Bankenvertreter reist aus Athen ab Schuldenschnitt wird Hängepartie
21.01.2012, 13:40 Uhr
Nur noch telefonisch zu erreichen: IIF-Verhandlungsführer Charles Dallara.
(Foto: dpa)
Eine Einung Griechenlands mit seinen privaten Gläubigern auf einen Schuldenschnitt droht sich weiter zu verzögern. Damit droht der bisherige Zeitplan Makulatur zu werden, bis zum EU-Finanzgipfel am Montag zu einem Ergebnis zu kommen. War bislang von Fortschritten die Rede, geht Bankenvertreter Dallara nun auf Abstand.
Eine Vereinbarung der griechischen Regierung mit ihren privaten Gläubigern über deren Beteiligung an einem Schuldenerlass wird es nach Angaben aus verhandlungsnahen Kreisen frühestens nächste Woche geben. Der Verhandlungsführer des Internationalen Bankenverbandes IIF, Charles Dallara, habe gemeinsam mit seinem Sonderberater Jeann Lemierre Athen verlassen, hieß es in den Kreisen. Die Gespräche würden am Wochenende telefonisch fortgeführt.
Zuvor hieß es, bei den Gesprächen am Freitagabend seien deutliche Fortschritte erzielt worden. Nun sei die Zeit für entschiedene Schritte gekommen, erklärte der Verband am frühen Morgen und schien damit Zugeständnisse von den offiziellen Gläubigern EU und IWF einzufordern. Ob die neuerliche Verzögerung nun mit mangelnden Fortschritten in diesem Punkt zusammenhängen, kann nur vermutet werden. Konkrete Informationen zu den Gründen der Abreise Dallaras wurden nicht bekannt.
"Die Materie ist kompliziert. Es gab zwar eine Annäherung bei den Zahlen, aber es ist noch einige Arbeit zu tun", sagte ein Informant. Die Griechen wollten eine Einigung unbedingt noch vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am Montag unter Dach und Fach bringen, damit noch genug Zeit für eine rechtzeitige Umsetzung bleibt. Ein mit den Verhandlungen vertrauter Banker hatte jedoch bereits gesagt, erst am Montag werde endgültige Klarheit über die Gültigkeit einer Einigung herrschen. "Die Minister werden sich den Vorschlag ansehen und dann darüber entscheiden. Wenn sie ihn ablehnen, müssen wir zurück an den Verhandlungstisch."
Milliardenpoker
Ein vorläufiger Kompromiss würde bis auf weiteres einen Staatsbankrott des südosteuropäischen Euro-Landes verhindern. Für die privaten Gläubiger dürfte eine Übereinkunft aber mit einem Forderungsverzicht von 65 bis zu 70 Prozent verbunden sein. Im Gegenzug sollen ihnen nach Angaben eines Bankenvertreters Staatsanleihen mit einer 30-jährigen Laufzeit und einer Verzinsung von durchschnittlich vier Prozent angeboten werden.
Die angestrebte Einigung mit den privaten Gläubigern - neben Banken sind das Versicherer und Hedgefonds - ist Teil eines 130 Milliarden Euro umfassenden Entschuldungsplans für Griechenland.
Die Regierung in Athen feilscht bereits seit Monaten mit dem IIF über einen Forderungsverzicht der privaten Gläubiger. Der Schuldenschnitt ist die Voraussetzung dafür, dass das Euro-Land dringend benötigte Mittel aus einem 130 Milliarden Euro schweren Hilfspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) erhalten kann. Ohne das Geld droht dem Land bereits im März ein ungeordneter Bankrott, wenn Staatsanleihen im Volumen von 14,5 Milliarden Euro bedient werden müssen. Im Gegenzug für die Hilfen muss sich das Ägäisland jedoch zu weiteren Reformen verpflichten.
Irland: Schuldenkrise noch verschärft
Der irische Finanzminister Michael Noonan hat die geplante Beteiligung privater Banken, Versicherungen und Investmentfonds am geplanten Schuldenschnitt in Griechenland als kapitalen Fehler bezeichnet. Noonan sagte der "Süddeutschen Zeitung", durch die Entscheidung sei die Euro-Schuldenkrise noch einmal verschärft worden.
"Wenn Sie Geld verleihen, lautet die erste Frage: Kriege ich es zurück?", sagte der Minister. "Vor diesem Hintergrund war es tödlich, eine Debatte über Schuldenschnitte zulasten der privaten Gläubiger anzufangen. Das hat die Märkte verrückt gemacht." Erst wenn klar sei, dass sich die Euro-Staaten ernsthaft um eine Lösung ihrer Schuldenprobleme bemühten, würden sich die Märkte wieder beruhigen.
Spekulationen, auch in Irland könne ein Schuldenschnitt notwendig werden, wies Noonan zurück. "Wir werden unsere Schulden bedienen", sagte er.
Quelle: ntv.de, nne/rts