HSBC-Angestellter untergetaucht Schweizer Kontendaten geklaut
09.12.2009, 10:39 UhrEin Angestellter der HSBC Private Bank in Genf soll Konten von tausenden Kunden geknackt und die Daten den französischen Steuerfahndern übergeben haben. Der "Antoine" genannte Franko-Italiener lebe heute unter falscher Identität an der Côte d'Azur, berichtet die Zeitung "Le Parisien".
Auf der Kontoliste sollen ein Humorist und mehrere Politiker sowie Kolumbianer, chinesische Behörden und Codes stehen, hinter denen Geheimdienste vermutet werden. "Antoine" fürchte nun die Wut mancher Kontoinhaber. "Gewisse Kunden können ein gefährliches Profil haben", sagte ein Ermittler dem Blatt unter Anspielung auf die Mafia.
Der französische Haushaltsminister Eric Woerth hatte im Sommer mit der Erklärung für Furore gesorgt, er besitze eine Liste von 3000 Franzosen, die drei Milliarden Euro auf Nummernkonten in der Schweiz deponiert hätten. Woerth gab den Steuersündern die Chance, bis zum Jahresende ihre Lage zu legalisieren.
Frankreich und die Schweiz im Clinch
Sein Vorstoß führte zu heftiger Verstimmung mit der Schweiz, die vermutete, Paris habe die Kontodaten illegal erlangt. Der Minister erklärte daraufhin, die Daten seien nach Steuerkontrollen in Frankreich von Schweizer Banken freiwillig und ohne Gegenleistungen übermittelt worden. Der "Parisien" zieht diese Aussage nun in Zweifel. Die Daten dürften von "Antoine" kommen. Die HSBC Private Bank habe den Datendiebstahl bestätigt, aber in kleinerem Umfange, schreibt das Blatt.
Der Fall erinnert an Deutschlands Steuerstreit mit Liechtenstein. Ein Archivar der fürstlichen Liechtensteiner Bank LGT hatte dem Bundesnachrichtendienst für 4,5 Millionen Euro Kontodaten verkauft. Dies hatte 2008 zu spektakulären Ermittlungen gegen etwa 700 deutsche Steuersünder geführt. Der LGT-Mitarbeiter wird zwar wegen einer Klage Liechtensteins international gesucht, soll aber unter dem Schutz der deutschen Behörden leben. "Die Geheimdienste haben ihm ein neues Gesicht, neue Papiere und eine neue Zukunft bezahlt", erklärte ein Ermittler dem "Parisien".
Auslieferung verlangt
Der 38-jährige "Antoine" hatte die Bankcomputer dem Bericht zufolge mit einem selbst ersonnenen System ausgespäht. Anfang 2009 sei er nach Frankreich gekommen und habe sofort Kontakt mit den höchsten Steuerbehörden gesucht. Die Schweiz habe seine Auslieferung verlangt. Die französischen Behörden hätten das aber verweigert und den Schweizern nur ein Vernehmungsprotokoll übermittelt. Ihr Informant habe eine neue Identität bekommen und werde geschützt.
"Antoine" machte sich für die Ausbeutung der Kontodaten unverzichtbar, indem er die Kontodaten verschlüsselte. "Er hat Codes erarbeitet, und er kennt als einziger die Schlüssel", sagte ein Ermittler dem Blatt. Von seinem Anwalt Patrick Rizzo wird "Antoine" als Idealist beschrieben. Dem Staatsanwaltschaft soll er erklärt haben: "Der wahre Dieb ist die Bank."
Quelle: ntv.de, dpa