Moody's und S&P stufen herab Petroplus kämpft ums Überleben
29.12.2011, 18:08 UhrDie Lage für Europas größten unabhängigen Ölverarbeiter Petroplus wird immer schwieriger. Standard & Poor's und Moody's zweifeln an der Zahlungsfähigkeit. Sie senken das Rating des in der Schweiz ansässigen Unternehmens. Das Problem des Konzerns ist, dass er im Gegensatz zu den großen Ölkonzernen keinen Zugriff auf eine eigene Ölförderung hat.
Die Lage des angeschlagenen Raffineriebetreibers Petroplus spitzt sich zu: Nach Einschätzung der großen Rating-Agenturen Moody's und Standard & Poor's (S&P) ist die kurzfristige Zahlungsfähigkeit des mit 2500 Beschäftigten größten unabhängigen Ölverarbeiters in Europa infrage gestellt. Wenn die Banken nicht - trotz der Rating-Herabstufungen - bald neue Kredite geben, kann der seit 2008 in der Verlustzone operierende Konzern kein Rohöl mehr kaufen und muss seine fünf Raffinerien wohl herunterfahren.
Moody's nahm das Rating auf CAA1 von B2 zurück. S&P senkte die Bonitätsnote auf CCC+ von B. "Wir schätzen die Liquiditätslage von Petroplus als schwach ein", erklärte S&P. Es sei ungewiss, ob der Konzern allen seinen finanziellen Verpflichtungen termingerecht nachkommen könne. Moody's zeigte sich hochgradig besorgt über die kurzfristige Zahlungsfähigkeit des Konzerns.
. Rohölhändler erklärten daraufhin, sie würden keine Lieferverträge mit Petroplus mehr abschließen. Laut einem Petroplus-Insider verfügen die Raffinerien nur noch über Vorräte für einige Tage.
Das Problem des Konzerns ist, dass er im Gegensatz zu den großen Ölkonzernen keinen Zugriff auf eine eigene Ölförderung hat und teuer am Markt einkaufen muss. In der Ölverarbeitung sind die Gewinnmargen branchenweit unter Druck, aber Petroplus hat keine anderen Einnahmequellen.
Diese einseitige Strategie sei von Anfang an gefährlich gewesen, sagte ein leitender Ölhändler einer europäischen Bank. Petroplus müsse die Suche nach einem nachhaltigen Geschäftsmodell in einem sehr schwierigen europäischen Raffineriemarkt beschleunigen, forderte Moody's. Petroplus betreibt unter anderem Raffinerien im bayerischen Ingolstadt und in Cressier in der Westschweiz.
Kommt ein weißer Ritter?
Zwei Firmen-Insider erklärten, es sei ein Rettungsplan in Arbeit und bis Ende der Woche werde man mehr wissen. "Wir arbeiten an einem Plan, um Petroplus zurück ins Geschäft zu bringen", erklärte ein hochrangiger Petroplus-Mitarbeiter. Das Konzept könnte auf eine nicht bankenabhängige Finanzierung des Rohölnachschubes abzielen, sagte ein Branchenbeobachter. Petroplus könnte in Zukunft Rohöl nur noch im Auftragsverhältnis verarbeiten.
Die eigentlichen Kreditverhandlungen muss der Konzern mit einem Konsortium aus gut einem Dutzend europäischen Geldhäusern führen. Dazu zählen nach Angaben aus der Branche Commerzbank und Deutsche Bank und aus der Schweiz Credit Suisse und UBS. Mit welchem Anteil die einzelnen Banken beteiligt sind, ist nicht bekannt.
Nach Einschätzung von Branchenexperten kann der Konzern auf einen weißen Ritter hoffen oder versuchen, das Geschäft zurückzufahren. Das, so die Spekulationen weiter, könnte vor allem die Raffinerie Petit Couronne in Frankreich treffen, wo 550 Arbeitskräfte beschäftigt sind. Die wolle niemand kaufen.
Die Anlage in Ingolstadt mit einem Tagesdurchsatz von 110.000 Barrel Rohöl gilt nach Ansicht von Analysten als modern und rentabel, ebenso die Raffinerie im britischen Coryton. Die Anlage in Cressier ist mit einem Tagesdurchsatz von 68.000 Barrel und 250 Beschäftigten die kleinste der Petroplus-Raffinerien.
Quelle: ntv.de, wne/rts