"Micky-Maus-Insolvenz" Pfleiderer bereitet sich vor
21.03.2012, 18:30 Uhr
Die Pleite-Aussicht scheint nicht weiter zu beunruhigen.
(Foto: dpa)
Wenn der Sanierungsplan nicht die Gnade des Gerichts findet, dann ist Pfleiderer pleite. Dies teilt der Restrukturierungsverwalter mit. Grund zur Aufregung bestünde jedoch nicht, das wäre eher eine "Micky-Maus-Insolvenz".
Der Holzverarbeiter Pfleiderer bereitet sich auf die Insolvenz vor. Sollte das Sanierungskonzept vor Gericht nicht durchgehen, habe das Unternehmen aus dem bayerischen Neumarkt die Pflicht, beim Amtsgericht Nürnberg einen Insolvenzantrag zu stellen, sagte Restrukturierungsvorstand Hans-Joachim Ziems.
Das könnte schon in wenigen Tagen passieren: Denn bis Ende März wird mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt gerechnet. Wenn Pfleiderer im sogenannten Freigabeverfahren auch in zweiter Instanz gegen die klagenden Hybridanleihe-Gläubiger verliere, sei die Insolvenz unausweichlich.
Ziems betonte, dass eine Insolvenz dem Unternehmen nicht zwangsläufig schaden werde. "Das ist kein Beinbruch." Er sprach von einer "Micky-Maus-Insolvenz", weil nur die AG mit elf Mitarbeitern betroffen wäre und nicht die operativen Töchter für West- und Osteuropa. "Da geht mit großer Sicherheit kein Arbeitsplatz verloren." Für den Holzverarbeiter, der durch eine riskante Expansionsstrategie hohe Verluste und Schulden angehäuft hat, arbeiten 4900 Menschen, über 2000 davon in Deutschland.
Das Unternehmen ist auch 2011 trotz guter Konjunktur nicht aus den roten Zahlen gekommen. Der Nettoverlust summierte sich Ziems zufolge auf 151 Mio. Euro. Hauptgründe waren das Minus im zum Verkauf stehenden US-Geschäft sowie hohe Beraterkosten. 2010 hatte der Verlust allerdings noch knapp 800 Mio. Euro betragen. Neben Rest-Aktivitäten in den USA soll auch die Laminat-Tochter Pergo, einst für gut 300 Mio. Euro übernommen, bis zum Sommer als Ganzes verkauft werden. Dagegen soll der Beschichtungsspezialist Thermopal doch behalten werden.
Vorstand will Heft in der Hand behalten
Pfleiderer ist seit Jahren einer der größten Sanierungsfälle in Deutschland. Sollte die Pleite nicht mehr abgewendet werden können, strebt Ziems eine Insolvenz in Eigenverwaltung an. In einem Insolvenzplanverfahren könnten dann die ohnehin geplanten Schritte umgesetzt und die AG so bis Ende Juni saniert werden. Seit Anfang März können Firmen von Anfang an auf einem Verfahren in Eigenverwaltung bestehen, bei dem der Vorstand das Heft in der Hand behält und ein Insolvenzverwalter nur die Aufsicht führt. Die neue Rechtslage erleichtert die Restrukturierung, etwa durch einen Tausch von Schulden in Eigenkapital.
Das umstrittene Pfleiderer-Sanierungskonzept sieht vor, das mit knapp 1,4 Mrd. Euro in der Kreide stehende Unternehmen in etwa zur Hälfte zu entschulden. Frisches Geld kommt dabei von Banken und Hedgefonds, die zudem auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Auch die Gläubiger einer Hybridanleihe wurden in die Pflicht genommen und haben für ein kleines Aktienpaket, dessen Wert ungewiss ist, auf sämtliche Ansprüche verzichtet. Manche klagen aber gegen die Mehrheitsentscheidung und haben in erster Instanz Recht bekommen.
Pfleiderer muss bis Ende Juni alle Maßnahmen umgesetzt haben, ansonsten sind die Zugeständnisse unwirksam. "Durch die Klagen sind wir zeitlich ziemlich aus dem Ruder gelaufen", so Ziems. Er hofft darauf, vor dem OLG Frankfurt und in einem zweiten Schritt auch vor dem OLG Nürnberg Recht zu bekommen. Dort geht es nicht um die Hybridanleihe-Gläubiger, sondern um die Freigabe von Beschlüssen der Aktionäre. Denkbar ist auch die Lösung über einen Vergleich mit den Klägern. Mit den Hybrid-Gläubigern sei ein solcher Versuch - als Vergleich waren inklusive Nebenkosten 5,8 Mio. Euro ausgehandelt - aber gerade gescheitert. Hier komme es jetzt auf das Gericht an. Im Fall Nürnberg gebe es mit 21 der 23 Kläger eine Verständigung, hier sei also zumindest ein Teil-Vergleich über etwa 1,5 Mio. Euro möglich.
Ziems, der sich bei der Kirch -Insolvenz den Ruf als Top-Sanierer erworben hat, bekräftigte, nur bis zur Jahresmitte im Pfleiderer-Vorstand bleiben zu wollen. Es sei auch unwahrscheinlich, dass Firmenchef Hans Overdiek danach im Amt bleibe. Er lenkt den Konzern seit Jahren und hat ihn in die schwierige Lage gesteuert.
Quelle: ntv.de, sla/rts