Atom-Moratorium Netzagentur warnt vor Panik
24.04.2011, 14:19 UhrDer Atomausstieg werde keinen dramatischen Preisanstieg zur Folge haben, betont der Chef der Bundesnetzagentur. Die Debatte um einen Blackout durch das Abschalten der ältesten Meiler zur Sicherheitsüberprüfung werde "oft oberflächlich und interessengeleitet" geführt.
Der Chef der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, sieht die Stabilität der Stromnetze durch das Atom-Moratorium der Bundesregierung nicht gefährdet und warnt vor Panikmache durch die Energie-Industrie. Die Debatte um einen Blackout durch das Abschalten der ältesten Meiler zur Sicherheitsüberprüfung werde "oft oberflächlich und interessengeleitet" geführt, sagte Kurth dem "Spiegel".
Zwar habe die Sorge um die Stabilität der Netze einen berechtigten Hintergrund, die Art der Debatte sei aber nicht hilfreich. "Jetzt in Panik zu verfallen, bringt nichts", sagte Kurth. Die Angst vor Stromausfällen für die Interessen der Stromkonzerne zu nutzen, sei nicht zielführend. "Nach allem, was unsere Erhebungen ergeben haben, sind die Effekte des Moratoriums auf die Netze beherrschbar", stellte Kurth klar.
Meiler vom Netz genommen
Gleichwohl sei vorausschauendes Handeln nötig. So brachte der Behördenchef eine Verschiebung der Revision des Atomkraftwerks Brokdorf in Schleswig-Holstein in die Debatte, um einen Engpass in Norddeutschland im Sommer zu verhindern. Im Großraum Hamburg seien bereits die Meiler Krümmel und Brunsbüttel wegen Reparaturen vom Netz, das Atomkraftwerk Unterweser liege wegen des Atommoratoriums der Bundesregierung still.
Sollte wie geplant der Reaktor Brokdorf im Juni zur Revision heruntergefahren werden, sei die Netzstabilität gefährdet, warnte Kurth. Denkbar sei es daher, die Revision zu verschieben. Der angepeilte Atomausstieg könne insgesamt nur gelingen, wenn der Bau moderner Kraftwerke, vor allem von Gaskraftwerken, beschleunigt werde, mahnte Kurth.
Die Bundesregierung strebt nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima einen beschleunigten Ausstieg aus der Atomkraftnutzung an und hat die ältesten Meiler zur Sicherheitsüberprüfung vom Netz genommen.
"Auswirkungen nicht dramatisch"
Kurth wandte sich auch gegen die Behauptung, der Atomausstieg werde einen dramatischen Preisanstieg zur Folge haben. "Die Auswirkungen des Moratoriums auf den Strompreis sind zurzeit nicht dramatisch." Seriöse Berechnungen zur Entwicklung in der Zukunft seien derzeit noch nicht möglich.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) legte dagegen eine Untersuchung vor, derzufolge der Strompreis bei einer dauerhaften Abschaltung der acht ältesten Meiler sowie einer Beschleunigung des Atomausstiegs bis 2018 um kräftig steigen würde.
Laufe ab 2018 kein Atomkraftwerk mehr in Deutschland, koste eine Kilowattstunde Strom für Privathaushalte 2020 im Schnitt voraussichtlich 27,6 Cent, hieß es. Dies wäre ein Plus von 18 Prozent im Vergleich zu heute.
Damit wäre eine Kilowattstunde 0,9 Cent teurer, als wenn die Laufzeitverlängerung der schwarz-gelben Koalition beibehalten würde. Denn auch in diesem Fall würde eine Kilowattstunde 2020 laut Studie 26,7 Cent kosten. Das sind 14 Prozent mehr als heute.
Quelle: ntv.de, rts