Wirtschaft

Kommt die nächste Abwrackprämie? Paris streitet über Diesel-Autos

Ein Citroen C2 Diesel: Seine Fahrer könnten von einer möglichen Diesel-Abwrackpränie profitieren.

Ein Citroen C2 Diesel: Seine Fahrer könnten von einer möglichen Diesel-Abwrackpränie profitieren.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

In Frankreich fahren rund 60 Prozent aller Autos mit Diesel - so viele wie in kaum einem anderen westeuropäischen Land. Der Grund sind steuerliche Vorteile, die den klammen Staat jährlich Milliarden kosten. Die Rufe nach einer Abschaffung werden deshalb immer lauter. Allerdings steckt auch die französische Autoindustrie in der Krise und die Regierung damit in einer Zwickmühle.

In Paris herrscht derzeit gleich doppelt dicke Luft: Die Behörden warnten zu Wochenbeginn vor einer erhöhten Feinstaubbelastung in der französischen Hauptstadt und riefen Ältere, Kinder und Asthma-Kranke zu besonderer Vorsicht auf. Zugleich gibt es in der Regierung Streit über den Umgang mit Diesel-Autos, die für diese Belastung mitverantwortlich sind. Zwar fordern einige Minister eine Abkehr von den besonders beliebten Diesel-Pkw - gleichzeitig aber will die Regierung weder die Autofahrer erzürnen, noch der Autoindustrie schaden. Jetzt ist eine Art Abwrackprämie für Diesel im Gespräch.

Den Anstoß für die Debatte gab Ende vergangener Woche der französische Rechnungshof: Das Gremium rechnete vor, dass dem Staat wegen des niedrigeren Steuersatzes auf Diesel pro Jahr 7 Mrd. Euro entgehen. Diesel wird derzeit mit 43 Cent pro Liter besteuert, Benzin dagegen mit 61 Cent.

"Zweifellos krebserregend"

Umweltministerin Delphine Batho plädierte umgehend dafür, die Steuern anzugleichen - und verwies auf die von Diesel ausgehende Gesundheitsgefahr, vor der "man nicht mehr die Augen verschließen darf". Die grüne Wohnungsbauministerin Cécile Duflot sprang der Sozialistin bei und kritisierte den Steuervorteil für Diesel als "für die Gesundheit gefährlichen Anachronismus".

Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte Diesel im Juni vergangenen Jahres als zweifellos krebserregend ein. Allein in  Frankreich werden jedes Jahr rund 40.000 Todesfälle mit Feinstaub in Verbindung gebracht, der unter anderem bei der Dieselverbrennung entsteht.

Diesel-Abwrackprämie?

In Frankreich aber fahren - unter anderem wegen der steuerlichen  Vorteile - rund 60 Prozent aller Autos mit Diesel, und damit so viele wie in kaum einem anderen westeuropäischen Land. Mit einer  Erhöhung der Diesel-Steuer würde die Regierung den Unmut vieler  Franzosen auf sich ziehen, nachdem die Spritpreise im vergangenen Jahr bereits auf Rekordwerte geklettert waren. Sturm laufen dürfte auch die heimische Autoindustrie, die ohnehin in einer schweren Krise steckt. Vor allem der schwer angeschlagene Autobauer PSA Peugeot Citroën hat voll auf Diesel gesetzt.

Industrieminister Arnaud Montebourg wandte sich daher sofort gegen eine höhere Besteuerung von Diesel: Autofahrer und Autobauer dürften nicht "bestraft" werden, vor allem dürfe nicht die Kaufkraft der Mittelklasse und von Familien mit niedrigem Einkommen geschwächt werden. Finanzminister Pierre Moscovici beeilte sich zu beteuern, es sei derzeit "keinerlei Erhöhung der Besteuerung von Diesel geplant".

Wohl aber gibt es Pläne, mit finanziellen Anreizen ältere Diesel-Autos aus dem Verkehr zu ziehen, die besonders umweltverschmutzend sind, wie das Industrieministerium bestätigte. Das Wort "Abwrackprämie" will die Regierung nicht in den Mund nehmen: Die habe sich in der Vergangenheit als viel zu teuer erwiesen und zudem den Kauf von Autos ausländischer Marken gefördert, gaben Umweltministerin Batho und Industrieminister Montebourg unisono zu Protokoll.

Stattdessen ist von einer "Umwandlungsprämie" die Rede, ohne dass aber klar wird, was der Unterschied zu einer Abwrackprämie sein soll. Ohnehin gibt es noch viele Fragezeichen: Soll die Prämie nur für die sieben Millionen Diesel-Fahrzeuge auf Frankreichs Straßen gezahlt werden, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden? Oder auch für ältere Benziner? Soll der Kauf von Elektroautos und Fahrzeugen mit Hybrid-Antrieb besonders gefördert werden - oder womöglich auch der von modernen Diesel-Pkw?

Umweltministerin Batho sieht auch moderne Diesel-Autos kritisch, die noch feinere Partikel und zudem gesundheitsschädliche Stickoxide ausstießen. Montebourg aber hält an der Diesel-Technologie fest: "Wir müssen eine Formel finden, die nicht das Made in France angreift. Denn beim Diesel sind wir die besten."

Quelle: ntv.de, AFP

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