Wirtschaft

Inside Wall Street Obamas faules Job-Wunder

Gute Laune ist angesagt: Barack Obama bei seinem Besuch in Chattanooga.

Gute Laune ist angesagt: Barack Obama bei seinem Besuch in Chattanooga.

(Foto: dpa)

In den USA entstehen wieder mehr Jobs - Grund für Präsident Obama, sich einmal feiern zu lassen. Er sucht sich dafür die Stadt Chattanooga aus. Dort hält Obama nicht etwa bei VW, sondern bei Amazon eine Wohlfühlrede. Doch der Internetriese schafft nicht gerade die richtig tollen Arbeitsplätze.

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"Pardon me, boy, is that the Chattanooga Choo-Choo?" - Auf Track 29 fuhr die alte Dampflok damals ein. Barack Obama kam am Dienstag standesgemäß mit der Präsidentenmaschine Air Force One in jene Stadt, die noch heute stolz auf den alten Foxtrott ist, der erst mit Glenn Miller und viel später in Deutschland mit Udo Lindenbergs "Sonderzug nach Pankow" Furore machte.

Züge spielen in Chattanooga heute kaum noch eine Rolle - Autos schon eher. Volkswagen hat vor den Toren der Stadt mehr als eine Milliarde Dollar investiert, produziert hier Motoren für das US-Geschäft. Für die Wolfsburger ist Chattanooga eine Erfolgsgeschichte, für die Stadt ebenso. Hier hätte Barack Obama über wirtschaftlichen Aufschwung sprechen sollen, denn mit VW sind in den letzten Jahren nicht nur Jobs gekommen, sondern auch neue Ausbildungswege, von denen junge Leute in Tennessee möglicherweise über Generationen hinweg profitieren können.

Doch als amerikanischer Präsident hält man seine Wohlfühlreden nicht beim deutschen Autobauer. Viel lieber bei Amazon. Auch der Online-Händler hat in der Stadt eine gewaltige Präsenz, und kürzlich hat das Management auch noch erklärt, demnächst US-weit ganze 7000 neue Stellen zu schaffen. Das hört sich gut an, und das wollte Obama nutzen - der Präsident muss ja etwas vorzeigen können, wenn er in Zeiten anhaltend hoher Arbeitslosigkeit die frohe Botschaft einer wieder erstarkten US-Wirtschaft glaubhaft machen will.

Mit Amazon ist das aber so eine Sache... in Deutschland wurde der Internetriese ja kürzlich erst vom Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff unter die Lupe genommen. Der beschrieb eindrucksvoll die systematische Ausbeutung, die Leiharbeitsfirmen im Auftrag von Amazon ausüben: schwere Arbeit, lange Tage, keine Pausen, niedrige Löhne - in Deutschland dürfte Amazon etwas vom alten Glanz verloren haben.

Aufschwung mit Billigjobs

In den USA mögen die Arbeitsbedingungen für Amazon-Mitarbeiter besser sein als die für Leiharbeiter in deutschen Versandlagern, die richtig tollen Jobs schafft der Konzern aber auch hier nicht. 5000 der insgesamt 7000 neuen Stellen seien Lagerjobs mit 30 Prozent mehr Lohn als traditionelle Einzelhandelsjobs, schreibt Amazon stolz. Der Vergleich hinkt: Arbeitsplätze im Lager gegen den Einzelhandel, "das heißt ja, Äpfel und Birnen zu vergleichen", sagt Elizabeth Brennan vom Berufsverband der Lagerarbeiter.

Während der Durchschnittslohn im Einzelhandel bei 10,09 Dollar liege, kommt man im Lager auf durchschnittlich 13,50 Dollar - nicht jedoch bei Amazon, wohlgemerkt. Vom Unternehmen gibt es keine offiziellen Zahlen, doch die Arbeitsmarkt-Statistiker von Glassdoor.com spekulieren, dass Amazon rund 12 Dollar pro Stunde zahlt - deutlich weniger als der nationale Durchschnitt. Noch schlimmer: Selbst mit Nebenleistungen kommt der Amazon-Lagerarbeiter nur auf ein Jahresgehalt von rund 27.000 Dollar - damit liegt er nur knapp über der Armutsgrenze.

Es scheint als schaffe Amazon genau die Billigjobs, mit denen sich der wirtschaftliche Aufschwung eben nicht erreichen lässt. Die Demokraten haben im Wahlkampf immer wieder darauf verwiesen, als etwa der texanische Gouverneur und Präsidentschaftskandidat Rick Perry darauf verwies, dass ein Drittel der neuen Jobs in Amerika in seinem Staat, in Texas, geschaffen würden. Für die Statistik reichen Stellen mit Mindestlohn aus, Wohlstand bringen sie nicht. Dass den Demokraten dieser Umstand plötzlich weniger relevant erscheint, ist vielleicht ein Grund für die missmutige Stimmung der lokalen Medien rund um den Obama-Besuch. Die Chattanooga Times etwa rief dem Präsidenten zu, er solle sich seine Jobs "irgendwo hinschieben" - klare Worte einer frustrierten Bevölkerung.

Quelle: ntv.de

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