Wirtschaft

Griechen einigen sich mit Gläubigern Schuldenschnitt erfreut Berlin

Der "Haircut" rasiert den Großteil der Schulden Griechenlands weg.

Der "Haircut" rasiert den Großteil der Schulden Griechenlands weg.

(Foto: REUTERS)

Durch den geplanten Schuldenschnitt verringern sich die Schulden Griechenland um mehr als 100 Milliarden Euro. Die Einigung mit dem Großteil der privaten Gläubiger ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Athen ein neues milliardenschweres Hilfspaket erhält. Doch vor Griechenland liegt noch ein weiter Weg.

Die große Beteiligung privater Griechenland-Gläubiger an einem freiwilligen Anleihentausch ist in Deutschland parteiübergreifend mit Erleichterung kommentiert worden. "Das ist nach Auffassung der Bundeskanzlerin und der Bundesregierung ein ermutigendes Ergebnis", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Das Resultat der "historisch größten Umschuldung eines Staates" werde dabei helfen, Griechenland zu stabilisieren. Athen müsse jetzt die Chance nutzen, die vereinbarten ehrgeizigen Reformen umzusetzen. Deutschland biete dabei Hilfe an.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wertete den Anleihetausch als "wichtigen Schritt". Der FDP-Politiker forderte Griechenland auf, nun den Reformkurs fortzusetzen, die geplanten Privatisierungen zu verwirklichen, die Verwaltung zu modernisieren und die Märkte zu öffnen. Griechenland habe es "selbst in der Hand, die Voraussetzungen zu schaffen, um wieder auf eigenen Beinen zu stehen".

Das Bundesfinanzministerium sprach von einem "großen Schritt auf dem Pfad der Stabilisierung und Konsolidierung". Griechenland sei mit dem Schuldenschnitt eine "historische Chance" gegeben worden, meinte ein Sprecher. Nun werde die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) prüfen, ob das Ergebnis ausreichend sei, um ein weiteres Hilfspaket in Höhe von 130 Mrd. Euro freizugeben. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sprach von einem wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung des Euro: Es sei eine "gute Nachricht", dass neben staatlichen Hilfen nun auch Privatgläubiger ihren Beitrag leisteten.

"Zeichen der Hoffnung"

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Norbert Barthle, begrüßte den Schuldenschnitt in Griechenland und forderte weitere Reformen gefordert. Der CDU-Politiker nannte die Umschuldung einen "ganz wichtigen Schritt" zur Wiederherstellung der Schuldentragfähigkeit.

Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß erklärte in Berlin, die hohe Bereitschaft privater Gläubiger, sich am griechischen Schuldenschnitt zu beteiligen, sei "ein Zeichen der Hoffnung, dass es mit Griechenland wieder aufwärts gehen kann". Allerdings müsse der Schuldenschnitt in Griechenland ein Einzelfall bleiben. "In anderen Staaten darf es nicht soweit kommen", sagte Poß.

Auch der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick begrüßte den Schuldenschnitt, kritisierte aber, "dass einige kräftig vom Schuldenschnitt profitieren und umgekehrt der Steuerzahler Verluste tragen muss". So wolle etwa die Hypo Real Estate mit 8,2 Mrd. Euro an der Umschuldung teilnehmen, sagte Schick. Da die Bank zu 100 Prozent im Besitz des Steuerzahlers sei, bedeute dies etwa 6 Mrd. Euro Verlust für den deutschen Steuerzahler.

Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos warnte sein Land nach dem erfolgreichen Schuldenschnitt davor, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Der Schuldenschnitt sei ein beeindruckender Erfolg, sagte er im Parlament in Athen. Viele hätten mit einer geringeren Beteiligung gerechnet. Voraussetzung für den Erfolg sei aber, dass die Griechen nun "diese historische Chance nutzen", um das Land wieder auf Kurs zu bringen. "Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes haben wir die Chance, die Schulden des Staates gewaltig zu reduzieren", sagte Venizelos. Wachstum wird es nach seinen Worten jedoch erst 2014 geben.

Wirtschaft schrumpft

Unterdessen setzt die griechische Wirtschaft ihren dramatischen Abwärtstrend fort. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte nach amtlichen Angaben Ende 2011 gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent. Damit beschleunigte sich die Talfahrt sogar etwas deutlicher als zunächst mit sieben Prozent angenommen. Im dritten Quartal belief sich der Rückgang der Wirtschaftsleistung auf fünf Prozent.

Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, forderte ein Wachstumsprogramm für das Land. "Ich begrüße die Einigung zwischen Griechenland und den Investoren auf einen freiwilligen Anleihentausch", sagte der SPD-Politiker. "Die Einigung ist ein großer Schritt, um die griechischen Schulden auf ein tragbares Maß zu bringen und das Vertrauen in die Eurozone wiederherzustellen."

Schulz forderte jedoch weitere Schritte, um dem hochverschuldeten Land und seiner am Boden liegenden Wirtschaft aus der Krise zu helfen. "Griechenland braucht nun eine Wachstumsinitiative", forderte der EU-Parlamentspräsident. "Das würde die Bemühungen zur Verringerung der Schulden stärken und den Menschen Hoffnung geben, die ihre Arbeitsplätze verlieren und in die Armut gestoßen werden."

Außenminister Guido Westerwelle sieht in Griechenland Grund für neue Zuversicht. "Das zeigt, dass Europa in einer schwierigen Phase auch handlungsfähig ist", sagte der FDP-Politiker. "Diese neue Zuversicht ist nicht nur wichtig für die Märkte, sondern vor allem für die Menschen." Deutschland werde es dabei an Solidarität nicht fehlen lassen. Die griechische Bevölkerung verdiene jetzt "Respekt und keine überheblichen Töne".

Westerwelle ergänzte, Griechenland habe jetzt die "Chance für einen echten Neuanfang." Der Weg zurück zu solidem Haushalten und Wachstum werde allerdings "lang und beschwerlich" sein. "Es gibt keinen Grund zur Entwarnung, aber Grund zu Zuversicht", so Westerwelle.

Quelle: ntv.de, AFP/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen