Wirtschaft

Renditen auf Rekordniveau Portugal macht Sorgen

Ist Portugal der nächste Pleite-Kandidat?

Ist Portugal der nächste Pleite-Kandidat?

(Foto: dpa)

Portugal wird gerne als leuchtendes Beispiel für den Erfolg harten Sparens genannt. Doch ein Blick auf den Anleihemarkt sät Zweifel an diesem Urteil. Die Renditen der Anleihen des Landes erreichen neue Höhen – und verstärken damit die Sorgen der Euro-Retter.

Portugals Probleme wachsen: Knapp neun Monate nach dem das Land unter den Rettungsschirm geschlüpft ist, schrillen die Alarmglocken am Tejo kurz vor dem EU-Gipfel wieder laut. Die Furcht wächst, dass Portugal nach Griechenland der nächste Pleitekandidat in der Euro-Zone wird.

Investoren sehen die Zahlungsfähigkeit Portugals zunehmend skeptisch. Die Renditen der fünf- und zehnjährigen Papiere des Landes kletterten auf den höchsten Stand seit Einführung des Euros. Bei fünf - und zehnjährigen Titeln stiegen sie auf 20,91 beziehungsweise 15,66 Prozent. Das Land war im vergangenen Jahr unter den europäischen Rettungsschirm geschlüpft, durch den es im bis 2013 rund 78 Mrd. Euro erhält. Portugal konnte sich am Markt nicht mehr refinanzieren – damals lagen die Renditen allerdings noch deutlich unter dem jetzigen Niveau.

Diskussion um Schuldenschnitt

Unter den so genannten Schuldensündern galt Portugal im Fach "Sparen und Sanieren" aber als braver Musterschüler. Für die Spar- und Reformbemühungen erhielt die Regierung Bestnoten. Doch schon nach wenigen Monaten Schonfrist kreist der Pleitegeier wieder. Das von Schulden und Rezession geplagte Land werde neue Finanz-Hilfe und eventuell sogar einen Schuldenschnitt benötigen, warnen zahlreiche Experten im Im- und Ausland.

Regierungschef Pedro Passos Coelho versucht, die Wogen zu glätten: "Wir werden weder mehr Geld noch mehr Zeit brauchen", beteuert der liberal-konservative Politiker. Doch damit konnte er Skeptiker nicht überzeugen. Sowohl der Präsident des Industrieverbandes CIP, António Saraiva, als auch der Ex-Notenbankchef und -Finanzminister Jacinto Nunes meinen, das Land werde 30 Mrd. Euro zusätzlich benötigen.

Dabei hatte Portugal die von der EU im Gegenzug zu den Milliardenhilfen verlangten Maßnahmen umgesetzt. Erst vor wenigen Tagen unterzeichneten Unternehmer und Gewerkschaften ein Abkommen über weitgreifende Arbeitsmarktreformen. Die mit den Geldgebern vereinbarten Defizitziele sollen dank Ausgabensenkungen und Steuererhöhungen erreicht werden. Ein Privatisierungs-Programm wurde mit dem Verkauf des Stromriesen EDP erfolgreich gestartet.

Die Skepsis wächst

Portugal sei ein gutes Beispiel dafür, dass Sparen allein nicht genug sei, meinte denn auch der HSCB-Chefsvolkswirt Stephen King am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos: "Schauen Sie sich Portugal an. Hat alles richtig gemacht, gespart und saniert, die von der EU diktierten Programme durchgeführt. Und doch sind die Renditen unglaublich hoch." Die Kombination von Null Wachstum und schmerzhaft hohen Zinsen sei nicht tragbar, sagte King.

Wirtschaftsprofessor Paulo Trigo Pereira von der Technischen Universität Lissabon ist davon überzeugt, dass nach der für 2012 geschätzten Rezession von über drei Prozent die Wirtschaft auch 2013 weiter schrumpfen wird. "Und ohne Wachstum haben wir keine Chance. Wir werden die Euro-Zone verlassen und einen Schuldenerlass beantragen müssen", sagt er. "Horrorstory" titelte der Universitätprofessor Luciano Amaral seine Kolumne für das Massenblatt "Correio da Manha": "Seit 10 Jahren sparen wir. Ist es nicht an der Zeit, etwas anderes zu probieren?".

Eine sehr düstere Zukunft sieht der Sozialist Mario Soares. Der legendäre frühere Regierungschef und Präsident, der Portugal nach der Nelkenrevolution von 1974 führte, sieht vor dem Hintergrund der zunehmenden Proteste und Streiks sogar die Demokratie in Gefahr. "Wenn sogar die Militärangehörigen auf die Straßen gehen, dann müssen wir endlich aufwachen. Wenn die ernst machen sollten, wird uns dann die Troika helfen?", fragte er auf einem Seminar in Lissabon. Nötig sei Wachstum. Er hoffe, so Soares, auf den EU-Gipfel.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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