Euro-Staaten ringen um neue Hilfen S&P senkt Daumen für Athen
09.05.2011, 16:40 UhrWährend Europa um ein zweites Hilfspaket für Griechenland ringt, zementiert die Ratingagentur Standard & Poor's ihre negative Einschätzung der Kreditwürdkeit mit einer weiteren Senkung des Ratings. Ein Schuldenschnitt rückt nach Einschätzung der Bonitätswächter in immer greifbarere Nähe.
Die Ratingagentur Standard & Poor's hat die Kreditwürdigkeit Griechenlands um weitere zwei Noten herabgestuft. Die Bonitätsnote sinkt von bisher "BB-" auf "B". Der Ausblick für die Kreditwürdigkeit bleibt nach Angaben der Agentur auch nach der Herabstufung negativ. Es droht also eine weitere Herabstufung.
Standard & Poor's begründete die Herabstufung mit der gestiegenen Gefahr, dass die staatlichen Gläubiger der Eurozone eine Verlängerung ihrer Laufzeiten akzeptieren könnten. Bei einer solchen Verlängerung könnten sie eine vergleichbare Behandlung von privaten Gläubigern verlangen. Griechenland habe zudem sein Defizitziel für den Staatshaushalt von 9,6 Prozent im vergangenen Jahr verfehlt. Tatsächlich habe das Defizit bei 10,5 Prozent gelegen. Es sei zudem fragwürdig, ob Griechenland sein Ziel für das Jahr 2011 erreichen wird.
Nach S&P erwägen nun auch die beiden anderen großen Ratingagenturen Moody's und Fitch eine Herabstufung ihrer Bonitätseinstufung Griechenlands. Informationen der "Süddeutschen Zeitung" zufolge will Fitch wohl ihre Note von "BB+" auf "B" oder "B-" fallen lassen. Damit hätten griechische Anleihen auf der Skala der Kreditwürdigkeit nur noch unteren Ramschstatus. Die Note B haben derzeit beispielsweise die Ukraine und die Seychellen. Fitch wollte zu dem Bericht keine Stellung nehmen.
Schlechte Nachrichten für den Euro
Der Euro geriet nach der Herabstufung erneut unter Druck und fiel um rund einen halben US-Cent auf 1,4313 US-Dollar. Die Rendite der zehnjährigen griechischen Anleihen stieg auf 15,861 Prozent. Händlern zufolge war der Handel mit den Anleihen jedoch sehr dünn.
"Überraschend ist das eigentlich nicht, aber man hat den Eindruck, dass die Agenturen Griechenland in ein Default-Event reinzwingen wollen", sagt ein Händler. Als Default bezeichnen Anleihegläubiger die Verletzung von Verträgen, etwa durch eine Verlängerung der Laufzeiten oder einen Schuldenschnitt. Die Verkaufswilligkeit sei jedoch wie schon am Vormittag mehr eine Reaktion auf das unkoordiniert wirkende Vorgehen der EU-Politiker vom Wochenende, das Misstrauen schüre und Vorsicht erzwinge. Ansonsten würde der Euro nicht so schwach gehen.
Zinssenkung oder Schuldenerlass
Nach dem Geheimtreffen der großen Euro-Länder läuft die Debatte über ein zweites Hilfspaket für Griechenland auf Hochtouren. Ein Austritt des Schuldensünders aus der Währungsunion zur Lösung der Krise wird von allen Seiten kategorisch ausgeschlossen. Medienberichten zufolge sind aber längere Laufzeiten und niedrigere Zinsen für das 110 Mrd. Euro schwere erste Rettungspaket sowie eine Umschuldung im Gespräch. Für einen weiteren Nachlass bei den Zinsen für Hilfskredite sprach sich CDU-Vize-Fraktionschef Michael Meister aus. Auch Irland kämpft um niedrigere Zinsen für die Hilfen von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF).
Die Griechenland-Krise wird Mitte der Woche Bundeskanzlerin Angela Merkel bei Treffen mit EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso beschäftigen, die allgemein zu europäischen Fragen angesetzt sind. Die großen Euro-Länder Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien hatten sich am Freitagabend in Luxemburg mit Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker, EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und EU-Währungskommissar Olli Rehn getroffen. Auch der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou war zu der geheimen Sitzung eingeladen. Juncker hatte danach dementiert, dass Griechenland einen Austritt aus der Euro-Zone erwäge. Doch sei wohl ein weiteres Anpassungsprogramm notwendig.
Prüfung läuft
Offiziell beraten die Euro-Finanzminister über die Schuldenkrise das nächste Mal am 16. Mai. Eine Entscheidung über mehr Hilfen für Griechenland ist aber noch nicht absehbar, da zunächst die Einschätzung der Experten von EU, Europäischer Zentralbank und IWF über die Lage vor Ort abgewartet werden soll. Die Troika prüft derzeit noch in Athen.
Das Kreditpaket von EU, Euro-Ländern und IWF sowie das damit verbundene Spar- und Reformprogramm reichen offenbar nicht aus, um Griechenland am Kapitalmarkt wieder salonfähig zu machen. Wie die "Welt" aus Verhandlungskreisen berichtete, forderte Griechenland niedrigere Zinsen, zusätzliche Kredite und mehr Zeit zum Abbau des rund zehn Prozent hohen Haushaltsdefizits. Papakonstantinou hatte öffentlich angeregt, der Euro-Rettungsfonds EFSF könne 2012 die geplanten Anleiheemissionen von 25 Mrd. Euro aufkaufen.
Im Gespräch sei, die kürzlich schon auf siebeneinhalb Jahre verlängerte Kreditlaufzeit auf 15 Jahre zu verdoppeln, hieß es im "Handelsblatt" unter Berufung auf die EU-Kommission. Das Bundesfinanzministerium habe das Szenario einer "sanften" Umschuldung entwickelt, bei dem die Anleihegläubiger auf Zinszahlungen verzichten und die Laufzeit ihrer Forderungen strecken, berichtete die Zeitung. Ein Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble dementierte das: "Das Thema Umschuldung steht nicht im Raum, wird nicht diskutiert, ist spekulativ." Auch gebe es keine Diskussion über längere Laufzeiten oder niedrigere Zinsen.
Quelle: ntv.de, nne/AFP/dpa