Wirtschaft

Brasilien-Träume geplatzt ThyssenKrupp zieht Notbremse

(Foto: dpa)

Nach massiven Verlusten im amerikanischen Stahlgeschäft plant ThyssenKrupp den Befreiungsschlag. Der Konzern erwägt, die mit Milliardenaufwand errichteten Stahlwerke in Brasilien und den USA zu verkaufen.

Thyssenkrupp
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Nach milliardenschweren Verlusten prüft der größte deutsche Stahlkonzern ThyssenKrupp den Verkauf seiner neu errichteten Stahlwerke in Brasilien und den USA. Der Vorstand habe entschieden, für beide Werke strategische Optionen in alle Richtungen zu prüfen, teilte das Unternehmen mit. Dies könne eine Partnerschaft oder auch einen Verkauf umfassen.

Der Aufsichtsrat habe dies bereits zustimmend zur Kenntnis genommen. Einen Zeitplan gibt es nicht. "Wir wollen uns nicht unter Zeitdruck setzen lassen", sagte Konzernchef Heinrich Hiesinger. Er wolle als erstes mit dem Rohstoffkonzern Vale sprechen, der bereits 27 Prozent an dem Werk in Brasilien hält.

Die Anlagen haben sich als Milliardengrab erwiesen. Der Bau und Hochlauf beider Werke hatte nach Angaben des Konzernchefs bislang rund 12 Mrd. Euro verschlungen. Nach bereits erfolgten Abschreibungen in Milliardenhöhe liege der sogenannte Buchwert noch bei rund sieben Milliarden Euro, so Hiesinger.

Bereits im vergangenen Geschäftsjahr hatten hohe Abschreibungen, die vor allem auf die beiden Stahlwerksprojekte vorgenommen werden mussten, zu einem Konzernverlust von 1,8 Mrd. Euro geführt. Schon die Baukosten waren aus dem Ruder gelaufen. Auch in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres verursachte allein das amerikanische Stahlgeschäft einen operativen Verlust von gut einer halben Mrd. Euro.

"Kein Stahl-Problem"

Die Entwicklung der amerikanischen Werke bereite ihm schon länger Kopfzerbrechen, sagte Hiesinger. Auch nach einer möglichen Trennung von den Werken in Brasilien und den USA wolle der Konzern jedoch an seinem europäischen Stahlgeschäft festhalten."Wir haben kein Stahl-Problem. Wir haben ein Steel Americas-Problem", meinte Hiesinger.

Bei der Abarbeitung der technischen Probleme und der Stabilisierung der Produktion komme ThyssenKrupp zwar gut voran. Allerdings hätten sich trotz der operativen Fortschritt die strategischen Rahmenbedingungen komplett geändert im Vergleich zur Planungszeit 2007. Das Konzept sah vor, in Brasilien kostengünstig Stahlblöcke zu produzieren und diese dann nach Alabama zu bringen, um sie dort etwa für den Autobau weiterzuverarbeiten.

Doch die Annahmen hätten sich nicht bewahrheitet, räumte der Konzernchef nun ein. Hintergrund seien unter anderem steigende Lohnkosten in Brasilien, gestiegene Erzpreise und die Aufwertung der brasilianischen Währung gewesen. Zum anderen entwickelt sich die Wirtschaft in den USA deutlich schlechter als erhofft.

In den roten Zahlen

Auch im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2011/12 hatte der Konzern vor allem durch Verluste in seinem amerikanischen Stahlbereich weiter rote Zahlen geschrieben. Unter dem Strich stand ein Verlust von 1,067 Mrd. Euro. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres hatte das Unternehmen noch einen Überschuss von 334 Mio. Euro erwirtschaftet.

Als Belastung für ThyssenKrupp erwies sich dabei auch der noch in diesem Jahr geplante Verkauf der verlustreichen Edelstahlsparte Inoxum an den finnischen Konkurrenten Outokumpu. Dem Geschäft müssen allerdings die Kartellbehörden noch zustimmen.

Für das Gesamtjahr erwartet das Unternehmen nun einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Herausgerechnet ist dabei die vor dem Verkauf stehende Edelstahlsparte. Im Vorjahr hatte das Unternehmen noch ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 1,762 Mrd. Euro erwirtschaftet. Die milliardenschweren Abschreibungen vor allem auf das Stahlgeschäft in Brasilien und den USA hatte das Unternehmen allerdings unterm Strich tief in die roten Zahlen gedrückt.

Quelle: ntv.de, jga/dpa

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