Dobrindt kündigt neue Abgastests an Tüv nahm manipulierte VW-Autos ab
07.11.2015, 16:05 Uhr
Ein TÜV-Sachverständiger der TÜV Nord AG inspiziert einen PKW im Rahmen der Hauptuntersuchung. Der Prüfkonzern Tüv hat nach eigenen Angaben keine Schuld an den frisierten Verbrauchs- und CO2-Werten Hunderttausender Wagen aus dem VW-Konzern.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Rätselraten, wie VW seine CO2-Verbauchswerte jahrelang unentdeckt manipulieren konnte, geht weiter. Tüv Nord und Süd wollen bei den vorgeschriebenen Tests keine Unregelmäßigkeiten festgestellt haben.
Die Aufarbeitung des CO2-Skandals bei Volkswagen bringt weitere Details ans Tageslicht. Wie es heißt, hat der Konzern Autos mit falschen CO2-Abgaswerten unter anderem von Tüv-Prüfstellen abnehmen lassen. Die Unternehmen bestätigten, dass sie Abgasmessungen für VW durchgeführt haben. Hinweise auf Manipulationen habe es allerdings nicht gegeben, heißt es.
Die Abgasmessungen für neue VW-Modelle übernimmt laut Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) regelmäßig der Tüv Nord, für die Konzerntochter Skoda prüft unter anderem der Tüv Süd. Die beiden Konzerntöchter Audi und Seat lassen Abgaswerte im Ausland messen: Audi hat ein Prüfunternehmen in Luxemburg beauftragt, Seat zwei spanische Anbieter, Inta und Indiada.
Bevor neue Automodelle vom KBA für den Straßenverkehr zugelassen werden, müssen verschiedene Gutachten erstellt werden, unter anderem zu den Abgaswerten. Die Messungen werden von sogenannten Technischen Diensten abgenommen, unter anderem vom Tüv - entweder auf den eigenen Prüfständen oder direkt beim Hersteller selbst.
Volkswagen hatte am Vortag eingeräumt, dass die frisierten Angaben bei Spritverbrauch und CO2-Ausstoß bei bis zu 800.000 Autos ihren Ursprung in manipulierten Testabläufen haben. Sie sind demnach nicht bloß am Schreibtisch gefälscht worden. Die falschen Angaben seien entweder über manipulierte Messvorgänge auf dem Prüfstand selbst oder über manipulierte Testwagen zustande gekommen, teilte VW weiter mit.
Laut Handelsblatt-Informationen ist in Nachprüfungen festgestellt worden, dass der CO2-Ausstoß und damit auch der Verbrauch bei einzelnen VW-Modellen um bis zu 18 Prozent von den offiziellen Werten abwichen. Völlig unklar ist, warum die Prüfinstitute diese Abweichung nicht entdeckt haben.
Dobrindt kündigt strengere Tests an
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt will als Konsequenz aus der Affäre um falsche Abgas- und Verbrauchswerte bei Volkswagen nun auch die Fahrzeuge ausländischer Autobauer prüfen. "Die Dieselfahrzeuge anderer Hersteller auch aus dem Ausland unterziehen wir gerade strengen Nachprüfungen", sagte der CSU-Politiker der "Bild". Es würden jetzt flächendeckende Kontrollen durchgeführt.
Dobrindt kündigte für die Zukunft strengere Abgastests an. "Wir entwickeln die Pkw-Abgastests auf EU-Ebene weiter. Neben den Tests auf dem Rollenprüfstand wird es künftig auch Tests auf der Straße geben, die Tests werden also strenger und ähneln stärker dem normalen Fahrverhalten der Autofahrer im Straßenverkehr.
Er habe VW zudem aufgefordert, ein spezielles Kundenberatungszentrum einzurichten, so Dobrindt weiter. Dieses solle die Interessen der betroffenen Kunden gegenüber dem VW-Konzern wahrnehmen.
Autoindustrie: Elektroantriebe vorantreiben
Aus Sicht der Industrie rückt der VW-Skandal Elektroantriebe stärker in den Blickpunkt. "Die modernsten und effizientesten Benziner und Diesel werden noch eine ganze Zeit gebraucht", sagte Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie . "Gleichzeitig kommt es aber darauf an, die Elektromobilität noch entschiedener, auch durch entsprechende Rahmenbedingungen, voranzutreiben."
Die Branche hatte schon vor dem Skandal weitere Impulse gefordert, etwa steuerliche Anreize. Sonst sei das Ziel der Bundesregierung nicht erreichbar, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen.
Dem Vorwurf, zwischen der Branche und Politik bestehe eine zu große Nähe, widersprach der frühere Bundesverkehrsminister. "Die Politik hat uns nie einfach blind etwas abgenommen", sagte Wissmann. Man habe auch nie versucht, sich unlautere Vorteile zu verschaffen.
"Dass aber die Automobilindustrie mit Informationen Gehör findet, bei einer Industrie, von der in Deutschland fast fünf Millionen Menschen abhängen, finde ich eigentlich selbstverständlich." Dass andere Hersteller wegen der Krise nun weniger Autos verkaufen, erwartet Wissmann nicht. Er rief alle Unternehmen auf, die Vorschriften genau einzuhalten. "Denn klar ist: Ein solch schwerwiegender Vorgang kostet Vertrauen, und der darf sich auf keinen Fall wiederholen."
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa