Inside Wall Street Neues Millionen-Büro
19.03.2009, 18:15 UhrEs ist die Woche der Gier und der grenzenlosen Verachtung an der Wall Street. Nachdem sich die Steuerzahler tagelang über Millionen-Boni bei AIG beklagt und erneut den Kongress eingeschaltet haben, kommt jetzt ein neuer Aufreger: Die Citigroup, ebenfalls vom Staat gerettet, plant ein 10 Millionen Dollar teures Chef-Büro. Die Bürger sind entsetzt.
Erst vor ein paar Wochen hat die einst weltgrößte Bank, die zur Zeit nur dank dreier Finanzspritzen aus Washington überlebt, die Bestellung eines neuen luxuriösen Firmenjets zurückziehen müssen. In das Theater um ein neues Flugzeug, in dem die Bosse auf weicheren Ledersesseln ein besseres Entertainment-System genießen wollten, hatte sich in letzter Instanz Präsident Barack Obama eingeschaltet - das Management spurte und verzichtete auf das Gerät.
30.000-Dollar-Teppich
Dass man jetzt schon wieder mit unnötigen Luxus-Ausgaben in die Schlagzeilen kommt, ist aus zweierlei Gründen nicht nachvollziehbar. Zum einen hätte man nach den Erfahrungen der letzten Wochen davon ausgehen können, dass der umstrittene Citi-CEO Vikram Pandit aus eigenem Antrieb auf teure Extras verzichtet. Zum anderen gibt es für das neue Büro einen Präzedenz-Fall. Der frühere Merrill-Lynch-Chef John Thain stürzte unter anderem über die abartig teure Renovierung seines Büros, in das unter anderem ein Teppich für 30.000 Dollar und ein Papierkorb für 1400 Dollar Einzug fanden.
Bei der Citigroup sind 3,2 Millionen Dollar für bauliche Maßnahmen an der neuen "Chief Executive Suite" geplant, also für das Versetzen von Wänden, für Leitungen und Feuerschutz. Weitere 7 Millionen gehen für Honorare an Planer und Architekten, für Büromöbel, Sitzgarnituren und einen Gefrierschrank samt Eismaschine drauf. Letzteres deutet darauf hin, dass die Planungen über schlichte Büros hinausgehen und mindestens eine Küche mit geplant wurde.
Die Citigroup verteidigt die Investition. Der Umzug einiger Chefs innerhalb des Gebäudes solle langfristig Geld sparen - doch da argumentiert man am Thema vorbei.
Kultur der Gier
Sparmaßnahmen sind in Krisenzeiten schön und gut. Doch hat die Regierung nicht etwa dafür Geld zur Verfügung gestellt, sondern zur verstärkten Bereitstellung von Kundenkrediten, mit denen die Citigroup - ebenso wie zahlreiche andere Banken, die von den jüngsten "Bailouts" profitierten - die versiegten Kreditströme wieder beleben sollten. Genau das ist bisher nicht passiert, dafür bekommen die Steuerzahler Tag für Tag neue haarsträubende Geschichten aufgetischt, in denen ihr hart verdientes Geld für Ledersessel, Highdef-Fernseher und andere Extras ausgegeben wird.
Das zeigt: An der Wall Street, wo die Geschäfte lange gut liefen und Gier zur Kultur gehört, hat man sich mittlerweile soweit vom Alltagsleben der übrigen Amerikaner entfernt, dass unnötige Luxus-Ausgaben längst nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Wenn CEOs vor dem Kongress um finanzielle Hilfe betteln und drastische Sparmaßnahmen ankündigen, dann meinen sie damit keine Kürzungen im eigenen Umfeld. Die Hybris der Top-Manager im US-Finanzwesen ist erstaunlich, und bis Jahresende werden noch einige Köpfe rollen. Das fordert das Volk.
Quelle: ntv.de