Wirtschaft

Inside Wall Street Homo-Ehe bringt Millionen

Das Thema Homo-Ehe ist in den USA heiß diskutiert. Die Wall Street sieht es ganz wirtschaftlich.

Das Thema Homo-Ehe ist in den USA heiß diskutiert. Die Wall Street sieht es ganz wirtschaftlich.

(Foto: picture alliance / dpa)

Im Land der Freiheit ist die gleichgeschlechtliche Ehe seit einigen Monaten legal. Die konservativen Bundesstaaten kümmert das allerdings wenig. Nun zeigen aber erste Untersuchungen, dass die Wirtschaft durchaus von der Neuregelung profitiert.

Man mag sich darüber wundern, mit welchem Eifer im Amerika des 21. Jahrhunderts zwischen Syrienkonflikt und Haushaltsdebatte immer wieder über die Homo-Ehe diskutiert wird - ein Thema, das für aufgeklärte Menschen längst keines mehr sein sollte. Mindestens so erstaunlich ist aber, welche Auswirkungen die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen auf die Bilanz großer Konzerne und sogar den Haushalt einzelner Bundesstaaten haben kann. Kurzum: Die Wall Street findet das Thema interessant.

Wenige Monate nach der Legalisierung der Ehe für schwule und lesbische Paare zeichnen sich in den USA erste Trends ab, die konservativen Bundesstaaten zu denken geben sollten. Derzeit sind gleichgeschlechtliche Ehen in 14 Bundesstaaten erlaubt, die für ein Drittel des amerikanischen Bruttoinlandsproduktes sorgen. In 35 Staaten ist die Homo-Ehe weiterhin verboten, vor allem in den konservativen Staaten im Süden, dem sogenannten Bible Belt, der auch wirtschaftlich zu den schwächeren Regionen Amerikas gehört.

Meist hochqualifizierte Arbeitskräfte

Die wirtschaftliche Situation der konservativen Staaten dürfte sich angesichts der unterschiedlichen sozialen Gesetze zunehmend verschlechtern, fürchten nun Statistiker. Sie haben bemerkt, dass erste schwule und lesbische Paare ihre Wohnsitze wechseln und in Staaten ziehen, in denen sie bessere Lebensbedingungen, mehr Toleranz, vor allem aber eine komplette gesetzliche Gleichstellung erwarten. Mit ihnen verlieren konservative Staaten meist hochqualifizierte Arbeitskräfte mit hohem Lohn- und Steuerniveau.

Der amerikanische Nachrichtendienst Bloomberg schreibt über Hans Bernhard und Mitch Null, die von South Carolina nach Maryland ziehen wollen. Da können sie heiraten, und Bernhard kann sogar die kleine Tochter seines Partners adoptieren - für die beiden ein Schritt in Richtung einer normalen Familie. Mit Bernhard und Null verliert South Carolina einen selbständigen Tierarzt und einen IT-Manager.

Toleranz und Offenheit zahlt sich aus

Die beiden sind kein Einzelfall. Richard Florida, Professor an der University of Toronto, hat sich mit dem Phänomen beschäftigt. Staaten mit legaler gleichgeschlechtlichen Ehen signalisieren, dass sie anderen Leuten gegenüber tolerant und offen sind. Vor allem für intelligente und gut ausgebildete Arbeitnehmer sei das ein wichtiger Faktor bei der Standortsuche. "Unser Ruf als toleranter Staat wird sich hoffentlich weit ausbreiten", sagte der Gouverneur von Rhode Island, Lincoln Chafee, jüngst, "und das wird hoffentlich talentierte und kreative Köpfe von überall her anziehen."

In Corporate America sieht man das ähnlich. John Mack, seinerzeit Vorstandschef von Morgan Stanley, schrieb schon 2011 in einem Gastbeitrag bei "Crain´s", dass die Gleichstellung homosexueller Beziehungen in New York wichtig sei, um "global führende Wirtschaftskräfte" anzuziehen.

Auch Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein gilt als ein Unterstützer einer offenen Politik - aus dem gleichen Grund: Toleranz ist gut fürs Geschäft. Den klassischen Einwand konservativer Fanatiker lehnt die Wall Street ab. Bryan Fischer von der konservativ christlichen American Family Association warnt etwa vor einem "Kosten-Tsunami" der auf Unternehmen zukommen würde, wenn diese erst einmal höhere Kranken- und Sozialversicherungsbeiträge bezahlen müssten. Das ist natürlich Quatsch, denn für Partner in traditionellen Ehen zahlen Unternehmen solche Beiträge seit eh und je - ein paar homosexuelle Paare gleich zu behandeln, wird kein Unternehmen in den Ruin treiben.

Abgesehen von langfristigen Trends sehen Experten im Zusammenhang mit der Legalisierung der Homo-Ehe auch schnelles Geld in tolerante Staaten wandern. Als etwa Iowa im April 2009 als erster US-Bundesstaat Schwule und Lesben heiraten ließ, nutzten das in den Folgemonaten mehr als 2000 Paare - mehr als die Hälfte aus anderen Staaten. Die Hochzeitsfeiern brachten der Wirtschaft des sonst eher beschaulichen Staates im Mittleren Westen Direkteinnahmen von rund 12,9 Millionen Dollar, so eine Schätzung des Williams Institute. Rund 936.000 Dollar flossen als Steuereinnahmen direkt in die Staatskasse.

Für den Nachbarstaat Illinois, in dem gleichgeschlechtliche Ehen noch verboten sind, haben die Experten mögliche Einnahmen von 102 Millionen Dollar berechnet. Ob das die sozial konservativen Wähler beeindruckt und zu einer Trendwende bewegt, lässt sich bisher nicht sagen.

Quelle: ntv.de

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