Papademos sieht "soziale Explosion" Kabinett billigt Sparpläne
11.02.2012, 07:19 Uhr
Papademos hat keine leichte Aufgabe.
(Foto: dpa)
Der griechische Ministerrat verabschiedet das Sparpaket, und Ministerpräsident Papademos warnt seine Regierung eindringlich davor, dieses am Sonntag im Parlament abzulehnen. Im Regierungslager werden allerdings etliche Abweichler erwartet. Und zumindest auf den Straßen macht sich schon einmal der Unmut Luft. Es wird wieder gestreikt, das öffentliche Leben ist gelähmt.
In Griechenland hat das Kabinett am späten Freitagabend den strikten Sparauflagen von EU und IWF zugestimmt. Für Sonntag ist nun ein Votum des Parlaments über die Beschlüsse geplant, die Voraussetzung sind für dringend benötigte weitere Hilfen von 130 Milliarden Euro.

Mit geballter Faust gehen Demonstranten in Griechenland auf die Straße.
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"Es wurde akzeptiert", sagte ein Regierungsvertreter in Athen nach der Kabinettssitzung über das Sparpaket. Allerdings droht ein Bruch der Regierung, denn ein Minister und fünf stellvertretende Ressortchefs traten im Streit über die von den Geldgebern verlangten Sparbeschlüsse zurück. Zudem erklärte der Chef der mitregierenden rechtskonservativen Laos-Partei, Giorgos Karatzaferis, er könne das Sparpaket nicht billigen.
Ministerpräsident Lukas Papademos drängte seine Regierung massiv zur Zustimmung. "Wir können es nicht zulassen, dass Griechenland bankrott geht", sagte er im Kabinett. "Vorrang hat für uns, alles zu tun, um das neue Wirtschaftsprogramm anzunehmen und mit der neuen Kreditvereinbarung fortzufahren." Mit eindringlichen Worten warnte der frühere EZB-Vizepräsident vor den Folgen einer Staatspleite, die ein "ökonomisches Chaos" und eine "soziale Explosion" bewirken würde. Früher oder später würde das Land dann die Eurozone verlassen müssen. "Der Staat wird Löhne, Renten nicht zahlen und die Krankenhäuser und die Schulen werden nicht funktionieren können."
Die harten Sparmaßnahmen und das Ultimatum der Euro-Finanzminister stellen Griechenlands Regierung vor eine Zerreißprobe. Am Freitag bröckelte die Regierung von Papademos. Die kleine rechtsgerichtete LAOS-Partei verweigerte die Gefolgschaft und zog ihre Minister aus der Regierung ab. Die Mehrheit bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament scheint jedoch noch sicher zu sein. Eine mögliche Regierungsumbildung in Griechenland wird es voraussichtlich aber frühestens nach der Abstimmung im Parlament geben
Die Parteichefs des griechischen Regierungslagers, Giorgos Papandreou und Antonis Samaras, schworen ihre Abgeordneten auf das Sparpaket ein. Beide forderten die insgesamt 236 Parlamentarier ihrer Fraktionen eindringlich zu einem geschlossenen "Ja" auf. Papandreou, Chef der sozialistischen PASOK und Papademos' Vorgänger als Regierungschef, sprach von einem "Krieg um Griechenland", der jetzt gewonnen werden müsse. Samaras als Vorsitzender der konservativen Nea Dimokratia (ND) sagte: "Das Land muss weiter existieren und auf eigenen Beinen stehen können."
Mindestens 30 Abweichler erwartet
Griechische Medien schätzten, dass es bei der Abstimmung im Parlament mindestens 30 Abweichler im Regierungslager geben könnte. Zudem wollen auch die 16 LAOS-Abgeordneten das Sparpaket nicht mittragen. Ein Nein hätte angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Parlament keine Auswirkungen, sollten die beiden anderen Regierungsparteien, die PASOK und die Konservativen (Nea Dimokratia), für die Sparanstrengungen votieren.
Die Zeit drängt. Wenn das hoch verschuldete Euro-Land die Rettungshilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht bis 20. März erhält, wäre es zahlungsunfähig - denn bis zu diesem Termin braucht Griechenland 14,5 Milliarden Euro, um fällige Staatsanleihen zu bedienen. Die umstrittenen Sparbeschlüsse beinhalten eine Kürzung der Zusatzrenten, die Kappung der Mindestlöhne um 22 Prozent und die Entlassung von rund 150.000 Beschäftigten im öffentlichen Dienst.
Gewerkschaften legen Land lahm
Derweil haben die griechischen Gewerkschaften den zweiten Tag in Folge aus Protest gegen das neue Sparprogramm mit umfangreichen Streiks das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt. Betroffen waren erneut vor allem die Verkehrsmittel. Bus- und Bahnfahrer streikten wie am Freitag weiter. Fähren zu den Inseln der Ägäis blieben im Hafen.
Mitglieder der Kommunistischen Partei (KKE) hängten auf der Akropolis, dem Wahrzeichen Athens, ein großes Transparent auf mit dem Spruch "Nieder mit der Diktatur der Monopole der EU". Am Vortag war es zu Ausschreitungen gekommen, bei denen acht Menschen leicht verletzt wurden. Zu den Streiks hatten die beiden größten Gewerkschaftsverbände, GSEE für den Privatsektor und ADEDY für die Beamten, aufgerufen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts