Wirtschaft

Autozulieferer in turbulenten Zeiten Schuldenkrise behindert Bosch

Wechsel an der Spitze: Franz Fehrenbach (links) übergibt an Volkmar Denner.

Wechsel an der Spitze: Franz Fehrenbach (links) übergibt an Volkmar Denner.

(Foto: dpa)

Bosch beklagt stagnierende Geschäfte in Europa. Deshalb gerät die Umsatzprognose des Zulieferers für 2012 in Gefahr. Mit Volkmar Denner bekommt der Konzern einen neuen Chef. Er will Kunden mit Produkten "begeistern".

Die Schuldenkrise in der Eurozone reißt dem weltgrößten Autozulieferer und Haushaltsgerätehersteller Bosch wegen flauer Nachfrage der Verbraucher Löcher in die Kassen. Die Krise schlage sich bereits im Geschäft nieder, sagte der designierte Bosch-Chef , der als siebter Vorsitzender der Geschäftsführung die Leitung des 126 Jahre alten Stuttgarter Konzerns übernimmt. In Europa stagnierten die Geschäfte mit Ausnahme Deutschlands "mehr oder weniger", vor allem bei konsumnahen Erzeugnissen fehlten die Kaufimpulse.

Hinter die noch im Frühjahr ausgegebene Umsatzprognose setzt Bosch damit ein Fragezeichen. "Wir gingen bisher von einem Wachstum von drei bis fünf Prozent für 2012 aus, sehen aber durchaus in den letzten Wochen zunehmende Wachstumsrisiken", teilte der stark vom Export abhängige Konzern mit einem Jahresumsatz von zuletzt 51,5 Milliarden Euro mit. Der 55-jährige promovierte Physiker Denner kam 1986 ins Unternehmen und folgt dem seit 2003 an der Spitze stehenden Franz Fehrenbach nach. Fehrenbach, der am Sonntag 63 Jahre alt wird, wechselt auf den Chefposten des Aufsichtsrats und wird sich künftig vor allem um die politischen und gesellschaftlichen Kontakte kümmern.

Denner übernimmt den weltgrößten Autozulieferer in turbulenten Zeiten: "Insgesamt wird 2012 kein einfaches Jahr", hatte der scheidende Konzernchef Fehrenbach seinem Nachfolger bereits Ende April mit auf den Weg gegeben. In Europa drohe eine Stagnation, die Maschinenbaukonjunktur schwäche sich ab und die Rohstoffpreise blieben hoch. Denner will die vor Bosch liegende holprige und kurvenreiche Wegstrecke mit "Kontinuität" sowie einem "authentischen und offenen" Führungsstil meistern.

"Lichtgestalt Apple"

Seine Mitarbeiter könne er "zu Höchstleistungen bringen", sagt Denner über sich selbst. Gleichzeitig bekennt der Schwabe: "Diplomat wäre ich sicherlich ein schlechter." Künftig habe er "Verantwortung für 300.000 Mitarbeiter und ihre Familien", ist sich der Vater von drei Söhnen bewusst, der eigentlich Uni-Professor werden wollte. Als Naturwissenschaftler versuche er stets die "Strukturen hinter den Dingen" offenzulegen und bei Bosch entsprechend zu handeln. Fasziniert ist der Freizeit-Radfahrer Denner von dem Technologie- und Lifestyle-Konzern Apple : Das mit iPhone und iPad erfolgreiche US-Unternehmen sei eine "Lichtgestalt", zollt der Manager den Amerikanern Respekt.

In einem in 21 Sprachen an alle Bosch-Beschäftigten weltweit verschickten Brief gab Denner daher auch die Marschroute aus: "Wir wollen Produkte - hierzu zähle ich neben Hardware auch Software und Dienstleistungen - die unsere Kunden begeistern, geschaffen von Menschen mit Leidenschaft und Herz." Die Beschäftigten rief er auf, ihn bei "strategischen Überlegungen" zu unterstützen und mitzuteilen, was sich bei Bosch bewährt habe und was verändert werden solle.

In unruhigem Fahrwasser

Der scheidende Chef Fehrenbach, der den Aufbau der Solartechnik vorangetrieben hat, zog bereits zu Wochenbeginn in einem Mitarbeiter-Brief Bilanz: "75.000 Beschäftigte mehr, 160 zusätzliche Standorte, 33.000 Patentanmeldungen, 30 Zukäufe und eine 40-prozentige Umsatzsteigerung - das sind einige Fakten der vergangenen neun Jahre." Der politisch als gut verdrahtet geltende Ingenieur Fehrenbach erlebte in seiner Amtszeit aber auch die Schattenseiten: Als erster Bosch-Chef nach 1945 musste er wegen der Wirtschaftskrise 2009 rote Zahlen ausweisen.

Sein Nachfolger, der bisherige Forschungschef Denner, hatte bereits im Frühjahr durchblicken lassen, dass er im Internet und bei Software noch zahlreiche lukrative Geschäftschancen für Bosch sieht, etwa bei Telemedizin und Sicherheitstechnik. Ein Spagat für den mit Präzisionsmechanik und Elektronik groß gewordenen Industriekonzern: "Unsere Werke können wir nicht mit Software ausfüllen", sagt Denner.

Der neue Bosch-Kapitän Volkmar Denner muss durch unruhiges Fahrwasser. Seine technikverliebte Crew will er dabei auf einem Wege antreiben, den man von einem Physiker wie ihm nicht unbedingt erwartet hätte.

Quelle: ntv.de, wne/rts

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