Wirtschaft

Größe ist nicht alles "In fast jedem Segment finden wir Perlen"

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(Foto: AP)

Zuletzt haben chinesische Unternehmen großes Interesse an kleinen und mittelgroßen deutschen Firmen gezeigt. Sie sind insbesondere am Know-How interessiert. Doch nicht jede Übernahme gelingt, schließlich sind länderübergreifende Übernahmen oft heikel. Das hat das jüngste Beispiel Aixtron gezeigt. Über die Besonderheiten, Aussichten und Investmentchancen von Unternehmen aus dem Small- und Mid-Cap-Segment spricht Teleboerse.de mit Stéphanie Bobtcheff, der leitenden Fondsmanagerin beim französischen Fondshaus "La Financière de l´Echiquier". Sie ist zuständig für Fonds mit kleinen und mittelgroßen Aktien.

Teleboerse.de: Zahlreiche Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe sind derzeit das Ziel von Übernahmen. Was macht diese Titel so attraktiv?

Bobtcheff: Aus unternehmerischer Sicht gibt es zahlreiche Gründe für eine Übernahme. Häufig sind die Unternehmen in zukunftsträchtigen Feldern mit starken Wachstumsraten aktiv, etwa SLM Solutions, die auf dem Gebiet des 3D-Drucks führend sind. Für Anleger lohnt sich das Segment von Small- und Mid-Caps, da sie häufig eine Outperformance gegenüber schwergewichtigen Aktien erzielen. Diese Large-Caps haben sogar in den vergangenen Jahren eine größere Volatilität gehabt, sind also riskanter.

Das ist überraschend, da die Liquidität, das handelbare Volumen von kleineren Aktien meist geringer als bei Large-Caps ist - und in einem schwierigen Marktumfeld die Aktienkurse stark schwanken dürften.

Das Handelsvolumen ist für uns eines der wichtigsten Kriterien bei der Titelauswahl, daher betrachten wir uns die Unternehmen sehr genau. Wir analysieren sie nicht nur, sprechen mit den verantwortlichen Managern und bewerten die Zukunftsaussichten, sondern achten ebenfalls auf die Handelbarkeit der Aktien, um unser Risiko zu kontrollieren. Genau hier bieten Small- und Mid-Caps Vorteile. So gibt es keine ETFs - also börsengehandelte Fonds - auf dieses Segment, das die Liquidität in den einzelnen Aktien aufsaugen könnte – so wie es bei Large-Caps der Fall ist. Im vergangenen Jahr haben ETFs aus dem europäischen Aktienuniversum 9,3 Prozent des Handelsvolumens ausgemacht und 3,4 Prozent der ausstehenden Anlagegelder.

Was ist für Sie noch wichtig bei der Titelauswahl für ihre Small- und Mid-Cap-Fonds?

Im Mittelpunkt steht das Unternehmen selbst, das wir in einem mehrstufigen Investmentprozess unter die Lupe nehmen. Am Ende wählen wir für den Fonds 30 bis 40 Aktien aus, die in der Regel eine Gewichtung von ein bis zwei Prozent haben. Das entscheidende Kriterium für die Auswahl ist das Gewinnwachstum der Unternehmen, das bei sich dynamisch entwickelnden Small- und Mid-Caps meist höher ist als bei großen Unternehmen. Dennoch ist die Bewertung oft geringer als bei Large Caps, weshalb die Titel relativ attraktiv sind. Hinzu kommt, dass kleinere Aktien weniger von der allgemeinen Konjunkturentwicklung beeinflusst werden als Aktien großer Unternehmen.

Welche Sektoren favorisieren Sie derzeit?

Bis auf Biotech-Aktien sind wir für alle Branchen offen. Wir können in fast jedem Sektor Perlen für unsere Fonds finden. Im Pharma- und Finanzbereich sehen wir derzeit allerdings große regulatorische Risiken. Besonders im IT-Sektor sehen wir noch viel Potenzial, aber auch in der klassischen Industrie. So gefällt uns beispielsweise das französische IT-Unternehmen Worldline, das europäischer Marktführer für Zahlungsverkehr- und Transaktionsdienste ist oder das britische Unternehmen Porvair, das führend als Hersteller für Industriefilteranlagen ist.

In ihrem europäischen Small-Cap-Fonds haben sie den Länderschwerpunkt auf Frankreich und Großbritannien gelegt. Warum?

Wir sind französische Fondsmanager und kennen unseren Heimatmarkt sehr genau, daher die starke Gewichtung. Auch der britische Small- und Mid-Cap-Markt bringt viele interessante Firmen hervor. Es wird häufig übersehen, dass das Vereinte Königreich eine starke mittelständische Wirtschaft hat. Allerdings haben wir uns entschlossen, im Vorfeld der Abstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der EU Positionen abzubauen, um das Risiko zu senken. Das Chance-Risiko-Verhältnis erschien uns nicht angemessen. Momentan ist der britische Markt nach dem starken Rückgang des britischen Pfundes jedoch wieder attraktiv. Außerdem beobachten wir interessante Unternehmen in Dänemark und Schweden, die in unserem Fond ebenfalls hoch gewichtet sind.

Mit Stéphanie Bobtcheff sprach Benjamin Feingold

Quelle: ntv.de

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