Wirtschaft

Große Sorgen nach dem Stresstest Kritiker fordern Taten

Kaum ist der Stresstest im europäischen Bankensektor vorüber, ziehen immer mehr Experten die Aussagekraft in Zweifel. Ökonomen pochen auf neue Regeln beim Eigenkapital. Wirtschaftsforscher warnen vor einem Stillstand nach dem Test. Ein Ex-Banker bringt "schnöde" Größengrenzen ins Gespräch.

Auf dem Dach der Helaba: Dieser Tourist testet, ob er Deutschlands Banken zusammen auf ein Bild bekommt.

Auf dem Dach der Helaba: Dieser Tourist testet, ob er Deutschlands Banken zusammen auf ein Bild bekommt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die deutschen Banken müssen als Konsequenz aus dem Stresstest nach Meinung von Fachleuten und Politik nun weitere Reformen vorantreiben. Obwohl bis auf den verstaatlichten Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate alle 14 geprüften deutschen Geldhäuser den Belastungstest bestanden haben, seien weitere Maßnahmen nötig, um das Vertrauen in die von der Krise gebeutelten Institute wiederherzustellen, sagten Ökonomen und Finanzpolitiker am Wochenende. So sollten die Eigenkapitalregeln überarbeitet und die Konsolidierung bei den Landesbanken vorangetrieben werden.

Die Prüfungen hätten zwar gezeigt, dass einige Banken sehr ordentlich mit Kapital ausgestattet seien, sagte zum Beispiel der Wirtschaftsweise Peter Bofinger im Deutschlandfunk. "Auf der anderen Seite wäre es sinnvoll, dass man insgesamt die Eigenkapitalregeln auf eine robustere Basis stellt." Die Krise habe gezeigt, dass aus sicheren Aktiva wie Staatsanleihen sehr schnell unsichere werden könnten. Deshalb hätte die Unterlegung mit Eigenkapital zu einem bestimmten Prozentsatz unabhängig vom Risiko der Anlagen Vorteile, sagte der Ökonom.

"Tendenz zu größeren Banken stoppen"

Bofinger forderte zudem eine Entflechtung der Banken. Die Institute seien extrem vernetzt. Die Folgen des Zusammenbruchs eines Geldhaus auf andere seien bei dem Stresstest nicht untersucht worden. Finanzinvestor und Ex-Dresdner-Bank-Vorstand Leonhard Fischer tritt für eine Verkleinerung der Banken ein. "Ich würde ganz schnöde die Bilanzsumme begrenzen", sagte Fischer der "Welt am Sonntag". Ziel müsse es sein, "die Tendenz zu immer größeren Banken zu stoppen."

Vor einem Stillstand bei wichtigen Finanzmarktreformen warnte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann. Es könnte jetzt "fatalerweise der Eindruck entstehen", man brauche diese Reformen nicht mehr. "Dafür waren die Tests viel zu selektiv und sind die Ergebnisse viel zu positiv", sagte Zimmermann dem "Handelsblatt". So seien lediglich Wertabschläge bei den Staatsanleihen und Konjunktureinbrüche simuliert worden, Immobilienkrisen und das Versagen der Rohstoffmärkte seien nicht berücksichtigt worden.

Bei den am Freitagabend veröffentlichten Test-Ergebnissen der europäische Aufsichtsgremium CEBS fielen sieben der 91 überprüften europäischen Banken durch. Es waren die Auswirkungen verschiedener Stressbedingungen auf die Kapitalausstattung der Banken untersucht worden. Eine generell höhere Eigenkapitalausstattung der Banken und dickere Kapitalpolster für besonders risikoreiche Geschäfte sind Kernpunkte der internationalen Bemühungen, das Finanzsystem weniger krisenanfällig zu machen. Entscheidungen dazu sollen im Herbst auf dem Gipfel der 20 führenden Schwellen- und Industrieländer (G20) in Südkorea fallen.

"Ran an die Landesbanken"

Handlungsbedarf sehen Politiker und Experten vor allem bei den Landesbanken, nachdem die NordLB den Test nur knapp bestanden hat. "Sie sind aufgerufen, sich neu zu strukturieren", sagte Finanzprofessor Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanzzentrum. "Das gilt besonders für die Institute, die mit staatlichem Geld versorgt wurden und jetzt mit guten Kernkapitalquoten glänzen."

Auch der finanzpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Leo Dautzenberg, hält eine Neuordnung des Landesbankensektors für nötig. "Hier darf es keine Tabus mehr geben", sagte er dem "Handelsblatt". Die Debatte um eine Neuordnung im Gefüge der Landesbanken läuft schon seit Jahren. Beobachtern zufolge scheiterten frühere Reformversuche vor allem am Widerstand in den Regierungszentralen der Länder.     

Vor diesem Hintergrund forderte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, einen Gipfel von Bund und Ländern zur Zukunft der Landesbanken. Eine Konsolidierung der Landesbanken hatte zuvor auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angemahnt.

Quelle: ntv.de, rts

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