Ernstfall für die Euro-Zone Merkel lässt Athen allein
29.01.2010, 07:17 UhrDie Haushaltsprobleme Griechenlands wachsen sich immer mehr zur Belastungsprobe für den europäischen Währungsraum aus. Einem Zeitungsbericht zufolge nimmt die Zahl der Sorgenkinder der Euro-Zone weiter zu. Finanzielle Hilfe für Athen lehnt Bundeskanzlerin Merkel ab, zu groß ist offenbar das Misstrauen gegenüber den griechischen Sparversprechen.
In der Euro-Zone wächst nach einem Bericht des "Handelsblatts" die Sorge über die tiefen ökonomischen Gräben quer durch die Währungsunion. Die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten klaffe in einem besorgniserregenden Ausmaß auseinander, zitiert die Zeitung aus einem ihr vorliegenden Erklärungsentwurf für die Sitzung der 16 Euro-Finanzminister Mitte Februar. Dabei konzentrierten sich die Befürchtungen nicht nur auf das hoch verschuldete Griechenland. Auch Irland, Spanien, Portugal und Zypern gäben Anlass zur Sorge.
In diesen fünf Ländern seien die ökonomischen Ungleichgewichte besonders groß, sie alle hätten erhebliche Probleme mit ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit bei Preisen und Produktionskosten, heißt es in dem Bericht weiter. Irland habe bislang als einziges dieser Länder begonnen, politisch gegenzusteuern. Eine zweite Länder-Gruppe weise ebenfalls besorgniserregende strukturelle Schwächen im Exportsektor auf. Dazu gehörten Belgien, Frankreich, Italien, Malta, Slowenien, die Slowakei und Finnland.
In einer relativ starken Wettbewerbsposition befänden sich nur vier Euro-Staaten, nämlich Deutschland, Luxemburg, die Niederlande und Österreich. Wirtschaftspolitischen Handlungsbedarf gebe es allerdings auch hier. Die vier Länder müssten die Qualität ihrer öffentlichen Finanzen verbessern, die Arbeitsmärkte reformieren und die Inlandsnachfrage stärken, etwa durch nachfragefreundliche Steuerreformen.
Unterstützung ausgeschlossen
Deutschland gerät einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge bei EU-Partnern unter Druck, sich an einer Rettungsaktion für das hoch verschuldete Griechenland zu beteiligen. In der EU und zwischen einzelnen Regierungen gebe es Gespräche über eine Nothilfe, berichtete das Blatt unter Berufung auf nicht näher genannte Informanten. Allerdings widersetze sich Bundeskanzlerin Angela Merkel Rettungsplänen, weil sie den griechischen Sparversprechen misstraue. Die Bundesregierung hatte bereits finanzielle Unterstützung für das wegen massiver Staatsverschuldung unter Druck geratene Land ausgeschlossen.

Rechtfertigung im Alpenstädtchen: Griechenlands Premierminister George Papandreou (links) spricht, Spaniens Premier Jose Luis Rodriguez Zapatero hört zu.
(Foto: REUTERS)
Die französische Zeitung "Le Monde" hatte zuvor berichtet, dass mehrere Länder der Euro-Zone Hilfen für Griechenland prüften. Darunter seien auch Deutschland und Frankreich, hieß es in dem Bericht unter Berufung auf hochrangige Repräsentanten in Europa. Die Bundesregierung reagierte abwehrend: Griechenland stehe in der Pflicht, aus eigener Kraft seiner Verantwortung für die Stabilität der Euro-Zone gerecht zu werden, erklärte eine Sprecherin des Finanzministeriums in Berlin. "Daher gibt es keine Überlegungen der Bundesregierung, Griechenland bei der Überwindung seiner schwierigen Haushaltslage finanziell zu unterstützen. Dies gilt sowohl für angebliche Hilfen der Eurozone als insbesondere auch für bilaterale Hilfen."
Papandreou: "Nein"
Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou sagte beim Weltwirtschaftsforum in Davos, die Regierung in Athen sei selbst dafür verantwortlich, ihr Haus in Ordnung zu bringen. Sie werde die EU nicht um weiteres Geld bitten. Auch bilaterale Darlehen würden nicht benötigt. Auf die Frage, ob Griechenland mit Frankreich oder Deutschland über Kredite verhandele, sagte Papandreou: "Nein".
Griechenland gehört zu den am stärksten verschuldeten Ländern der Euro-Zone. Das Staatsdefizit war 2009 mit 12,7 Prozent so hoch wie in keinem anderen Land der Euro-Zone. Wegen der Schuldenprobleme haben die Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit des Landes herabgestuft. Das hat Spekulationen über Gefahren für die Euro-Zone ausgelöst.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts