Spanier greifen nach der Mehrheit Hochtief will sich wehren
25.09.2010, 11:56 UhrNach der überraschenden Offerte des spanischen Großaktionärs ACS droht eine Abwehrschlacht um den Baukonzern Hochtief. Der Vorstand des deutschen Unternehmens sieht das Angebot als feindlich an und arbeitet an einer Verteidigungsstrategie.

Bis Klarheit über das Schicksal des 1874 gegründeten Traditionskonzerns herrscht, dürfte noch einige Zeit vergehen.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Der Baukonzern Hochtief will sich mit allen Mitteln gegen eine feindliche Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS wehren und hofft auch auf Hilfe aus der Politik. "Die aktuellen Vorgänge sind in der Politik nicht unbeachtet geblieben", sagte Hochtief-Chef Herbert Lütkestratkötter der Zeitung "Die Welt". "Wir wissen, dass man die Geschehnisse in Berlin im Blick hat."
ACS ist seit vier Jahren Großaktionär bei Hochtief und hält zurzeit knapp unter 30 Prozent der Anteilsscheine. Vor kurzem kündigten die Spanier überraschend an, längerfristig eine Beteiligung von "knapp über 50 Prozent" anzustreben. Überschreitet ACS die Schwelle, wird eine Übernahme-Offerte an alle Aktionäre fällig. Damit diese nicht zu teuer wird, will ACS in einem ersten Schritt nur je acht eigene Aktien für fünf Hochtief-Papiere bieten – eine Prämie für Hochtief-Aktionäre gibt es damit nicht.
Unattraktives Angebot
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz empfiehlt Kleinaktionären, die angekündigte Offerte abzulehnen. Sie liege deutlich unterhalb des aktuellen Börsenkurses der Hochtief-Aktie, so die Aktionärsschützer. Das Angebot bewertet die Aktie mit knapp 56 Euro, derzeit tendiert das Papier in Frankfurt bei rund 63 Euro.
Finanzvorstand Burkhard Lohr sieht in dem Angebot keinen Nutzen für die Anteilseigner. So impliziere die Offerte nur den gesetzlichen Mindestpreis, der nicht dem aktuellen und dem zukünftig erwarteten Marktwert von Hochtief entspreche. Außerdem gebe es keine Barkomponente. Auch für Hochtief biete die Offerte keinen Mehrwert, weder operativ noch hinsichtlich von Synergien.
Wie unattraktiv das Angebot für Hochtief-Aktionäre ist, dürfte den Spaniern bewusst sein. Nach Ansicht des Kapitalmarktexperten Andreas Karpenstein von der Anwaltskanzlei Raupach & Wollert-Elmendorff will ACS mit der Offerte lediglich ein Übernahmeangebot vorlegen, das beim Überschreiten der 30-Prozent-Schwelle ohnehin fällig wird. Dem Großaktionär fehlen nur 14.000 Aktien, um bei einem Anteil von derzeit 29,98 Prozent wie geplant die 30-Prozent-Schwelle zu erreichen. Spannend dürfte die Frage werden, ob es ACS in einem zweiten Schritt gelingt, über die Börse seinen Anteil auf mehr als 50 Prozent aufzustocken.
Hochtief will sich wehren
Der Hochtief-Vorstand sieht die Übernahme-Pläne als feindlich an. "Wir haben ACS immer so verstanden, dass sie keine weiteren Anteile erwerben wollen", betonte Konzernchef Lütkestratkötter. Das Unternehmen sei von dem spanischen Konzern, der vom Chef des Fußballklubs Real Madrid, Florentino Perez, beherrscht wird, auch nicht vorab in die Übernahme-Pläne eingeweiht worden. Lütkestratkötter zeigte sich enttäuscht vom Vorgehen der Spanier. "Nach den vielen Gesprächen in den vergangenen Jahren hatte ich den Eindruck, ACS und wir zögen an einem Strang. Ich glaubte, dass wir gemeinsam Hochtief stärken wollten, um den Wert des Unternehmens langfristig zu steigern. Es ist schon eine unangenehme Überraschung, plötzlich vom eigenen Partner attackiert zu werden.
ACS selbst hat die Offerte als freundlich bezeichnet. Das Unternehmen strebt keine Komplettübernahme an – lediglich etwas über 50 Prozent wollen die mit mehr als zehn Mrd. Euro verschuldeten Spanier haben, damit sie Hochtief in ihrer Bilanz konsolidieren können. Das Unternehmen ist stark im derzeit schwächelnden heimischen Baumarkt engagiert.
ACS hat noch knapp vier Wochen Zeit, das Angebot bei der Finanzaufsicht Bafin zur Prüfung einzureichen. Anfang November soll es veröffentlicht werden, die Angebotsfrist könnte Marktbeobachtern zufolge bis zu zehn Wochen laufen. Analysten rechnen nicht damit, dass dem spanischen Konzern viele Aktien angedient werden. ACS wird dann versuchen, sich am Markt mit Hochtief-Papieren einzudecken. Einen Zeitrahmen hat sich ACS nicht gesteckt.
"Giftpille" als Alternative
Ob und wie sich Deutschlands größter Baukonzern wehren kann, bleibt unklar. Hochtief hat sich inzwischen mit den Banken Credit Suisse und Goldman Sachs ein hochkarätiges Beraterteam ins Haus geholt, um eine Abwehrstrategie zu erarbeiten. Ein eigens gebildeter Ausschuss des Aufsichtsrats soll künftig schnelle Entscheidungen des Kontrollgremiums ermöglichen. Die beiden ACS-Mitglieder des Aufsichtsrats bleiben dabei vor der Tür.
Szenarien einer Abwehrschlacht könnten etwa eine Kapitalerhöhung oder der Verkauf einer für ACS besonders attraktiven Beteiligung sein. Möglich wäre auch ein Gegengebot von Hochtief für ACS. Denkbar ist auch der Kauf von so genannten Giftpillen sein: So könnte der Konzern in Spanien gezielt Beteiligungen erwerben, um ACS auf dem Heimatmarkt kartellrechtliche Probleme zu bereiten.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ