Auswege aus der Schuldenkrise Ökonomen deuten auf Portugal
27.06.2012, 10:01 Uhr
Sparen, stützen, reformieren, Steuern anheben: Portugal macht in den Augen der CEP-Experten vieles richtig.
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Der Kampf der Portugiesen gegen Staatsverschuldung und Investorenzweifel findet unter Fachleuten Lob und Anerkennung: Wirtschaftswissenschaftler der Freiburger Schule stufen den harten Sparkurs Portugals samt Steuererhöhungen und Einschnitten als vorbildlich für ganz Europa ein. Das Schicksal des Euro hängt demnach an Rom.

Kurzer Dienstweg im Parlament: Premier Pedro Passos Coelho spricht, Außenminister Paulo Portas reicht Finanzminister Vitor Gaspar Unterlagen.
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Das Beispiel des Euro-Mitglieds Portugal belegt nach Ansicht von Experten, dass sich Reformen lohnen. Die Kreditfähigkeit des Landes steige nach Berechnungen des Centrums für Europäische Politik (CEP) in Freiburg, berichtete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf eine ihr vorab vorliegende Studie. Von 2015 an könne das Land demnach wieder ohne Hilfsgeld auskommen und zum Reformvorbild werden. Für die weiteren Krisenländer Griechenland, Italien und Spanien stuft die CEP-Studie die Aussichten dagegen als dürftig ein.
Die Freiburger Ökonomen Lüder Gerken und Matthias Kulle haben demnach in ihrer Studie die Kreditfähigkeit der vier südeuropäischen Ländern mit einem Schuldenindex berechnet. Dieser Index stelle dar, inwiefern ein Land die Auslandsschulden zurückzahlen könne. Für Portugal sei er zwar negativ, habe sich jedoch im Vergleich zum Vorjahr gebessert.
"Es gibt substanzielle Beweise, dass die wirkt", sagte Gerken dem Blatt. Vor dem anstehenden EU-Gipfel appelliert er an die Politiker, den harten Pfad der Reformen weiter zu gehen. Vor allem von Roms Reformbereitschaft hänge die Zukunft der Eurozone ab.
Die Regierung in Lissabon bekräftige erst vor kurzem ihre Bereitschaft, alle mit den internationalen Geldgebern einzuhalten. Das hoch verschuldete Land werde die Vorgaben erfüllen, bekräftigte Ministerpräsident Pedro Passos Coelho zu Beginn der Woche, nachdem ein Misstrauensantrag der kommunistischen Partei gescheitert war.
Mehr als nur Einschnitte
Den eingeschlagenen Sparkurs will Portugals Regierungschef vorerst nicht verschärfen: Es sei zu früh, um weitere Maßnahmen in Betracht zu ziehen, sagte Passos Coelho. Finanzminister Vitor Gaspar warnte, die Euro-Schuldenkrise weite sich rasant über die Peripherie der Währungsgemeinschaft hinaus aus.
Portugal hat im Gegenzug für ein 78 Mrd. Euro schweres Hilfsprogramm von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds die Gehälter im öffentlichen Dienst gekürzt und die Steuern auf breiter Front angehoben. Unter dem Druck der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit erlebt das Land eine neue .
Allerdings halten sich Zweifel, das südeuropäische Land könnte die vereinbarten Ziele reißen und sich nicht wie angestrebt ab September kommenden Jahres wieder an den Anleihemärkte selbst finanzieren.
Die Regierung hatte zugesichert, das Haushaltsdefizit von 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2011 im kommenden Jahr auf drei Prozent zu drücken. Der Sparkurs schlägt sich allerdings auf die Wirtschaftsleistung nieder, die in diesem Jahr um drei Prozent schrumpfen dürfte.
Quelle: ntv.de, AFP/rts