Wirtschaft

Neue Realität Ökonomen senken Ölpreis-Prognosen

Öl ist derzeit so billig wie seit vielen Jahren nicht mehr.

Öl ist derzeit so billig wie seit vielen Jahren nicht mehr.

(Foto: REUTERS)

Der Ölpreis fällt schneller als Ökonomen ihre Vorhersagen nach unten korrigieren können. Viele Volkswirte rechnen zwar damit, dass Öl im kommenden Jahr kräftig teurer wird. Doch werden sie damit Recht behalten?

Der stetige Rückgang der Ölpreise hat die Vorhersagen von Volkswirten zur Preisentwicklung im kommenden Jahr über den Haufen geworfen. Die von der Nachrichtenagentur Dow Jones befragten Ökonomen korrigierten ihre Prognosen für die Nordseesorte in der jüngsten Umfrage kräftig.

Für das kommende Jahr gehen die Ökonomen nunmehr im Schnitt von einem Brent-Preis in Höhe von 52,50 US-Dollar pro Fass aus. Das sind rund zehn Prozent weniger als die bisherige Prognose von 58 Dollar. Die Umfrage wurde allerdings vor dem jüngsten Preisrutsch durchgeführt, derzeit kostet ein Barrel Nordseeöl etwas mehr als 38 Dollar.

Die befragten Ökonomen gehen davon aus, dass Öl im nächsten Jahr kontinuierlich teurer wird. Von 47,50 Dollar im ersten Quartal über 50 Dollar im zweiten und 55 im dritten bis auf 58,00 Dollar im vierten Quartal. Nach den jüngsten Rückgängen würde das bedeuten, dass Öl im ersten Quartal schon 20 Prozent teurer ist als bisher. Die russische Regierung ist vorsichtiger: Sie geht davon aus, dass Öl zeitweise lediglich 30 Dollar pro Fass kosten wird.

US-Unternehmen halten ihre Produktionsmengen hoch

Eine wesentliche Ursache für das billige Öl ist, dass die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) ihre Förderung trotz schwacher Nachfrage nicht drosselt. Die Golfstaaten um Saudi-Arabien wollen damit Konkurrenten mit höheren Produktionskosten - vor allem in den USA- aus dem Markt drängen.

Dieser Plan geht aber wohl nicht so schnell auf wie erhofft. Zwar sinkt die Förderung von US-Schieferöl seit einiger Zeit, aber dies viel langsamer als angesichts des Rückgangs der aktiven Bohrungen zu erwarten wäre. Viele der US-Unternehmen sind verschuldet und halten ihre Produktionsmengen hoch, um trotz des sinkenden Preises ihre Verbindlichkeiten bedienen zu können.

Analysten sehen die derzeit niedrigen Ölpreise mit gemischten Gefühlen. "Konjunkturell gesehen ist das sogar günstig, aber mit Blick auf die Finanzmärkte bedenklich, denn das erhöht die Risikoaversion", sagte Deka-Bank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Und Russ Koesterich, globaler Chef-Investmentstratege bei Blackrock, meinte: "Die niedrigen Rohstoffpreise mögen gut für den Konsum sein, Investoren werden aber angesichts des Preiskollapses skeptisch, was das Wachstum angeht und sehen Potenzial für Deflation."

"Das Überangebot wird sehr lange bleiben"

Die Europäische Zentralbank mag das ähnlich sehen. Ein sinkender Ölpreis bedeutet Abwärtsdruck auf die Inflation und damit auch auf die Inflationserwartungen. Die Inflation im Euroraum liegt derzeit bei 0,1 Prozent. Die EZB strebt mittelfristig knapp 2 Prozent an.

Allerdings war ihr volkswirtschaftlicher Stab bei der Formulierung der jüngsten makroökonomische Prognosen recht vorsichtig und legte für 2016 einen durchschnittlichen Brent-Preis von 52,20 Dollar zugrunde. Ohne kräftige Anstiege in nächster Zeit dürfte aber auch das kaum zu erreichen sein. Und das wiederum erscheint kaum realistisch. Deka-Bank-Chefvolkswirt Kater: "Das Überangebot wird sehr lange bleiben - wer in Rohstoffe investieren will, braucht einen sehr langen Atem."

Quelle: ntv.de, jga/DJ

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