Wirtschaft

Ausblick gesenkt Russland erhält Warnschuss von S&P

Präsident Putin muss sich Warnungen nun auch von einer Ratingagentur anhören.

Präsident Putin muss sich Warnungen nun auch von einer Ratingagentur anhören.

(Foto: REUTERS)

Der Wind weht zunehmend frischer: Die Ratingagentur S&P stellt Russland angesichts des Krim-Konflikts eine Abstufung der Kreditwürdigkeit in Aussicht. Zudem wächst der Pessimismus bei den Anlegern. Hoffnung kann sich dagegen die Ukraine machen.

Die politischen und wirtschaftlichen Folgen der Krim-Krise setzen die Bonitätsnote Russlands bei der Ratingagentur Standard & Poor's unter Druck. Der Ausblick für die Bewertung werde von "stabil" auf "negativ" gesenkt, teilte S&P mit. Ein negativer Ausblick ist gleichbedeutend mit der Drohung, die Kreditwürdigkeit eines Landes abzustufen. Dies könnte laut S&P innerhalb der nächsten 24 Monate geschehen.

S&P nahm die Einschätzung außerplanmäßig vor, denn eigentlich sind für die Veröffentlichung von Länderratings nur besondere Termine zulässig. Es sind aber Ausnahmen möglich.

Das russische Rating, das unter anderem eine große Rolle für die Zinskosten eines Landes spielt, beträgt bei S&P "BBB". Das sind zwei Stufen über dem sogenannten Ramschbereich, mit dem Ratingagenturen riskante Anlagen kennzeichnen wollen.

Agentur sieht Handelsüberschüsse in Gefahr

Die Bonitätsprüfer begründeten ihre Entscheidung mit politischen Risiken und der Aussicht auf weitere Wirtschaftssanktionen durch die EU und die USA. Beides könnte die nach Russland fließenden Investitionen verringern und zu einem Abfluss von Kapital ins Ausland führen. Dadurch wiederum könnte die sich bereits verschlechternde wirtschaftliche Leistung Russlands weiter zurückgehen, heißt es in dem Bericht weiter. Er wurde erstellt, bevor Brüssel und Washington eine Verschärfung der bisherigen Strafmaßnahmen gegen Russland  ankündigten.

Die Ratingagentur sieht zudem ein beträchtliches Risiko, dass der Konflikt nicht auf die Krim beschränkt bleibt. Es könne auch in der Ostukraine Gewalt ausbrechen, dann könnten weitere Sanktionen des Westens folgen.

Sowohl für das laufende als auch für das kommende Jahr senkte S&P seine Wachstumsprognosen. Die hohen Handelsüberschüsse Russlands - ein Resultat der umfangreichen Öl- und Gasexporte - könnten bis 2015 gänzlich verschwinden, heißt es in der Mitteilung.

Trüber Aussichten für Moskauer Börse

Angesichts der Sanktionen beurteilen Börsianer die Aussichten für den russischen Aktienmarkt zunehmend pessimistisch. "Die Leute sollten sich um die Wirtschaft Sorgen machen", sagte Bruce Bower, Partner beim Hedgefonds Verno Capital. Er sieht den Moskauer Leitindex RTS, dessen Werte in Dollar notiert sind, zum Jahresende bei 1200 Punkten. Analysten sagen im Schnitt einen Stand von 1300 Zählern voraus. Dies würde ein Minus von rund zehn Prozent im Vergleich zum Schlusskurs von 2013 bedeuten. Vor drei Monaten hatten Experten noch auf einen Stand von 1500 Stellen getippt.

Aktuell notiert der RTS bei etwa 1155 Punkten. Mit einem Minus von 20 Prozent seit Jahresbeginn steuert er auf eines der schlechtesten Auftaktquartale seiner Geschichte zu. 2013 verbuchte der Index ein Minus von 5,5 Prozent. Dem Datenanbieter EPFR Golbal zufolge haben Anleger seit Anfang 2014 rund 2,2 Milliarden Dollar aus Russland-Fonds abgezogen.

IWF verbreitet Zuversicht

Unterdessen kommt der Internationale Währungsfonds (IWF) nach eigenen Angaben bei der Arbeit an einem Hilfsprogramm für die Ukraine sehr gut voran. Es gebe "entscheidende Fortschritte" in der Diskussion mit Kiew über notwendige Reformen, teilte der IWF mit. "Unsere Zusammenarbeit mit den ukrainischen Behörden war bislang exzellent." Es sei allerdings noch mehr Zeit notwendig, um die Gespräche abzuschließen und über konkrete Finanzhilfen entscheiden zu können. Die IWF-Mitarbeiter planten, ihre Arbeit am 25. März abzuschließen.

Die EU will am morgigen Freitag den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine unterzeichnen. Die EU macht damit den Weg frei für Finanzhilfen in Höhe von elf Milliarden Euro. Das Geld fließt allerdings erst dann in die Ukraine, wenn das Land eine Vereinbarung mit dem IWF getroffen hat. Die Europäische Union will zudem die Einfuhrzölle für zahlreiche ukrainische Produkte streichen, wodurch die Hersteller etwa 500 Millionen Euro pro Jahr sparen sollen.

Supermarkt-Kette zieht sich zurück

Derweil hat sich die erste russische Firma wegen der Krim-Krise aus der Ukraine zurückgezogen. Die Lebensmittelkette X5 verkauft seine ukrainischen Läden an den lokalen Wettbewerber Varus, wie das ukrainische Unternehmen am Vortag mitteilte. Analysten zufolge hängt die Transaktion mit den aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine zusammen. Die Ukraine war bislang ein beliebtes Expansionsziel für russische Unternehmen. Das könnte sich nach dem Anschluss der Halbinsel Krim an Russland aber ändern. Zuletzt gab es mehrere Boykott-Aufrufe in der Ukraine gegen russische Produkte. 

Finanzielle Details zur Transaktionen wurden nicht genannt. Nach Angaben der ukrainischen Zeitung "Capital" hat der Deal einen Wert zwischen fünf Milliarden und zehn Millionen Dollar. Der Verkauf der Supermärkte war zwar schon seit Oktober in der Planung, wurde durch die jetzige Krise aber beschleunigt.

X5 ist Russlands zweitgrößter Einzelhändler und gehört zur Alfa-Gruppe des umtriebigen Milliardärs Michail Fridman. Dem jüngsten Geschäftsbericht zufolge hatte X5 zwölf Läden in der Ukraine von insgesamt mehr als 4500, die meisten davon in Russland. Die Firma ist an der Londoner Börse gelistet und war 2005 durch eine Akquisition in der Ukraine aktiv geworden.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen