Jahr und mehr als beim Software-Riesen SAP. "Bei Rhön-Klinikum wundert mich gar nichts mehr", sagt ein Händler.

Albtraum in PR-Abteilungen

Auch in den Investor-Relations(IR)- und Presse-Abteilungen der beteiligten Unternehmen herrscht Hedgefonds-Alarm. Bei den "Fresenius Girls", wie ein Investor das Team um Fresenius-IR-Chefin Birgit Grund nennt, und in der Rhön laufen die Telefone heiß. "Das ist der Albtraum", sagt ein Insider. "So kann man nicht arbeiten." Auch Banker, Berater und Journalisten, die an dem Deal arbeiten, können sich vor Anrufen kaum retten. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt einer von ihnen. "Ich drücke die Anrufe inzwischen weg, wenn ich wieder mal eine Nummer aus London, New York oder Monaco im Display sehe."

Bei vielen Beteiligten ist deshalb die Sehnsucht nach einem Ende der Übernahme-Saga groß. Fresenius will Branchenkreisen zufolge Anfang nächster Woche entscheiden, ob das Unternehmen einen zweiten Anlauf bei Rhön-Klinikum nehmen will. "Die Logik spricht eigentlich dafür, dass es ein zweites Angebot gibt", sagt ein entnervter Hedgefonds-Manager aus London. Wie viele andere Beteiligte hat er jedoch inzwischen den Glauben daran verloren, dass in diesem Übernahmekampf nur nach logischen Gesichtspunkten entschieden wird.

Quelle: ntv.de, Andreas Kröner, rts

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