Wirtschaft

"Zauberlehrlinge" an der Wall Street Hypotheken verfolgen US-Banken

Das Ende vom Lied: Voreilige Maßnahmen für schwer verkäufliche Altlasten.

Das Ende vom Lied: Voreilige Maßnahmen für schwer verkäufliche Altlasten.

(Foto: REUTERS)

Der Streit über das Vorgehen bei Zwangsversteigerungen setzt die US-Banken am Aktienmarkt immer stärker unter Druck. Nach dem Ende der Finanzkrise befürchten die Anleger neue Belastungen in Milliardenhöhe. Das Wort von einer zweiten Hypothekenkrise macht die Runde.

Es gärt in der Bevölkerung: "Vermeidbare Zwangsversteigerungen stoppen", fordert dieser US-Bürger in Washington.

Es gärt in der Bevölkerung: "Vermeidbare Zwangsversteigerungen stoppen", fordert dieser US-Bürger in Washington.

(Foto: AP)

Der Umgang einiger Finanzinstitute mit den Eigenheimen überschuldeter US-Bürger schlägt immer höhere Wellen. Die Aktienkurse prominenter Banken reagierten am letzten Handelstag der Woche erneut belastet. An der New Yorker Wall Street gab der KBW-Bankenindex zeitweise knapp zwei Prozent nach und damit deutlich stärker als der Gesamtmarkt. Der Leitindex Dow Jones bewegte sich über weite Strecke mit einem Abschlag von 0,5 Prozent nur leicht im Minus.

Besonders die Papiere des US-Branchenprimus Bank of America erwiesen sich als anfällig: Sie rutschten zeitweise 6,5 Prozent ab. Zuvor hatte Präsident Barack Obama angekündigt, künftig sicherstellen zu wollen, dass die Hypothekeninstitute ihre Verpflichtungen erfüllen. Analysten zufolge sorgen sich Investoren, dass auf die Banken teure Klagen zukommen könnten. Auch Rückkäufe von Hypotheken könnten die Gewinne drücken.

Plötzlich auf der Straße

Hintergrund der Debatte sind massenhafte Zwangsversteigerungen von Häusern, deren Besitzer die Kredite nicht mehr bedienen können. Mitarbeiter von Banken sollen pro Tag Hunderte von Dokumenten für Versteigerungen unterschrieben haben, ohne die Situation ihrer Kunden im Einzelfall zu prüfen. Mittlerweile sind alle 50 Bundesstaaten den Forderungen aus der Öffentlichkeit gefolgt und haben Untersuchungen eingeleitet.

Die Bank of America hatte als erstes Institut Zwangsversteigerungen landesweit ausgesetzt. Andere Institute stoppten sie zumindest in einigen Staaten. Im Kongress wurde der Ruf nach einem generellen Stopp zuletzt lauter. Auch JP Morgan Chase verzeichnete am Freitag erneut deutliche Kursverluste. Bankchef Jamie Dimon zufolge könnte eine Pause von Zwangsversteigerungen den ohnehin kriselnden Immobilienmarkt weiter belasten. Bei der Citigroup
betrugen die Verluste im späten Handel knapp zwei Prozent.

Bank-Analysten winken ab

Experten waren sich uneins über die Risiken für die Finanzbranche. Einige Analysten warnten vor Panikmache. Die Probleme dürften nicht überbewertet werden und seien nicht mit der Finanzkrise von 2008 zu vergleichen, sagte etwa KBW-Experte Jefferson Harralson. Analyst Glenn Schorr von Nomura hielt die jüngsten Kursverluste der Hypothekeninstitute für nicht gerechtfertigt. Ein Stopp von Versteigerungen habe keinen großen Einfluss auf die Bilanz der Unternehmen. Zwar drohten teure Rechtsstreitigkeiten. Die betroffenen Firmen schrieben aber ausreichend Gewinne.

Besonders die Kurse von Spezialinstituten, den sogenannten Hypotheken-Dienstleistern, wie Ocwen Financial oder PHH kamen in den vergangenen Tagen unter Druck. KBW-Analyst Bose George sagte, es sei unwahrscheinlich, dass ein vorübergehendes Moratorium der Zwangsversteigerungen die Gewinne dieser Firmen maßgeblich beeinflusse.

Das Weiße Haus knickt ein

Brian Battle von Performance Trust Capital Partners warnte dagegen vor noch abschätzbaren Risiken. Belastungen in Milliardenhöhe seien möglich. "Es könnte für die Finanzbranche zu einem ähnlichen Problem werden, wie wir es 2008 erlebt haben", sagte Battle.

Obamas Sprecher Bill Burton bekräftigte die neue Haltung der Regierung, eine gemeinsame Ermittlung aller Bundesstaaten zu unterstützen. Obama beschäftige sich mit dem Problem, sagte der Sprecher an Bord des Präsidentenflugzeugs. Zu Beginn der Woche hatte sich der Präsident noch und sich damit auf die Seite der Finanzbranche gestellt.

Deutsche Bank bleibt außen vor

Auswärtige Großbanken sind von den Spannungen im US-Häusermarkt offenbar nicht betroffen. Die Deutsche Bank zum Beispiel spielt nach eigenem Bekunden bei den Zwangsräumungen keine Rolle. Das größte deutsche Geldhaus sei lediglich Treuhänder von Häusern und verbuche damit die Kredit-Sicherheiten im Auftrag anderer Institute, sagte ein Sprecher.

Für die Verwertung der Immobilien seien dagegen die Hypotheken-Dienstleister zuständig, also die oben genannten Spezialinstitute und eine Reihe von US-Banken. Die Deutsche Bank hat dem Sprecher zufolge auch praktisch keine Kredite direkt an US-Hauseigentümer vergeben.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen