Alles dreht sich um den Euro Krisenintervention für Athen
28.02.2010, 10:30 UhrIn Griechenland geben sich Vertreter der Finanzwirtschaft die Klinke in die Hand. Wirtschaft und Politik suchen unter Hochdruck nach Wegen, die Finanzkrise Griechenlands so schnell wie möglich zu entschärfen – bevor die Gemeinschaftswährung Schaden nimmt.

Die Lage ist nicht nur angespannt, sondern ernst. Deutschland ist bereit, auf die Notbremse zu treten.
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In der EU laufen die Gespräche darüber, wie das Land vor einem Staatsbankrott bewahrt werden kann, auf Hochtouren. Währungskommissar Olli Rehn will am Montag mit Athens Vize-Ministerpräsident Theodoros Pangalos und Finanzminister George Papaconstantinou reden. Auch ein Treffen mit Notenbankchef Georgios Provopoulos ist geplant. Nach dem Treffen soll die Presse informiert werden. Rehn hatte erst vor ein paar Tagen gesagt, die EU plane keine Finanzhilfen für den Euro-Staat, weil Griechenland nicht darum gebeten habe. Ob es angesichts der sich zuspitzenden Lage und der grassieren Euro-Panik dabei bleibt, wird immer fraglicher. Vorsorglich hatte Rehn bei der Gelegenheit bereits auf einen Beschluss der EU- Staats- und Regierungschefs verwiesen, wonach Griechenland im Notfall mit der Hilfe der anderen Eurostaaten rechnen könne.
Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker appellierte in diesem Zusammenhang an die griechische Regierung ihren Sparkurs noch einmal zu verschärfen und weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits zu ergreifen. "Wenn die Regierung uns nicht überzeugt, dann drohen möglicherweise Sanktionen", sagte Juncker der griechischen Tageszeitung "Eleftherotypia" und verwässerte damit die Aussichten auf bilaterale Hilfen wieder. Griechenland müsse einsehen, dass die Steuerzahler in Deutschland, Belgien oder Luxemburg nicht bereit seien, die Fehler der griechischen Haushaltspolitik auszubaden." Die Finanzminister der Euro-Zone seien sich einig, dass von griechischer Seite größere Anstrengungen nötig seien.
Drahtseilakt wider die Panik
Angesichts der jüngsten Meldungen, wonach große Investoren versuchen von der Griechenland-Krise zu profitieren und mit ihren Spekulationen den Euro unter Druck bringen, warnte der Bundesverband deutscher Banken (BdB) dringend davor, in Panik zu verfallen. Es drohe kein Auseinanderbrechen der Eurozone. Die Bedrohungsszenarien, die derzeit skizziert würden, "gehen an der Wirklichkeit vorbei", sagte Hauptgeschäftsführer Manfred Weber der "Rheinpfalz am Sonntag".

Papandreou ist dieser Tage ein schwer gefragter Gesprächsgast. Am Freitag wird er in Berlin erwartet.
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Die Bundesregierung bereitet sich unterdessen nach einem Zeitungsbericht auf eine mögliche Rettungsaktion für das hochverschuldete Land vor. Das nächste Treffen in Sachen Griechenland-Intervention ist für kommenden Freitag anberaumt. Dann wird der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou in Berlin erwartet. Nach diesem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel steht ein Besuch in Washington an, wo Papandreou am 9. März von US-Präsident Barack Obama erwartet wird. Die Finanzkrise in Griechenland war bereits Thema in einer Videokonferenz von Obama mit Merkel und dem britischen Premierminister Gordon Brown.
Deutschland zu Vertragsbruch bereit
Nach Informationen des "Handelsblatts" (HB) aus Regierungskreisen plant Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits eine entsprechende Risikovorsorge für eine eventuell notwendige Griechenlandhilfe im Bundeshaushalt. Das Finanzministerium hatte sich bisher zurückhaltend zu einer möglichen Notfallplanung geäußert. Jetzt soll den Angaben zufolge bereits in der kommenden Woche in den Schlussberatungen zum Etat 2010 die Risikovorsorge nachträglich berücksichtigt werden, schreibt das "Handelsblatt". Das Ministerium nahm dazu keine Stellung zu dem Bericht.

Der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof sieht in Finanzhilfen für Griechenland einen klaren Rechtsbruch.
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Die Bundesregierung bewegt sich hier auf schwierigem Terrain. Mit der Zusage von bilateralen Hilfen, hebelt die Bundesregierung nämlich eine Grundfeste der Währungsunion aus und zwar das Prinzip, dass die Mitgliedsländer einander nicht helfen dürfen. Der Passus wurde auf Druck Deutschlands in den Europäischen Verträgen überhaupt erst verankert, um die Staaten zur Disziplin zu zwingen. Dieses Prinzip gilt würde in Zukunft dann nicht mehr gelten. Griechenland wäre hierfür der Präzedenzfall. Nach Ansicht des Verfassungsrechtlers Paul Kirchhof ist es für die Zukunft dringend nötig, den "Konstruktionsfehler" des europäischen Rechts zu beheben. "Bislang werden die Kriterien aus dem Stabilitäts- und Wachstumspakt von der Versammlung der europäischen Finanzminister überwacht. Das heißt: Täter und Wächter sind identisch."
Sachverstand und Disziplin
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann war am Freitag überraschend in Griechenland eingetroffen. Medienberichten zufolge sprach er mit Papandreou und Experten der griechischen Banken. Im Mittelpunkt habe dabei gestanden, wie Griechenland Kredite zu "vernünftigen" Zinsen aufnehmen kann. Inzwischen muss Griechenland bei der Ausgabe neuer Anleihen im Vergleich zu Deutschland als Risikoaufschlag rund doppelt bis drei Mal so hohe Zinsen versprechen. Für Griechenland wird es immer schwieriger Investoren zu gewinnen. Das halbstündige Gespräch Ackermann soll eines von mehreren mit führenden Finanzinstituten gewesen, hieß es in Athen.
Die Regierung in Athen muss in den nächsten drei Jahren die maroden Staatsfinanzen in Ordnung bringen. Das Land hatte in den vergangenen zehn Jahren das wahre Ausmaß seiner Schulden und Defizite verschleiert und damit 2001 den Beitritt zur Euro-Zone erreicht. Das tatsächliche Haushaltsloch beträgt derzeit knapp 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), erlaubt sind maximal 3 Prozent. Griechenland hat mehr als 300 Mrd. Euro Schulden. Mit einem harschen Sparplan will die Regierung die drohende Zahlungsunfähigkeit des Landes abwenden.
Quelle: ntv.de, ddi/dpa/rts