Geschwächt durch die Finanzkrise Kehraus in der Beteiligungsbranche
14.07.2009, 12:58 Uhr
Wird die Heuschrecke zur bedrohten Spezies?
(Foto: REUTERS)
Kaum eine Branche hat wegen der Finanzkrise mehr an Bedeutung verloren als die lange erfolgsverwöhnten Beteiligungsfirmen. Drehten die Firmenjäger vor Jahren noch unzählige große Milliardendeals, kann man die Übernahmen heute fast an einer Hand abzählen. Den einst als "Heuschrecken" gebrandmarkten Finanzinvestoren ist mangels Krediten die Kraft ausgegangen. Experten sagen einen Ausleseprozess voraus, den nur die stärksten Häuser überstehen dürften. "Die Schwachen werden wohl still und heimlich vom Markt verschwinden", erwartet Volker Brühl, Bereichsvorstand Unternehmensfinanzierung bei der WestLB.
Statt sich über satte Renditen zu freuen, müssen sich die Private-Equity-Manager von bekannten Größen wie KKR, Permira oder Carlyle derzeit mit Problemfällen im Firmenportfolio beschäftigen. "Das ist harte Kärrnerarbeit, die auch nicht so lukrativ ist wie das Geschäft der Vergangenheit", betont Brühl. Um die traditionell hoch verschuldeten Unternehmen in Private-Equity-Hand zu retten, bleibt oftmals nur eine Kapitalspritze, wie KKR dies etwa bei der Werkstattkette ATU vorgemacht hat. Bleibt diese aus, droht die Entmachtung durch die Gläubiger - dies musste der französische Finanzinvestor PAI Partners neulich beim Schornsteinhersteller Monier schmerzlich erfahren.
"Die Branche steht vor einem radikalen Umbruch", stellte unlängst auch Martin Hintze, Direktor von Goldman Sachs, fest. Das dürften einige der Investoren nicht überstehen, die im Boom 2006 und 2007 teuer kauften. "Das ist normal für unsere Branche, aber der Anpassungsprozess wird durch die Krise beschleunigt", betont Hintze. Wer derzeit frische Mittel von seinen Investoren benötigt, wird diese wohl nur schwer bekommen - denn Geldgeber wie Versicherungen haben von vielen Private-Equity-Firmen mangels Verkäufen seit langem keine Ausschüttungen mehr gesehen.
Transaktionen auf 12-Jahres-Tief
Im ersten Halbjahr brach das Volumen angekündigter Private-Equity-Transaktionen im Jahresvergleich nochmals um fast 80 Prozent auf knapp 33 Milliarden Dollar ein - das ist laut Daten von Thomson Reuters das niedrigste Niveau seit zwölf Jahren. Damit mischten die Finanzinvestoren nur noch bei 3,5 Prozent aller Übernahmen mit. Hinzu kommt, dass sie die wenigen Zukäufe in der Finanzkrise nicht mehr wie früher überwiegend mit Krediten bezahlen können, die sie dann den gekauften Firmen aufbürden. Das schmälert die jährlichen Renditen auf das investierte Fondskapital, die in Boomzeiten bei teilweise 40 Prozent lagen. "In der Zukunft müssen sich die Häuser wohl auf 15 bis 20 Prozent einstellen", prognostiziert Brühl.
Kurzfristig sehen die meisten Private-Equity-Manager die größten noch verbliebenen Chancen im Kauf von Sanierungsfällen, die es in der Rezession in Massen und sehr günstig gibt. So nutzte Apollo jetzt die Möglichkeit zum Einstieg beim kriselnden Chip-Produzenten Infineon. Doch für solche Investitionen muss man ein Spezialist in Restrukturierungsfragen sein. Für andere Häuser sind die lange gemiedenen Minderheitsbeteiligungen plötzlich ein Thema. Wieder andere suchen ihr Heil in kleineren Transaktionen. "Die Deals werden kleiner", sagt Stefan Zuschke, Deutschland-Chef von BC Partners. Der Mittelstand ist wieder in aller Munde. "Gegen Jahresende könnten die ersten Deals unterhalb der Milliardengrenze wieder kommen", betont Brühl. Hier werde derzeit einiges geprüft. "Was davon aber am Ende über die Ziellinie läuft, bleibt abzuwarten."
Quelle: ntv.de, rts