Wirtschaft und Politik besorgt Starker Euro bremst Aufschwung
21.10.2009, 17:39 Uhr
EZB-Chef Trichet warnt: zu starke Ausschläge der Wechselkurse schaden der Wirtschaft.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Einst sorgten sich die Deutschen um den "Schwächling" Euro. Das ist lange her, zehn Jahre nach Beginn der europäischen Währungsunion hat sich der Euro als hartes Geld bewährt. Insbesondere in der Finanzkrise zeigt die Währung Stärke: am Mittwoch kletterte der Euro gegenüber dem US-Dollar über die Marke von 1,50 Dollar - so hart war der Euro zuletzt im Sommer 2008 auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gewesen. Doch auch gegenüber anderen wichtigen Währungen wie dem britischen Pfund und dem chinesischen Yuan ist der Euro stark. Nun sorgt sich die Wirtschaft.
Was Verbraucher und Urlauber freut, kommt für die exportorientierten deutschen Firmen ungelegen. Ausgerechnet jetzt, wo die Konjunktur in der Krise steckt und der anziehende Export erste Hoffnungen auf einen Aufschwung nährt, belastet der Euro die Verkäufe ins Ausland, weil er Waren im Dollar-Raum verteuert. "Die Euro-Stärke macht uns gewisse Probleme", sagt der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner. Bislang gebe es aber noch keine großen Schwierigkeiten.
Europa tatenlos
Zwar war der Euro im Juli 2008 schon einmal teurer. Knapp 1,60 Dollar kostete er da, weil der Dollar unter der Finanzkrise - die damals noch auf Amerika begrenzt schien - litt. Doch diesmal ist die Schnelligkeit der Aufwertung immens, seit März hat der Euro zum Dollar um gut 20 Prozent aufgewertet.
Da stellt sich die Frage, ob Europa die ungewünschte Aufwertung politisch verhindern kann. Die Antwort ist ernüchternd. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet und der Chef der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, haben erste Versuche gemacht. Trichet warnte vor "exzessiven Wechselkursschwankungen" - eine Standardformulierung, die die Märkte nicht weiter beeindruckte. "Da nicht anzunehmen ist, dass seinen Worten auch nur irgendwelche Taten folgen, wirken seine Kommentare hilflos", schreiben die Währungsanalysten der Commerzbank.
Hoffen auf Fed
Der Euro hat zum ersten Mal seit 14 Monaten die Schwelle von 1,50 Dollar durchbrochen.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Nur die US-Notenbank Fed kann nach Expertenansicht den Verfall des Dollar stoppen. Denn die Stärke des Euro ist eine Schwäche des Dollar - und die steht für die Schwäche der Supermacht Amerika. Die Schulden explodieren, die expansive Geldpolitik und Finanzspritzen für die Banken schüren die Furcht vor Inflation.
"Das Risiko einer Weichwährung schwebt wie ein Damoklesschwert über Amerika", sagt die Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen- Thüringen (Helaba), Gertrud Traud. Die Angst zeigt sich auch am Goldpreis, der Rekorde von über 1050 Dollar erreicht. "Die Fed muss bald ein Signal geben, dass sie ihre expansive Geldpolitik zurückfährt", sagt Traud. Solange werde der Dollar weiter schwächeln.
Nach wie vor hält die US-Notenbank wegen der Krise die Zinsen auf einem historischen Tief von nahezu null Prozent. Dagegen hat die EZB die Zinsen nur auf ein Prozent gesenkt - die Zinsspanne macht Anlagen in Euro attraktiver und stärkt die Gemeinschaftswährung. "Zudem lasten auch sogenannte Carry-Trades auf dem Dollar", sagt Christian Melzer von der DekaBank. Bei diesen Zinsspekulationsgeschäften verschulden Anleger sich wegen der niedrigen Zinsen in Dollar und legen das Geld in anderen, höher verzinsten Währungen an.
China stellt sich quer
Politisch mischen vor allem die Chinesen mit. Der Euro ist gegenüber dem Yuan zu teuer, weil Peking seine Währung seit der Finanzkrise 2008 wieder an den Dollar gekoppelt hat und eine Aufwertung verhindert. Auf diese Weise bleiben chinesische Produkte im Export nach Europa und Amerika günstig - doch Unternehmen aus Europa werden behindert. Trichet und Juncker reisen deshalb zum Jahresende zu Verhandlungen nach China.
Trotz aller Schwäche wird der Dollar aber in den nächsten Jahren die Leitwährung bleiben - auch wenn die Chinesen dagegen reden. Die Notenbanken legen immer noch zwei Drittel ihrer Währungsreserven in Dollar an. Allerdings gewinnen der Euro und der Yuan als Alternativen an Bedeutung.
Zumindest die heimischen Verbraucher und Urlauber können sich freuen. Das Reisen in die USA ist deutlich preiswerter geworden. Auch wer zuhause bleibt, spart als Konsument Geld, weil der Wechselkurs- Effekt den Anstieg der Ölpreise dämpft, die erstmals seit einem Jahr wieder über 80 Dollar je Barrel liegen. Da Öl und Gas in Dollar abgerechnet wird, gibt der in Euro zahlende Konsument an der Tankstelle und beim Heizöl weniger Geld aus. Die Deutschen haben dann mehr Geld für den Konsum übrig.
Quelle: ntv.de, Marion Trimborn, dpa