Wirtschaft

Ackermanns Vorbehalte Siemens-Machtkampf spitzt sich zu

Wird Peter Löscher als Siemens-Chef abgelöst?

Wird Peter Löscher als Siemens-Chef abgelöst?

(Foto: picture alliance / dpa)

Peter Löscher findet sich mit seiner Ablösung als Siemens-Chef wohl ab. Dennoch findet Medienberichten zufolge auf Aufsichtsratsebene ein Hauen und Stechen statt. So habe sich Chefkontrolleur Cromme mit seinem Vize Ackermann überworfen.

Siemens
Siemens 241,75

Die geplante Ablösung von Peter Löscher als Siemens-Chef hat nach "Spiegel"-Informationen zu einem tiefen Zerwürfnis zwischen Aufsichtsratschef Gerhard Cromme und seinem Vize, Ex-Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, geführt. Insidern zufolge soll sich insbesondere Ackermann am vergangenen Samstag vehement gegen eine Beschlussempfehlung des Aufsichtsratspräsidiums zur Absetzung von Löscher und einer Bestellung von Finanzchef Joe Kaeser als Nachfolger gestemmt haben. Ein Sprecher Ackermanns sagte indes, der frühere Deutsche-Bank-Chef habe noch nicht entschieden, wie er bei der Abstimmung des Aufsichtsrats über einen neuen Vorstandschef am Mittwoch votieren werde.

Wenn Kaeser im ersten Durchgang die nötige Zweidrittelmehrheit der 20 möglichen Stimmen verfehlen sollte, hätte er im zweiten Durchgang allerdings noch immer beste Chancen. Dann reicht die einfache Mehrheit und die Doppelstimme des Aufsichtsratsvorsitzenden Cromme.

Josef Ackermann schießt quer.

Josef Ackermann schießt quer.

(Foto: picture alliance / dpa)

Laut "Spiegel" kursieren Gerüchte über die angeblich wahren Gründe für Ackermanns Blockadehaltung. Danach soll er selbst Ambitionen auf den Job als Siemens-Oberkontrolleur haben, was er in der Vergangenheit allerdings immer wieder dementierte. Anstelle von Kaeser favorisiere Ackermann unter anderem Ex-Siemens-Chef Klaus Kleinfeld als obersten Siemens-Lenker, wird in Konzernkreisen kolportiert. Der derzeitige Alcoa-Chef hatte allerdings bereits vor Wochen ausrichten lassen, dass er für eine Rückkehr nach Deutschland nicht zu haben sei.

Löscher dem Zorn des Kapitalmarktes preisgegeben

Der Missmut gegen Löscher entzündete sich an der knappen Gewinnwarnung vom vergangenen Donnerstag, mit der Siemens seine Renditeziele für 2014 aufgab. Insidern zufolge hätten sich Löschers Vorstandskollegen gegen seinen Willen durchgesetzt, die Öffentlichkeit zu informieren. Kritisch wird dabei auch die Rolle von Kaeser gesehen. Er soll auf eine weitergehende Erläuterung der Gründe verzichtet und damit Löscher dem Zorn des Kapitalmarkts preisgegeben haben. Wegen zahlreicher Misserfolge wie der verspäteten Lieferung von Zügen an die Bahn oder nach wie vor fehlenden Anschlüssen von Windparks in der Nordsee stand Löscher bereits massiv in der Kritik.

Cromme musste sich zuletzt vorwerfen lassen, er schaue den mitunter glücklos agierenden Siemens-Vorständen nicht immer genau genug auf die Finger. Bei ThyssenKrupp hatte Cromme erst im Frühjahr nach Milliardenverlusten, Kartellverfahren und Personalquerelen das Handtuch als Aufsichtsratschef geworfen. Die nötige Zweidrittel-Mehrheit für Löschers Ablösung steht Kreisen zufolge allerdings nicht infrage, da vor allem die Arbeitnehmer im 20-köpfigen Kontrollgremium geschlossen für einen Neuanfang seien. Berichte, wonach Löscher Cromme bei einem Rauswurf per Kampfabstimmung mitreißen will, dementierte ein Konzernsprecher.

Löscher scheint sein Schicksal anzunehmen: "Es geht mir ausschließlich um das Wohl von Siemens und der 370.000 Siemensianer, die zurecht stolz auf ihr Unternehmen sind", sagte er der "Bild"-Zeitung. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete auf ihrer Website unter Berufung auf Konzernkreise, der Manager wehre sich nicht länger gegen seine Ablösung. Über eine einvernehmliche Trennung werde bereits verhandelt.

Fondsmanager erzürnt, Kanzlerin besorgt

Großaktionäre äußerten sich grantig über das Spektakel in München. "Machtkämpfe verschärfen unnötig die Probleme von Siemens. Gute Corporate Governance sieht anders aus", zürnte Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment. "Die Art der Kommunikation ist mehr als unglücklich." Sein UBS-Kollege Pascal Boeuf wittert eine Intrige. "Es scheint so, als wäre Löscher ins offene Messer gelaufen. Einiges spricht dafür, dass dieser Putsch von langer Hand geplant worden ist", sagte er. "Alle Stakeholder verlieren bei solchen Machtkämpfen. Wenn Herr Cromme auch noch geht, wäre das beunruhigend."

Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich besorgt um den Konzern. "Aus ihrer Sicht ist Siemens ein Flaggschiff der deutschen Wirtschaft, und deshalb ist es ihr wichtig, dass dieses Weltunternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser gerät", richtete der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter aus.

Kenner halten es daher für wahrscheinlich, dass Cromme bis zur Hauptversammlung im kommenden Januar im Amt bleibt und bis dahin seine Nachfolge regelt. Als heißester Kandidat gilt der scheidende Linde-Chef Wolfgang Reitzle, der bereits 2007 als Vorstandschef bei Siemens im Gespräch war. Er führt bereits den Aufsichtsrat von Continental und geht im kommenden Frühjahr bei Linde in Ruhestand.

Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen