Wirtschaft

Servietten und Post-its gegessen US-Börsenaufsicht deckt Insiderhandel auf

Vieles lässt sich auf Post-its notieren.

Vieles lässt sich auf Post-its notieren.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Ein Aktienhändler und ein Kanzlei-Angestelllter müssen sich in New York wegen Insiderhandels vor Gericht verantworten. Ihre Masche enthält vieles, was einen Spionageroman ausmacht - inklusive Verspeisen von Beweismitteln.

Konspirative Treffen am Bahnhof oder im Café, geheime Botschaften auf Servietten und Post-its, Hinunterschlucken von verräterischen Beweismitteln - all das inmitten von New York. Das klingt nach klassischer Spionage, hat aber einen ganz anderen Hintergrund: Insiderhandel.

Die US-Börsenaufsicht SEC hat drei Männer auffliegen lassen. Dabei handelt es sich um einen Börsenhändler von Morgan Stanley, einen Angestellten einer großen Anwaltskanzlei sowie um einen Freund, der als Mittelsmann fungierte. Sie haben demnach 5,6 Millionen Dollar ergaunert. Vier Jahre lief alles glatt. Doch am Mittwoch wurden der Händler und der Kanzlei-Mitarbeiter vom FBI verhaftet. Der von der SEC als "Mittelsmann" bezeichnete New Yorker fungiert als Kronzeuge. Was war passiert?

Erfolgreicher Aktientipp

Der SEC zufolge begann die Sache im Februar 2009 in einer Bar in New York. Und so hat sich die Sache abgespielt: Zwei der Männer treffen sich dort mit anderen Freunden, im Laufe des Abends dreht sich das Gespräch um Aktien. Einer der beiden klagt dem anderen sein Leid: Er hat Papiere des Rundfunk-Unternehmens Sirius XM im Depot. Und die sind ein wenig erfreuliches Investment. Denn um die Firma ist es nicht sonderlich gut bestellt, sogar eine Pleite ist denkbar.

Doch sein Kumpel Steven Metro gibt Entwarnung. Liberty Media wolle eine halbe Milliarde Dollar in Sirius investieren, versichert er. Das kann Metro auch. Denn er arbeitet in einer Anwaltskanzlei, die auf Übernahmen und Fusionen spezialisiert ist - und er hat Einblick in entsprechende Dokumente.

Für den später als Mittelsmann agierenden Mann sind das hervorragende Nachrichten. Es ist klar, dass die Aktien kräftig steigen, sobald der Deal öffentlich wird. Und so ruft er später seinen Broker Vladimir Eydelman an und beauftragt ihn, weitere Sirius-Papiere zu kaufen. Der Aktienhändler hält das zunächst für keine gute Idee. Doch als sein Auftraggeber die Gründe für seine Zuversicht enthüllt, ist auch er überzeugt.

Treffen in der Bahnhofshalle

Der Handel ist ein voller Erfolg - und legt den Grundstein für eine lukrative Zusammenarbeit der drei Männer. Laut SEC informiert Metro seinen Freund etwa zwölf Mal über bevorstehende Deals. "Wollen wir einen Kaffee trinken?", fragt er Metro dann per SMS. Daraufhin treffen sich die beiden in einem Café oder einer Bar, und Metro zeigt auf seinem Smartphone auf die Börsenkürzel der beteiligten Unternehmen. Er macht auch klar, wer Käufer und Verkäufer ist, wann der Deal wohl über die Bühne geht - und welche Summe auf den Tisch gelegt wird.

Der Mittelsmann notiert die Informationen auf einem Post-it oder einer Papierserviette. Diese zeigt er später Eydelman, den er aus diesem Anlass immer an der Grand-Central-Station in Manhattan trifft. Dann schluckt er das Beweismittel herunter.

Zurück in seinem Büro sammelt Eydelmann Informationen über die Firma zusammen, die gekauft werden sollte und stellt eine Liste von Gründen zusammen, die für einen steigenden Aktienkurs sprechen. Die schickt er dem Mittelsmann per Mail. Dann kaufen beide Papiere des Unternehmens - wobei der Mittelsmann auch für Metro handelt.

Die offizielle Recherchen Eydelmans haben einen guten Grund. Der Börsenaufsicht kommen einige seiner Deals wegen des hervorragenden Timings verdächtig vor, doch der Händler kann stets auf seine Analysen verweisen.

Am Ende fliegt der Betrug allerdings auf. "Immer wieder versuchen Leute Insiderhandel zu verbergen, indem sie Mittelsmänner einsetzen, Beweise vernichten und fingierte Dokumente erstellen", sagt Robert Cohen von der SEC. "Sie sollten begreifen, dass das nicht funktioniert."

Zumindest im aktuellen Fall trifft das zu. Letztlich befragen die Behörden den Mittelsmann - der ja E-Mails mit den Aktientipps von Eydelman bekommen hatte. Dabei willigt er den Angaben zufolge ein, Gespräche mit seinen beiden Freunden aufzuzeichnen. Diese Aufnahmen belasten die beiden schwer. Eydelman ist von Morgan Stanley freigestellt, Metro bereits gefeuert. Die Anklage wird vorbereitet. Nicht nur die Zusammenarbeit der drei Männer, auch ihre Freundschaft dürfte der Vergangenheit angehören.

Quelle: ntv.de

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