Schwere Zeiten für Italien Sparpaket sorgt für Tränen
05.12.2011, 14:59 Uhr
Elsa Fornero macht die Rentenreform arg zu schaffen.
(Foto: dpa)
Eine Eskalation der Schuldenkrise in Italien gilt als größte Bedrohung für die Eurozone. Verlangen die Märkte weiter so hohe Zinsen wie zuletzt, käme die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nicht mehr allein über die Runden. Dementsprechend zieht die Regierung Monti die Reißleine. Sie verschärft den Sparkurs. Arbeitsministerin Fornero bricht in Tränen aus.
Italiens neue Regierung wirbt um das Vertrauen von Investoren und grenzt sich vom Sparkurs der Ära Berlusconi ab. Der 30 Milliarden Euro umfassende Sparplan unterscheide sich deutlich von denen der Vorgängerregierung, sagte Ministerpräsident Mario Monti. Sein aus Technokraten gebildetes Kabinett habe zudem größere Handlungsmöglichkeiten als viele andere Regierungen, weil keine Wiederwahl angestrebt werde.
Monti räumte ein, dass der Sparkurs die Rezession verschärfen könnte. und in eine ähnliche Lage geraten wie Griechenland. Monti will die zerrütteten Staatsfinanzen des hoch verschuldeten Landes mit einer Reihe von Steuererhöhungen wieder in den Griff bekommen. Um das Vertrauen der Finanzmärkte zurückzugewinnen, soll zudem das Renten-Eintrittsalter angehoben werden.
Die drastischen Maßnahmen in Höhe von 24 Milliarden Euro waren von dem ehemaligen EU-Kommissar und seinem Technokraten-Kabinett überraschend bereits am Sonntag - anstatt wie geplant am heutigen Montag - per Dekret verabschiedet worden. Monti will mit dem Paket sein Land aus der Schuldenkrise und aus der Schusslinie der Finanzmärkte bringen. Dabei geht es nicht zuletzt darum, Italiens Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Die EU-Kommission lobte das Sparpaket.
Vorgesehen sind in dem Sparpaket unter anderem eine einschneidende Rentenreform, eine Streichung von Steuererleichterungen sowie eine mögliche Mehrwertsteuererhöhung um zwei Prozentpunkte. Das Rentenalter soll angehoben werden - sowohl im öffentlichen Dienst als auch im Privatsektor -, am Inflationsausgleich soll gespart werden. Der öffentliche Dienst soll zudem personell gekürzt und organisatorisch gestrafft werden. Auch eine Immobiliensteuer gehört zu den für Millionen Italiener schmerzhaften Maßnahmen.
Arbeitsministerin weint
EU-Währungskommissar Olli Rehn sprach von einem wichtigen Schritt zur Stützung der öffentlichen Finanzen. "Diese Maßnahmen kommen rechtzeitig und sind ambitioniert", sagte der Finne. Dank des Sparpakets könne Italien im Jahr 2013 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen. "Dies ist erforderlich, um die Glaubwürdigkeit der italienischen Wirtschaft wieder herzustellen und die sehr hohen Schulden unter Kontrolle zu bringen."
Monti selbst schätzte die Maßnahmen als "opferreich" und hart ein. Seine Arbeitsministerin Elsa Fornero brach bei der Präsentation der Rentenreform in Tränen aus. Die sei eine "gute Metapher für das Dekret", ironisierten Medien. Die Gewerkschaften kündigten heftigen Widerstand gegen die Sparpläne an.
Italien hat nach Griechenland den höchsten Schuldenstand der Eurozone - gemessen an der Wirtschaftsleistung. Mit den Sparmaßnahmen will Monti nicht nur - wie schon von Silvio Berlusconi versprochen - den Staatshaushalt bis 2013 ausgleichen, sondern auch das schwache Wirtschaftswachstum ankurbeln, das von Analysten als Achillesferse Italiens eingestuft wird. Um gültig zu bleiben, muss das "Dekret zur Rettung Italiens" innerhalb von 60 Tagen vom Parlament bestätigt werden. Rom will die Maßnahmen noch vor Weihnachten definitiv verabschieden.
Fallende Renditen
Die Sparpläne sorgten weiter für Entspannung am Anleihenmarkt. Die Rendite für italienische Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren rutschten heute um 0,32 Prozentpunkte auf 6,325 Prozent. Zuletzt war der Zinssatz für die zehnjährigen Anleihen zeitweise über die kritische Marke von 7,0 Prozent gestiegen.
Bei Renditen über diesem Wert hatten Griechenland, Irland und Portugal internationale Hilfe beantragt. Aber auch in Spanien und Frankreich, die zuletzt ebenfalls unter Druck standen, fielen die Renditen deutlich.
Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts