Fonterra-Molkereien im Visier Neuseelands Regierung erbost
06.08.2013, 10:45 UhrNach dem Bakterienfund in Molkereiprodukten von Fonterra schickt die aufgeschreckte neuseeländische Regierung Mitarbeiter los, um dem Skandal auf den Grund zu gehen. Die Gesundheit der Abnehmer steht an erster Stelle. Dazu kommen wirtschaftliche Sorgen: Fonterra ist für einen nicht unerheblichen Teil des Bruttoinlandsproduktes verantwortlich.
Ein Fonterra-Milchlaster in der Nähe von Hamilton. Das Unternehmen muss nun Vertrauen zurückgewinnen.
(Foto: REUTERS)
Nach dem Fund giftiger Bakterien in Produkten der neuseeländischen Molkerei Fonterra greift die Regierung ein: Der Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Stephen Joyce, sagte, er habe mehrere Mitarbeiter an Standorte des Unternehmens in Neuseeland und in Australien entsandt, die sicherstellen sollen, dass "exakte" Informationen fließen. Ein solches Eingreifen sei sicher "ungewöhnlich", die Verbraucher weltweit müssten aber wieder Vertrauen fassen, sagte der Minister. Fonterra, eine Genossenschaft aus mehr als 13.000 Bauern, ist die größte Molkerei des Landes und produziert fast 90 Prozent der Milchprodukte. Molkereiprodukte machen ein Viertel aller neuseeländischen Exporte aus, insgesamt tragen sie sieben Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei.
Am Samstag war bekannt geworden, dass in drei Lieferungen eines Molkekonzentrats von Fonterra das Bakterium Clostridium botulinum nachgewiesen worden war. Es kann eine schwere Lebensmittelvergiftung auslösen, an der Menschen sogar sterben können. Das Molkekonzentrat wird unter anderem in Milchpulver und Sportgetränken verarbeitet. Bislang gibt es aber keine Hinweise, dass jemand erkrankt sei.
"Frustrierende Informationspolitik"
Das mindert aber nicht den Ärger der neuseeländischen Regierung: Minister Joyce sagte dem Sender Radio New Zealand, die von Fonterra gelieferten Informationen hätten sich als falsch herausgestellt. Die mit Bakterien verseuchte Molke war im Mai 2012 hergestellt worden - Fonterra gab den Fund der Bakterien aber erst am Wochenende nach monatelangen Tests bekannt, also mehr als ein Jahr später. "Das ist alles sehr frustrierend", sagte Joyce. Nach Angaben des Ministers wurden 90 Prozent der mit den Bakterien verseuchten Molke bereits gefunden, die restlichen zehn Prozent dürften bis Mittwochnachmittag "lokalisiert" worden sein. Wie das Unternehmen mitgeteilt hat, wurden 38 Tonnen des 2012 hergestellten Proteinkonzentrats durch eine schmutzige Leitung verseucht. Das Konzentrat wurde von acht Firmen in sieben Ländern in 900 Tonnen Nahrungsmitteln verwendet.
Außer nach China wurde die Molke auch nach Australien, Malaysia, Saudi-Arabien Thailand und Vietnam verkauft und möglicherweise in Säuglingsmilch, Sportgetränken und anderen Produkten weiter verarbeitet. Keiner dieser Fonterra-Kunden ist in Europa. Besonders in China reagierte man verschreckt auf den Skandal, denn hier kam es bereits 2008 zu tragischen Vorfällen, nachdem ein einheimischer Produzent Babymilch mit der Chemikalie Melamin versetzt hatte, um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen. Sechs Babys starben, 300.000 wurden krank. Seitdem setzen chinesische Eltern auf Pulver aus dem Ausland.
Fonterra-Chef Spierings eilte dementsprechend sofort nach China und versprach volle Kooperation mit den Behörden und entschuldigte sich für den Skandal. Neuseelands Premierminister John Key hat bereits angekündigt, er werde dasselbe tun, sollte dies nötig sein. Das Land ist der größte Absatzmarkt des Unternehmens und hatte umgehend ein Importverbot für Fonterra-Waren verhängt und die Milchprodukte aus den Regalen genommen.
Quelle: ntv.de, sla/AFP/dpa