Übernahmehürde beseitigt, Kurs steigt Rhön-Klinikum dämpft Übernahmefantasien
13.06.2013, 12:30 Uhr
Neuer Anlauf von Fresenius bei Rhön Klinikum?
(Foto: picture alliance / dpa)
2012 versucht Fresenius Rhön-Klinikum zu kaufen. Doch der Deal scheitert an einer zu hohen Übernahmehürde. Die Aktionäre reagieren, die Grenze fällt. Das Resultat: neue Übernahmespekulationen und eine Kursexplosion. Aber Rhön rudert zurück.
Der Kurs von Rhön-Klinikum überrascht die Anleger der Klinikkette: Er zieht deutlich an. Vorbörslich waren es mehr als 15 Prozent, nach Handelseröffnung dann mehr als 8 Prozent. Danach bröckelte der Kurs weiter und setzte sich bei rund 6,5 Prozent fest.
Hintergrund: Rhön-Klinikum will Spekulationen auf ein erneutes Übernahmeangebot des Gesundheitskonzerns Fresenius bremsen. Der Vorstand wolle deutlich machen, dass durch die beschlossene Satzungsänderung nicht automatisch auf einen erneuten Übernahmeversuch durch Fresenius geschlossen werden könne, hieß es von Unternehmensseite.
Auf der Hauptversammlung hatten die Aktionäre mit denkbar knapper Mehrheit die 90-Prozent-Hürde für wichtige Unternehmensentscheidungen in der Satzung gekippt. An der Klausel war im vergangenen Jahr die geplante Übernahme von Rhön durch Fresenius gescheitert.
Auf dem Aktionärstreffen waren rund 64 Prozent des stimmberechtigten Kapitals anwesend. Für den Vorschlag zur Abschaffung der 90-Prozent-Hürde stimmten 90,54 Prozent. An der 90-Prozent-Hürde war 2012 der geplante Kauf von Rhön durch den Gesundheitskonzern Fresenius gescheitert. Fresenius notierte leicht schwächer.
Pensionsfonds brachte Klausel auf Agenda
Auch für die Abschaffung der Klausel mussten - letztmalig - mindestens 90 Prozent des anwesenden Aktienkapitals votieren. Erreicht wurden 90,54 Prozent Ja-Stimmen, 9,46 Prozent stimmten dagegen. Die Rhön-Führung wollte das Abstimmungsergebnis noch erläutern. Insgesamt waren auf dem Treffen rund 64 Prozent des stimmberechtigten Kapitals anwesend.
Der Aufsichtsrats-ChefEugen Münch hatte bei den Aktionären für die Streichung geworben, um die Klinikgruppe für größere Zusammenschlüsse zu öffnen. Denn Münch sieht die Zukunft der privaten Klinik-Betreiber in großen integrierten Gesundheitskonzernen. Da die 90-Prozent-Hürde nun gekippt wurde, können Rhön-Großaktionäre wie der Klinik-Rivale Asklepios und der hessische Medizintechnik-Konzern B. Braun Melsungen künftig nicht mehr so leicht eine eventuelle Übernahme von Rhön blockieren. Münch hatte die Kritiker auf dem Aktionärstreffen aufgefordert, ihre Haltung zu überdenken. "Ich glaube, es geht nicht um Gesichtsverlust", sagte er.
Der schwedische Pensionsfonds Alecta, der knapp zehn Prozent der Rhön-Anteile besitzt, hatte die Änderung der Satzung auf die Tagesordnung setzen lassen. "Wir sind der Auffassung, dass sich diese Klausel inzwischen zum Hemmschuh für die Weiterentwicklung des Unternehmens entwickelt hat", argumentierte Alecta-Vertreter Marcus Lüttgen. Die Bestimmung war einst in die Satzung genommen worden, um eine feindliche Übernahme des Unternehmens zu verhindern. Doch bei der Fresenius-Offerte zeigte sich, dass durch sie auch eigene Fusionspläne wackeln. Denn Asklepios und der hessische Medizintechnikkonzern B. Braun hatten das Vorhaben verhindert, indem sie sich in dem Übernahmepoker mit Beteiligungen an Rhön in Stellung brachten. Aktuell halten fünf Großaktionäre zwischen fünf und 12,5 Prozent der Rhön-Stimmrechte, Asklepios, B. Braun und Fresenius besitzen jeweils mindestens fünf Prozent. Die Familie Münch hält rund 12,5 Prozent der Anteile.
"Ich wäre nie darauf gekommen, dass ein langjähriger Lieferant - anstatt mit uns über Lieferungen zu verhandeln - Anteile kauft", sagte Münch an die Adresse von B. Braun. Auch der Wettbewerb mit Asklepios sei bis dahin stets fair gewesen, es habe nie Krieg gegeben. Ihn habe deshalb das Vorgehen der beiden Unternehmen im vergangenen Jahr überrascht, sagte Münch den versammelten 550 Aktionären.
Aktionärvertreter sparten auf dem Treffen nicht mit Kritik an der Rhön-Führung. "Der gescheiterte Übernahmeversuch hat tiefe Spuren in ihrem Unternehmen hinterlassen", sagte Andreas Schmidt von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Irgendjemand müsse für das Scheitern die Verantwortung übernehmen. Julia List von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) kritisierte, die 90-Prozent-Hürde habe sich als Bremsklotz für das Unternehmen erwiesen. Das zeige sich auch in den Geschäftszahlen. Der Gewinn des Klinikkonzerns war im vergangenen Jahr eingebrochen.
Quelle: ntv.de, rts/DJ/dpa