Insolvenz beantragt Q-Cells wirft das Handtuch
02.04.2012, 15:29 UhrDer Pleitegeier ist gelandet: Nachdem eine Einigung mit den Gläubigern scheitert, sieht Q-Cells keine "Fortführungsprognose" mehr und bereitet einen Insolvenzantrag vor. Das Management hofft auf eine Zukunft mit Hilfe des Insolvenzverwalters. Was das für die Mitarbeiter bedeutet, ist noch unklar.
Mit dem Solarkonzern Q-Cells hat die Pleitewelle in der deutschen Solarbranche nun auch den einstigen Börsenstar aus Ostdeutschland erwischt. Das Unternehmen werde an diesem Dienstag einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen, teilte Q-Cells mit. Damit drohen 2.200 Stellen bei dem früheren Vorzeigeunternehmen der deutschen Solarbranche wegzufallen.
Noch am Morgen hatte eine Sprecherin Gerüchte um einen Insolvenzantrag in dieser Woche unkommentiert gelassen. Das Sanierungskonzept war gescheitert, weil einzelne Gläubiger sich dagegen stemmen.
Streit mit Gläubigern
Ursprünglich hatte die Firma im Februar mit Gläubigern einen Schulden- und Kapitalschnitt vereinbart, die damit auf Auszahlungen verzichten wollten. Im Gegenzug sollten sie Anteile an dem Solarunternehmen übernehmen. Zuletzt sah das Unternehmen seine Pläne aber durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in einem ähnlich gelagerten Fall, der den Holzverarbeiter Pfleiderer betraf, gescheitert.
Angesichts des Urteils sei dem Restrukturierungskonzept die Basis entzogen worden, hieß es weiter. Es sei nicht anzunehmen, dass das Gericht seine Ansicht ändere. "Nach intensiver Prüfung von alternativen Konzepten zur Umsetzung der Finanzrestrukturierung ist das Management zu der Einschätzung gelangt, dass die Fortführungsprognose für das Unternehmen nicht mit hinreichender rechtlicher Sicherheit wiederhergestellt werden kann", erklärte Q-Cells. Ziel sei es nun, gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.
Noch am Montagvormittag hatte der Anwalt der Anleihenbesitzer Anwalt Peter Dreier Bereitschaft zu Verhandlungen signalisiert. "Leider haben alle versagt, die auf Seiten Q-Cells beteiligt waren", sagte Dreier nach der Insolvenz-Ankündigung. "Gewonnen haben nur die beteiligten Berater."
Ungewissheit für Mitarbeiter
Der Solarkonzern beschäftigte zuletzt fast 2200 Mitarbeiter, viele davon in der früheren Braunkohle-Region Bitterfeld. Vergangenes Jahr war der Verlust mit 846 Mio. Euro fast so hoch wie der Umsatz, der um ein Viertel auf rund eine Milliarde Euro eingebrochen war.
Die Gewerkschaft IG BCE hofft, dass das Unternehmen auch nach einer Pleite weitergeführt werden kann. "Selbst eine Insolvenz heißt nicht zwangsläufig, dass Arbeitsplätze in Größenordnungen verloren gehen", sagte die Vize-Bezirksleiterin Sylke Teichfuß. Allerdings rechne sie nach dem Insolvenzantrag nun mit Entlassungen.
Teichfuß betonte, Deutschland habe sich zur Energiewende bekannt und wolle auf Atomkraft verzichten. Daher seien Firmen im Bereich Erneuerbare Energien notwendig. "Ich denke, dass Q-Cells Zukunft hat", sagte Teichfuß
Strahlendes Vorzeigeunternehmen
Das Ende 1999 gegründete Unternehmen galt lange als Vorzeigeprojekt für die Ansiedlung von Zukunftstechnologien in Sachsen-Anhalt. Q-Cells startete 2001 mit anfangs nur 19 Mitarbeitern die Produktion von Silizium-Solarzellen.
Die Solarindustrie in Deutschland, die lange als Vorzeigebranche galt, kriselt schon seit längerem beträchtlich. Der Preisverfall für Solarmodule, die Kürzung der staatlichen Solarförderung und vor allem die billige Konkurrenz aus China bereiten dem Sektor enorme Schwierigkeiten. Die Branche wirft der chinesischen Konkurrenz vor, durch unbegrenzten Zugang zu billigen Krediten vom Staat subventioniert zu werden.
Auch der Solaranbieter Solon hatte Mitte Dezember Insolvenz angemeldet. Konkurrent Sunways rettete sich Anfang des Jahres in die Arme des chinesischen Wettbewerbers LDK Solar, an den das Unternehmen für 2,2 Mio. Euro einen Anteil von 33 Prozent veräußerte. Ende 2011 hatte außerdem das Solarunternehmen Solar Millennium Insolvenzantrag gestellt. Der Erlanger Konzern produziert allerdings eine andere Technik - für solarthermische Kraftwerke, die vor allem in sonnenreichen Ländern zum Einsatz kommen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP