Wirtschaft

Deutschland macht nicht mit Leerverkäufe bleiben länger tabu

Leerverkäufe von Finanzaktien bleiben in zahlreichen europäischen Ländern vorerst verboten. Die Börsenaufsichten von Frankreich, Spanien und Italien verlängern nach den Marktturbulenzen der vergangenen Wochen ihre Verbote. Deutschland will seine Regeln für Leerverkäufe entgegen Gerüchten am Markt nicht verschärfen.

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(Foto: REUTERS)

Riskante Wetten auf den Kursverfall von Aktien aus der Banken- und Versicherungsbranche bleiben in Frankreich, Italien und Spanien vorerst untersagt. Die Regulierungsbehörden der drei Länder wollen mit dem Verbot den zeitweiligen Ausverkauf dieser Papiere stoppen. Sie verlängerten in einer konzertierten Aktion den Bann von Leerverkäufen von Finanzaktien, der am 29. August ausgelaufen wäre. Geliehene Finanzaktien dürfen nun in Italien und Spanien bis Ende September nicht verkauft werden, in Frankreich bis auf weiteres. Belgien hatte das Verbot von vornherein zeitlich nicht begrenzt. "Ziel ist es, das Verbot aufzuheben, sobald es die Umstände an den Märkten erlauben", erklärten die Regulierer. Das könne vor oder auch nach dem 30. September sein.        

Die deutsche Finanzmarktaufsicht BaFin sieht hingegen keinen Anlass, das seit dem vergangenen Jahr in Deutschland geltende Verbot von ungedeckten Leerverkäufen - bei denen sich der Spekulant die verkauften Papiere nicht einmal geliehen hat - auf normale Leerverkäufe auszuweiten. Auch das Bundesfinanzministerium erklärte, es gebe keine solchen Pläne. Dennoch drückten Händlern zufolge Spekulationen über einen solchen Schritt den Dax deutlich ins Minus. Deutschland hatte alle Leerverkäufe auf Bankaktien in der Finanzkrise vorübergehend ebenfalls untersagt, nachdem die Werte stark unter Druck gekommen waren.

Schäuble sieht sich bestätigt

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach sich für Alleingänge bei der Marktregulierung aus, um den Auswüchsen des ungehemmten Finanzkapitalismus zu begegnen. "Wir brauchen mehr Grenzen und mehr Regeln." Er habe das Leerverkaufsverbot für Deutschland allein verfügt, weil ihm die Entscheidungen in Europa zu langsam vonstattengegangen seien. Damals sei er von der französischen Finanzministerin noch kritisiert worden. Er setze auf eine Vorbildwirkung.

"Wir müssen vorangehen. Wenn einer vorangeht, dann werden die anderen auch nachkommen", sagte der Minister in Frankfurt. Das gelte auch für die geplante Transaktionssteuer auf alle Börsengeschäfte, die weltweit nicht durchsetzbar sei. "Im Rahmen der G20 kriegen wir es auf absehbare Zeit nicht hin." Notfalls müssten die Euro-Länder vorpreschen. Banken und Börsenbetreiber warnen davor, dass die Anleger dann umgehend auf Börsenplätze wie London oder Singapur ausweichen dürften.

Effekt verpufft

Die Leerverkaufsverbote in den vier Ländern waren am 12. August verhängt worden, bis auf Belgien waren sie auf 15 Tage beschränkt worden. Aktien von BNP Paribas , Credit Agricole oder Societe Generale waren zuvor massiv unter Druck geraten. Seither ging die Talfahrt der Finanzwerte aber weiter. Der europäische Bankenindex verlor bis zum Donnerstag weitere 7,5 Prozent.

Experten zufolge werden Finanzwerte gerne als Vehikel für Spekulationen auf die Wirtschaftskraft eines Landes genutzt. Damit wirkten sie als Brandbeschleuniger in der Staatsschuldenkrise. Internationale Anleger können den Leerverkaufsverboten jedoch leicht ausweichen, indem sie andere Börsenplätze nutzen.

Quelle: ntv.de, nne/rts

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