JP-Morgan-Ermittlungen ausgeweitet Neuer Ärger für Zockerbank
01.06.2012, 11:51 Uhr
JP-Morgan-Chef Dimon muss noch vor dem US-Senat aussagen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Etwa 30 Mrd. Dollar Börsenwert vernichtet, dazu ein Milliardenverlust und ein Imageschaden: Das ist die bisherige Bilanz der Zockerei mit riskanten Papieren für die US-Großbank JP Morgan. Aber es kommt noch dicker: Neben der SEC untersucht nun auch der US-Regulierer CFTC die dubiosen Geschäfte und den damit möglicherweise einhergehenden Tatbestand des Betrugs.
Die Milliardenverluste von der US-Investmentbank JP Morgan Chase haben eine weitere Aufsichtsbehörde auf den Plan gerufen. Die Londoner Handelswetten werden nun auch vom amerikanischen Regulierer CFTC unter die Lupe genommen, der die Derivatemärkte beaufsichtigt. Die Behörde habe von der New Yorker Bank Emails und andere interne Dokumente angefordert, sagten mit dem Vorgang vertraute Personen.
Die CFTC nutzt dabei erstmals den Spielraum, den sie durch die Finanzmarktreform in den USA mit dem Dodd-Frank-Act erhalten hat. Das in Reaktion auf die Finanzmarktkrise von 2007 umfassend geänderte Finanzmarktrecht der USA ermöglicht es der CFTC nun, die Fehlleistungen im Handel bei JP Morgan zu untersuchen. Die Behörde konzentriere sich dabei vor allem auf das, was JP Morgan-Händler ihren Vorgesetzten und dem internen Risikomanagement-Team gesagt haben, nachdem ihre Wetten schiefgingen, sagten die Informanten.
Tatbestand des Betrugs
Die amerikanische Großbank hatte mit riskanten Geschäften über 2 Mrd. Dollar Verlust gemacht - eine Summe, die sich noch deutlich ausweiten kann: Auch von bis zu 7 Mrd. Dollar war in Kreisen schon die Rede. Die Einbußen stammen aus verpatzten Wetten auf Derivate, die im sogenannten Chief Investment Office der Bank getätigt wurden.
Sollte sich bei den Untersuchungen herausstellen, dass die Angestellten die Abteilungsleiter betrogen haben, so könnte dies gemäß den Vorgaben der CFTC den Tatbestand des Betrugs bedeuten. Die Untersuchung befinde sich noch in einem frühen Stadium, hieß es aus den Kreisen. Sie beschränke sich nicht nur auf das, was die Händler gesagt haben. Es sei zudem offen, ob die Untersuchung zu zivilrechtlichen Klagen gegen die Bank oder Einzelpersonen führen könnte. Ein Sprecher von JP Morgan wollte keinen Kommentar abgeben.
Marktwert und Image leiden
Außer von der CFTC werden die Handelsverluste der Bank in den USA derzeit auch vom Justizministerium und der Börsenaufsicht SEC untersucht. Auch London will Aufklärung. Dort befasst sich die Financial Services Authority mit der Angelegenheit. Die verlustbringenden Geschäfte wurden von Londoner Händler abgewickelt.
Der Marktwert von JP Morgan, gemessen an den Aktivposten die größte Bank der USA, ist seit Bekanntwerden der Milliarden-Verluste am 10. Mai um 29 Mrd. Dollar gesunken.
CFTC und SEC
Finanzinstrumente wie Kreditausfallversicherungen fallen seit der Reform des Finanzmarktrechts auch unter die Aufsicht der CFTC. Der Regulierer überwacht damit neben den Märkten mit einem Handelsvolumen von rund 40 Billionen Dollar auch den Derivatehandel, der auf ein Volumen von 300 Billionen Dollar kommt. Per Gesetz hat die Behörde nun auch die Befugnis, Betrug und Marktmanipulation anzugehen, sie darf dabei jegliches betrügerisches Verhalten untersuchen. Sie habe damit auch das Recht, in Fällen von Fehlverhalten zivilrechtliche Schritte einzuleiten, sagten die Informanten.
Dabei ist die Hürde für die CFTC für ein Eingreifen bei JP Morgan niedriger als für andere Behörden. Sie darf auch bei betrügerischen Aussagen zu Transaktionen tätig werden, bei denen es nicht um "bedeutende" Anteile an den gesamten Einnahmen des Unternehmens geht.
Anders ist dies bei der Börsenaufsicht SEC. Diese muss zunächst abwägen, ob die Informationen wichtig genug waren, um auch für die Aktionäre bedeutend gewesen zu sein. Allerdings gibt es keine festen Richtlinien dafür, wann Informationen - wie mögliche Handelsverluste - bedeutend werden und somit öffentlich gemacht werden müssen. Die SEC richtet ihre Untersuchung auf die Frage der "Angemessenheit und Vollständigkeit" der Finanzberichte der Bank.
Dimon muss aussagen
Juristen sprechen davon, dass mit der CFTC-Untersuchung Neuland betreten werde. Vor der Finanzmarktreform hatte die CFTC keine rechtliche Zuständigkeit, um Betrug am Swapsmarkt zu verfolgen, wie Michael Greenberger, Juraprofessor an der Universität von Maryland, sagte. Nun könne sie ihre "sehr weitreichende" Macht ausspielen, möglichem Fehlverhalten nachzugehen, so der ehemalige Director der Abteilung Trading and Markets bei der CFTC.
Auch die Politik will mehr wissen: Am 13. Juni wird JP-Morgan-Chef James Dimon vor dem Bankenausschuss des Senat aussagen, am 19. Juni vor dem Finanzausschuss des Repräsentantenhauses. Die Politiker interessiert vor allem, wie die Banken die so genannte Volcker-Regel umsetzen. Als Teil des Finanzmarktgesetzes verbietet diese den Banken den Handel auf eigene Rechnung.
Quelle: ntv.de, DJ