Zuckerbrot und Peitsche Moskau setzt Minsk Ultimatum
21.06.2011, 17:28 UhrWeißrussland kämpft mit einer schweren Wirtschaftskrise. Nun droht ein russischer Versorger, die Stromlieferungen einzustellen. Zugleich zahlt Moskau eine erste Tranche eines Milliardenkredits aus.
Der russische Energiekonzern InterRao hat dem wirtschaftlich stark angeschlagenen Weißrussland bis kommenden Montag Zeit gegeben, seine Schulden für Stromlieferungen zu begleichen. Andernfalls werde die Elektrizitätszufuhr gestoppt, sagte ein Firmensprecher. Eine ursprünglich für Dienstag 24.00 Uhr gesetzte Frist sei nach einer Krisensitzung um sechs Tage verschoben worden.
Der weißrussische Energiekonzern Belenergo hatte den Zeitplan zur Zurückzahlung von umgerechnet 37 Mio. Euro Schulden nicht eingehalten. Dieser Zeitplan war aufgestellt worden, nachdem InterRao Anfang Juni wegen der unbezahlten Schulden seine Stromlieferungen an das Nachbarland gedrosselt hatte.
Weißrussland bezieht etwa zehn Prozent seines Strombedarfs aus Russland, der Großteil wird im eigenen Land produziert. Die drohende Stromkappung bedutet einen weiteren Schlag für die 9,4 Mio. Weißrussen.
Weißrussland kämpft derzeit mit der schwersten Finanzkrise seit dem Ende der Sowjetunion. Der weißrussische Rubel hat seit Jahresanfang 35 Prozent an Wert verloren. In Belarus selbst kommt es zu Hamsterkäufen etwa in Elektronikläden und sogar von Salz. Das Land hat Auslandsschulden von 28,5 Mrd. Dollar angehäuft.
Zwar konnten sich die Weißrussen vor der Präsidentenwahl über eine 50-prozentige Erhöhung der Staatslöhne freuen. Dazu musste Präsident Alexander Lukaschenko aber mehr Geld drucken, wie die Zeitung "Komsomolskaja Prawda" erinnert. Die logische Folge sei der Verfall der Währung.
Zudem haben die EU und die USA das von Lukaschenko autoritär geführte Land mit Sanktionen belegt. Nach seiner umstrittenen Wiederwahl hatte der Staatschef eine Demonstration seiner Gegner gewaltsam auflösen und Dutzende seiner Kontrahenten in Straflager sperren lassen.
Kurzfristige Erleichterung für Lukaschenko dürften die 800 Mio. Dollar bringen, die Moskau am Dienstag an Minsk auszahlte. Das Geld ist die erste Tranche eines Kredits von drei Mrd. Dollar, den Russland sowie vier ehemalige Sowjetrepubliken geben. Moskau stellte aber die Bedingung, dass Weißrussland wichtige Betriebe privatisieren muss. Davon dürften vor allem russische Konzerne profitieren.
Lukaschenko ist ein entschiedener Verfechter der Staatswirtschaft. Am Freitag erklärte er, "keinen Zentimeter" von seinem Wirtschaftsmodell abweichen zu wollen. Er leugnete, dass sich sein Land in einer Wirtschaftskrise befinde, warnte aber, die Grenzen zu schließen, sollte sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtern. Der russische Finanzminister Alexej Kudrin sagte, in diesem Falle könnte die Auszahlung der weiteren Tranchen des Hilfskredits ausgesetzt werden.
Das russische Außenministerium kritisierte unterdessen die Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Weißrussland als "kontraproduktiv". Ein Sprecher sagte am Dienstag, solche "strengen Maßnahmen" seien nicht hilfreich zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Weißrussland. Die EU-Außenminister hatten am Montag eine Verschärfung der Sanktionen gegen die weißrussische Führung beschlossen. Die Sanktionen sind eine Reaktion auf die Repression der Opposition seit der umstrittenen Wiederwahl von Lukaschenko im Dezember.
Quelle: ntv.de, AFP/rts