Wirtschaft

Säbelrasseln vor Griechen-Wahl Merkel bleibt beim Spardiktat

Merkel leht eine Lockerung der Sparauflagen für Athen ab: Griechenland muss aufhören, Europa "am Nasenring durch die Manege zu führen".

Merkel leht eine Lockerung der Sparauflagen für Athen ab: Griechenland muss aufhören, Europa "am Nasenring durch die Manege zu führen".

(Foto: picture alliance / dpa)

Vor der Schicksalswahl in Griechenland fordert Angela Merkel von Athen, den Sparplan einzuhalten: Die Griechen müssten aufhören, Europa "am Nasenring durch die Manege zu führen", poltert die Kanzlerin. Doch weil Athen die EU mit dem Austritt aus der Eurozone erpresst, dürfte Brüssel neu verhandeln – Zugeständnisse im Poker mit den Spargegnern deuten sich bereits an.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat unmittelbar vor der Wahl in Griechenland jegliche Änderung am Sparpaket abgelehnt und ein Bekenntnis der Griechen zu den getroffenen Vereinbarungen verlangt. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die sich nicht an Abmachungen hielten, jeden anderen "am Nasenring durch die Manege führen", sagte Merkel. Entscheidend sei, dass aus der Wahl in Griechenland am Sonntag diejenigen Kräfte als Sieger hervorgingen und eine Regierung bildeten, die sich an die getroffenen Vereinbarungen hielten, betonte Merkel.

"Deshalb ist es so wichtig, dass auch bei der griechischen Wahl morgen möglichst ein Ergebnis herauskommt, bei dem diejenigen, die zukünftig eine Regierung bilden sagen: Jawoll, wir wollen uns an die Abmachungen halten. Das ist das Fundament auf dem Europa nur gedeihen kann", sagte Merkel. Auch mit Blick auf den geplanten Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin in Europa zeigte sich Merkel entschlossen: "Versprochen. Gebrochen. Nichts passiert. So geht das in Europa unter keinen Umständen weiter."

Athen erpresst Eurozone mit dem Austritt

In Griechenland wird am Sonntag das zweite Mal innerhalb von sechs Wochen ein Parlament gewählt, nachdem die erste Abstimmung zu keiner Regierungsbildung geführt hatte.  Durch den Sonderweg, den die EU Spanien bei seinem Rettungspaket einräumte, wittern nun auch die griechischen Parteien ihre Chance, das verhasste Sparpaket loszuwerden: Alle Parteien wollen inzwischen die Bedingungen des Sparpakets nachverhandeln.

Das radikale Linksbündnis Syriza hat von Anfang an angekündigt, bei einem Sieg den Sparpakt komplett aufzukündigen – damit drohen dem Land die Staatspleite und das Euro-Aus. Die konservative Neo Demokratia will zumindest niedrigere Zinsen und längere Laufzeiten heraushandeln. Bei den letzten Umfragen zwei Wochen vor der Wahl lagen Neo Demokratia und Syriza dicht beieinander. Ein Euro-Austritt Griechenlands wäre für den Rest der Eurozone allerdings verheerend. Die Zentralbanken der Welt bereiten für den Fall des "Grexit" offenbar bereits koordinierte Hilfsmaßnahmen für die Finanzmärkte vor, um Turbulenzen abzufedern.

Um sich in dem Poker mit den Spargegner nicht völlig erpressen zu lassen, bietet die EU nun offenbar Zugeständnisse an: Die Laufzeit des Sparprogramms soll gestreckt werden, damit wenigstens seine Substanz erhalten bleibt. Über die Laufzeit der Athener Sparprogramme könne noch einmal diskutiert werden, nicht aber über die Inhalte, zitiert das Magazin "Focus" aus der Umgebung des Eurogruppen-Chefs und luxemburgischen Premierministers Jean-Claude Juncker. Das Angebot, das Sparprogramm zeitlich zu strecken, gelte für jede Regierung, "die sich zur Substanz des Programms bekennt".

Juncker hatte sich bereits vor der ersten Parlamentswahl in Griechenland im Mai dafür ausgesprochen, den Griechen gegebenenfalls ein Jahr mehr Zeit zu geben, den im Gegenzug für die Milliardenhilfen vereinbarten harten Sparkurs umzusetzen. Auch der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger deutete in der "Welt am Sonntag" ein Entgegenkommen an: "Die Griechen müssen ihre Zusagen einhalten. Was den Inhalt angeht, gibt es keine Flexibilität, in Hinsicht auf die Umsetzung aber schon." Der Kompromiss wäre für die EU der sanfte Ausweg aus dem Dilemma: Sie könnte die Spargegner in Athen mit einer Streckung des Programms von ihrer Fundamentalopposition abbringen und gleichzeitig das Gesicht wahren.

"Keine Leistung ohne Gegenleistung"

Denn ein mögliches Einlenken Brüssels dürfte für eine Welle der Empörung sorgen: Auch andere Schuldenstaaten könnten dadurch in Versuchung geraten, ihre Sparauflagen loszuwerden. Die bisherige Geschäftsgrundlage der Euro-Rettung - Rettungspakete gegen Reformauflagen - wäre damit gescheitert. Bundeskanzlerin Angela Merkel fürchtet laut "Focus", dass die Krise unbeherrschbar werde, wenn die Griechen eine Sonderbehandlung erfahren. "Dann würden auch Spanien und Italien auf bevorzugte Behandlung pochen", hieß es nach Angaben des "Focus" im Kanzleramt.

Auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler warnte Griechenland daher davor, das Reform- und Sparprogramm aufzugeben. "Jede künftige Regierung wird den vereinbarten Spar- und Reformkurs fortsetzen müssen", sagte der FDP-Politiker der "Bild am Sonntag". "Ohne Reformen kann es kein weiteres Geld geben". Halte Griechenland die Vereinbarungen nicht ein, "zerstört es selbst die Grundlage für weitere Finanzhilfen. Hier gilt das Prinzip: Keine Leistung ohne Gegenleistung." Nachverhandlungen der Sparmaßnahmen, wie von den meisten griechischen Parteien gefordert, erteilte Rösler eine Absage: "Mit der FDP ist eine grundlegende Lockerung der vereinbarten Sparauflagen nicht zu machen."

"Grexit" würde neuen Lehman-Moment bedeuten

Am Ende könnten die Euro-Retter dennoch gezwungen sein, im Konflikt mit den Spargegnern in Athen einzulenken. Denn die Staatspleite und ein Euro-Aus könnten in anderen Schuldenstaaten der Währungsunion wie Spanien, Irland, Portugal und Italien und an den Finanzmärkte ähnliche Turbulenzen auslösen wie der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008. Sollte die radikale Linke bei der Parlamentswahl gewinnen, wären die Folgen für die Euro-Zone "nicht absehbar", sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker.

Der luxemburgische Ministerpräsident warnte vor einem Austritt des Landes aus der Euro-Zone und der Europäischen Union. "Unabhängig von ökonomischen und sozialen Folgen für Griechenland selbst, wäre es ein Schaden für die Eurozone und für den Zusammenhalt der Eurozone", sagte Juncker. Dies hätte eine "verheerende Signalwirkung".

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderte die Politiker der Eurozone auf, nach der Wahl möglichst rasch ein starkes Signal für den "gemeinsamen Willen "zu setzen, "die Währungsunion zu stärken". Ein solches Signal müsse möglichst bald, "vielleicht in weniger als drei Monaten" erfolgen, sagte Lagarde der französischen Zeitung "Libération".

Quelle: ntv.de, hvg/dpa/rts/AFP

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