Altmaier gegen "Festlegungen" Koalition lehnt Eurobonds ab
15.08.2011, 10:30 Uhr
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Die Diskussion geht munter weiter: Kann mit Eurobonds die EU-Schuldenkrise bewältigt werden? Noch lehnen führende Politiker von Union und FDP Eurobonds offiziell ab. Allerdings hält sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Altmaier, bereits eine Hintertür offen. Und auch eine Arbeitsgruppe von Unionspolitikern schmiedet offenbar schon Notfallpläne.
Für die schwarz-gelbe Koalition kommt die Einführung europäischer Anleihen zur Bewältigung der Schuldenkrise in der EU derzeit nicht in Frage. Eurobonds seien zum jetzigen Zeitpunkt keine gute Lösung, weil das "den Spardruck von den betroffenen Ländern nimmt", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Peter Altmaier (CDU), im Deutschlandfunk.

Peter Altmaier möchte sich doch nicht so ganz festlegen.
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Es gebe für die Bundesregierung keinen Grund, ihre bisherige Position zu verändern. Altmaier warnte zugleich vor "kategorischen Festlegungen" bei den Maßnahmen zur Bewältigung der Krise. "Wir standen in den letzten zwölf Monaten immer wieder vor Situationen, wo es kein Drehbuch gegeben hat."
Rösler warnt vor höheren Zinsen
Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler lehnte Überlegungen zur Einführung von Eurobonds ab. Diese führten zu gleichen Zinssätzen in der gesamten Eurozone und "untergraben damit die Anreize für eine solide Haushalts- und Wirtschaftspolitik in den Mitgliedsstaaten", sagte der FDP-Chef der Tageszeitung "Die Welt". Deutschland und damit die deutschen Steuerzahler müssten in einem solchen Fall höhere Zinsen zahlen.
Stattdessen forderte der Vizekanzler die Einrichtung eines unabhängigen europäischen Stabilitätsrats. Außerdem müsse die hierzulande bereits geltende Schuldenbremse in die nationalen Verfassungen der anderen Euro-Länder aufgenommen werden.

Wolfgang Schäuble (hier mit Angela Merkel): "Es gibt keine Vergemeinschaftung von Schulden und keinen unbegrenzten Beistand."
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Erst am Wochenende hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Forderungen nach abgeschmettert: "Es bleibt dabei: Es gibt keine Vergemeinschaftung von Schulden und keinen unbegrenzten Beistand", sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel". Eurobonds seien ausgeschlossen, "solange die Mitgliedstaaten eine eigene Finanzpolitik betreiben".
Unionskreise mit Plan B
Die "Financial Times Deutschland" berichtet, eine Arbeitsgruppe von Unionspolitikern habe bereits darüber diskutiert, unter welchen Umständen Eurobonds infrage kämen. Dazu zählten etwa feste Stabilitätskriterien, automatische Sanktionen für Defizitsünder sowie neue Mitspracherechte des Europaparlaments. Wenn eine solche neue Integrationsstufe erreicht werde, könnte man Eurobonds einführen, zitiert die Zeitung ungenannte Unionskreise.
Die "Welt am Sonntag" hatte unter Berufung auf nicht namentlich genannte Regierungsmitglieder berichtet, inzwischen habe man auch in der Bundesregierung erkannt, dass sich die Euro-Zone ohne eine mittelfristige Einführung neuer Mittel möglicherweise nicht mehr am Leben erhalten lasse. Der bisher gewählte Lösungsweg mit milliardenschweren Rettungspaketen für klamme Staaten komme allmählich an seine Grenzen. Für die Regierung gelte es aber als unsicher, ob die FDP bereit wäre, den Strategiewechsel mitzugehen.
Bofinger optimistisch

Bofinger glaubt nicht, dass mit Eurobonds der Zinssatz zu sehr steigt.
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Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger widersprach indes Finanzexperten, die eine deutliche Mehrbelastung des Bundeshaushaltes durch Eurobonds erwarten. Als völligen Unsinn bezeichnete Bofinger in den "Ruhr Nachrichten" eine Beispielrechnung des ifo-Instituts, nach der Deutschland für die Staatsschuld von 2,1 Billionen EUR um 2,3 Prozentpunkte erhöhte Zinsen zahlen müsste - also knapp 47 Milliarden EUR jährlich, die Bund, Länder und Kommunen mehr für den Schuldendienst aufbringen müssten.
"Der Zinssatz dürfte nur relativ gering gegenüber dem deutscher Staatsanleihen ansteigen", sagte Bofinger der Zeitung. Das Insolvenzrisiko einzelner Staaten falle durch Eurobonds weg. Der relevante Maßstab wären deshalb nicht mehr die hohen Risikozinsen der Pleite-Kandidaten in Europa, sondern die Verzinsung der US-Staatsanleihen. Durch Eurobonds entstehe ein großer, sehr liquider und attraktiver Markt als Alternative zu den US-Schuldpapieren.
Der Präsident des Außenhandelsverbandes (BGA), Anton Börner, sprach sich als erster Chef eines wichtigen deutschen Wirtschaftsverbandes für die rasche Einführung von Eurobonds. "Man muss den Märkten erklären, wir ergreifen jetzt die notwendigen Maßnahmen, und das heißt: Eurobonds mit deutscher Handschrift", sagte Börner in einem Reuters-Interview. "Wir brauchen Eurobonds mit strengen Auflagen." Dazu müsse unter anderem die Aufnahme einer Schuldenbremse in die Verfassungen der Euro-Länder gehören. Wenn diese Auflage nicht erfüllt würden, müsse es Konsequenzen für die betreffenden Länder geben - etwa ein Stimmrechtsentzug in der EU.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy müssten am besten schon bei ihrem Treffen am Dienstag den Weg für gemeinsame europäische Staatsanleihen freimachen. Merkel und Sarkozy seien die einzigen, die das tun könnten. Volumenbegrenzungen für solche Eurobonds dürfe es keine geben. "Das muss ohne Limits sein." Ohne diese Gemeinschaftsanleihen droht nach Börners Worten eine Abwärtsspirale, in der immer neue Euro-Länder ins Visier der Märkte kämen und am Ende eine weltweite Depression stehe.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP