Wirtschaft

Kein Hilferuf am Wochenende Spanien wartet noch ab

Spaniens Ministerpräsident Rajoy zögert weiter, einen offiziellen Hilfsantrag für Spanien zu stellen.

Spaniens Ministerpräsident Rajoy zögert weiter, einen offiziellen Hilfsantrag für Spanien zu stellen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Hängepartie um das Hilfspaket für Spanien geht weiter: Laut Diplomaten wollen sich die Iberer mit einem umfassenden Hilfsantrag nun doch Zeit lassen oder womöglich gar keinen stellen. Dabei deuten Medienberichte in eine andere Richtung - und die Märkte rechnen fest mit einem Hilferuf aus Madrid.

Die Euro-Zone geht nicht von einem baldigen Hilferuf aus Madrid aus. "Es hat keine Anfrage Spaniens gegeben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wenn sie kommen sollte, dies nicht unmittelbar bevorsteht", sagte ein hochrangiger Vertreter der Währungsgemeinschaft, der die nächsten Beratungen der Finanzminister am Montag in Luxemburg vorbereitet. Auch habe sich der Zinsdruck für die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone bei den jüngsten Anleiheauktionen entspannt: "Wenn man sich die gegenwärtige Lage an den Märkten anschaut, dann sehe ich keine Notwendigkeit, dass Spanien überhaupt ein Programm beantragt", sagte der Diplomat.

Wie zuvor schon EU-Währungskommissar Olli Rehn lobte der Diplomat zudem das jüngste spanische Haushaltspaket, das aus Sicht der Regierung in Madrid genügend Reformen einleitet, um für eine zweite Hilfsvereinbarung mit den Währungspartnern gerüstet zu sein. Nach seinem ersten Eindruck sehe das Programm sehr gut aus und setze die länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission sehr gut um, sagte der Euro-Vertreter. In bestimmten Punkten gehe es sogar darüber hinaus.

Die Märkte haben sich dennoch fest auf einen Hilfsantrag Spaniens eingestellt. Wann der Hilferuf kommen wird, ist jedoch weiter ungewiss. Vor wenigen Tagen hatten Diplomaten angedeutet, die Regierung in Madrid könne noch am Wochenende einen Hilfsantrag stellen, doch Deutschland würde bremsen. Sowohl die Bundesregierung als auch die spanische Regierung wiesen die Meldung jedoch zurück. Doch auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich auf einen Hilferuf eingestellt. "Es ist nun an Spanien zu entscheiden, ob es Hilfe will. Wir sind jedenfalls vorbereitet, wenn ein solcher Antrag kommen sollte", hatte EZB-Chef Draghi am Donnerstag gesagt. Die EZB will dann im großen Stil Staatsanleihen kaufen, um die Zinslast des Krisenlandes an den Märkten zu drücken.

Rettungsschirm ESM steht ab Montag bereit

Mit dem Rettungsfonds ESM steht ab Montag ein neuer Hilfsmechanismus bereit, der einem taumelnden Land wie Spanien eine ganze Reihe von Möglichkeiten eröffnet, sich unter die Arme greifen zu lassen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts haben inzwischen alle 17 Euro-Staaten den Vertrag über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ratifiziert. Die Finanzminister werden den neuen Rettungsschirm am Montag offiziell aus der Taufe heben - und dazu die Gründungsdokumente unterzeichnen. Der ESM ist nach den Worten von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker global die größte internationale Finanzinstitution und entscheidender Teil der europäischen "Brandmauer" von insgesamt 700 Mrd. Euro gegen die Schuldenkrise. Der Fonds soll Anfang 2014 ein eingezahltes Kapital von 80 Mrd. Euro haben.

Der neue Rettungsschirm sieht unter anderem vorsorgliche Finanzhilfen für Krisenstaaten vor. Damit könnte Spanien ein umfassendes Programm im Stil der Hilfen für Griechenland, Portugal oder Irland vermeiden. Im Gegenzug für ein verabredetes Sparpaket würde der ESM in diesem Fall spanische Schuldenpapiere kaufen und damit die Zinslast des Staates senken. Das Angebot ist für Länder gedacht, deren Finanzlage noch als solide gilt, die aber wegen des Misstrauens gegenüber dem Euro Schwierigkeiten haben, Geld am Kapitalmarkt aufzunehmen.

EZB will kräftig zuschlagen

In einem solchen Fall stünde zudem die EZB bereit, ihrerseits in den Handel mit Staatsanleihen einzugreifen und damit die Zinsen noch weiter zu dämpfen. Die Europäische Zentralbank werde dann kräftig zuschlagen, sagten mit den Plänen vertraute Notenbanker. Der EZB-Rat werde "ein Kauffenster von ein bis zwei Monaten öffnen", erläuterte ein mit den Planungen vertrauter hochrangiger Notenbanker. "Nach dieser Kaufperiode wird die EZB eine Pause einlegen und eine Phase der Überprüfung einlegen. Im Anschluss daran wird entschieden, ob die EZB weiter Anleihen des Landes kauft oder stoppt." Ein zweiter Zentralbanker bestätigte die Informationen. Die EZB wollte sich nicht dazu äußern.

Mittelfristig soll der Rettungsschirm ESM zudem Banken direkt retten können, damit der finanzielle Aufwand dafür nicht mehr die Staatskasse belastet und die Staatsschulden eines Krisenlandes weiter erhöht. Aber auch eine solche Unterstützung für spanische Institute ist nach den Worten des Euro-Zonen-Vertreters noch nicht am Horizont zu erkennen: "Das wird sicherlich noch nichts zu Weihnachten und bestimmt nicht zum 1. Januar", sagte er in Brüssel. Die angeschlagene spanische Sparkasse Bankia solle sich ganz und gar auf den Rettungsfonds ihrer Regierung verlassen "und nicht auf uns", fügte er hinzu.

Quelle: ntv.de, hvg/rts/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen