Wirtschaft

Zu wenig und zu langsam Konjunkturpaket sorgt für Streit

Um das Konjunkturpakets II ist eine heftige Debatte entbrannt: Während das Baugewerbe und die Deutsche Industrie die Wirkung des Pakets anzweifeln, mahnen andere zu mehr Gelassenheit. "Die Kritik ist überzogen und unsachlich", heißt es beim deutschen Gewerkschaftsbund. Außerdem müsse man eine Rechnung stellen, um an Geld zu kommen, erklärt das Finanzministerium.

Das deutsche Baugewerbe befürchtet, dass das Konjunkturpaket II in diesem Jahr kaum zu einer Belebung des Branchengeschäfts beitragen wird. "Eine konjunkturstützende Wirkung des Pakets ist derzeit bei uns noch nicht zu erkennen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Baugewerbes, Karl Robl, der "Berliner Zeitung". Maximal 20 Prozent der 10 Mrd. Euro, die den Kommunen für öffentliche Investitionen in Infrastruktur und Bildung durch den Bund zur Verfügung gestellt werden, würden in diesem Jahr bei den Baufirmen real ankommen, so Robl. Vorgesehen war, dass bis Ende 2010 die Hälfte der 10 Mrd. Euro ausgegeben werden.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) betont, dass der größte Teil der Mittel erst 2010 fließen dürfte. "Der Konjunkturimpuls kommt also sehr spät", sagte DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann der "Berliner Zeitung". "Viele wirklich drängende Engpässe können mit den Mitteln des Konjunkturpakets nicht beseitigt werden, denn es fehlen die nötigen Planungskapazitäten und baureife Projekte, zum Beispiel für Bundesautobahnen, die jetzt schnell umgesetzt werden könnten."

Urlaubssperre in den Behörden

Um den Bewilligungsstau aufzulösen, fordert der Bundesverband der  Freien Berufe (BFB) eine Urlaubssperre in allen zuständigen Planungs- und Genehmigungsbehörden von Ländern und Kommunen. Auf diese Weise könnten Projekte, die aus dem Konjunkturpaket II bezahlt werden, schneller in Angriff genommen werden, sagte BFB-Hauptgeschäftsführer Arno Metzler der "Bild"-Zeitung. "Wir brauchen mehr Tempo. An den Aufträgen hängen Arbeitsplätze und das Schicksal vieler Familien", mahnte Metzler.

Die Bundesregierung geht hingegen nach Informationen der "Financial Times Deutschland" davon aus, dass mehr als die Hälfte der Konjunkturmittel von den Ländern bewilligt sind. Rund sechs Mrd. Euro des Konjunkturpakets seien genehmigt, berichtet das Blatt unter Berufung auf Regierungskreisen. In Nordrhein- Westfalen, das mit 2,1 Mrd. Euro die höchste Fördersumme erhält, seien 40 Prozent der Gelder bereits in konkreten Aufträgen mit Handwerkern gebunden. Das Geld komme in einigen Ländern sogar außergewöhnlich schnell an, verlaute aus Regierungskreisen. Das Finanzministerium wolle Mitte des Monats Zahlen vorlegen.

Erst die Rechnung, dann das Geld

Dem Vorwurf, dass die Mittel nur schleppend abgerufen werden, hielt ein Sprecher des Finanzministeriums entgegen, dass sich die Zahlen sich nur auf Projekte bezögen, die bereits fertig und für die Rechnungen gestellt worden seien. Sie sagten nichts über die Vorhaben aus, die sich noch in der Umsetzung befänden, hieß es. Eine Umfrage der Zeitung "Die Welt" bei den Bundesländern hatte ergeben, dass die Länder bis heute weniger als 200 Mio. Euro angefordert haben.

SPD-Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier erklärte, nach seinem Eindruck setzten viele Gemeinden bereits Projekt um oder planten diese. "Ich habe keine einzige Gemeinde kennengelernt, in der das zur Verfügung stehende Geld nicht Kreativität und Fantasie losgetreten hat", sagte er in Berlin.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wies die Kritik am Konjunkturpaket II als "überzogen und unsachlich" zurück. Schon jetzt seien positive Effekte für Wachstum und Beschäftigung spürbar, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Nach seinen Worten gibt es in 70 Prozent aller Kommunen Investitionsprojekte. "Der schleppende Mittelabfluss ist dem Sachverhalt geschuldet, dass die Gelder erst nach Rechnungsstellung fließen."

Auch der Deutsche Städtetag verteidigte das Konjunkturpaket. "Das Konjunkturpaket II wirkt schon jetzt", sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus der "Frankfurter Rundschau". Viele Städte hätten Ausschreibungen versandt und Aufträge an Handwerker und andere Firmen vergeben. "Vor allem in Schulen und Kindergärten wird investiert. Wir sind überzeugt, dass die Investitionen im zweiten Halbjahr auf breiter Front greifen werden." Sein Verband bekomme "täglich signalisiert, dass die Städte Geld aus dem Konjunkturpaket zügig einsetzen und so Arbeitsplätze vor Ort sichern".

Der Wirtschaftsforscher Gustav  Adolf Horn warnte vor vorschnellen Urteilen über das Kommunale Investitionsprogramm des Bundes gewarnt. Zwar sei es "ein Manko, dass dieses Konjunkturpaket relativ spät kam", doch lasse sich eine  Zwischenbilanz erst zum Jahresende ziehen, sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in Düsseldorf der "Passauer Neuen Presse". Der Auftragseingang der Bauindustrie zeige schon jetzt, "dass sich einiges bewegt",  sagte Horn weiter. Die geringe Summe der tatsächlich abgeflossenen Gelder sei noch kein Kriterium, um den Erfolg des Programms zu bewerten.

Quelle: ntv.de, sla/dpa/AFP

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